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Dermatologie

Psoriasis vulgaris

Stellenwert der Fumarsäureester

Dr. med. Cecilia Dietrich

9.12.2021

Fumarsäureester ist ein klassisches Systemtherapeutikum für die Behandlung von Psoriasis. Für die Therapiewahl ist es u.a. wichtig, die Dosierung, die Vorteile der Therapie und den Stellenwert zu kennen.

Inhaltsverzeichnis:

  1. Systemtherapie bei Psoriasis vulgaris – Eine individuelle Entscheidung
  2. Psoriasis vulgaris – Systemtherapie – was bei der Einleitung zu beachten ist
  3. Systemtherapiemanagement mit Fumarsäureestern – Chancen der Psoriasistherapie
  4. Psoriasis vulgaris – Individuelle Dosierung und Therapie in der Erhaltungsphase

1. Systemtherapie bei Psoriasis vulgaris

Eine individuelle Entscheidung

Psoriasis wird inzwischen als chronisch-entzündliche Multisystemerkrankung wahrgenommen, deren Verlauf durch eine frühzeitige, adäquate therapeutische Intervention langfristig positiv beeinflusst werden kann. Sie ist gekennzeichnet durch eine starke Einschränkung der Lebensqualität und eine hohe Rate an Komorbiditäten, woraus sich ein hoher Versorgungsbedarf bedingt. Der vom Patienten selbst dokumentierte Einfluss der Erkrankung auf die Lebensqualität ist im Laufe der Zeit zunehmend auch in seiner Bedeutung gestiegen. So wird die Therapieentscheidung vermehrt auch individuell den Bedürfnissen des einzelnen Patienten in seiner Lebenssituation, seinem sozialen und beruflichen Kontext angepasst.

PASI, BSA und DLQI sind wichtige Parameter

Entsprechend den Empfehlungen der europäischen und nationalen Leitlinien zur Therapie der Psoriasis vulgaris wird zwischen leichten sowie mittelschweren bis schweren Verläufen unterschieden. Der Schweregrad der Erkrankung wird üblicherweise anhand des Psoriasis Area and ­Severity Index (PASI) oder der betroffenen Gesamtkörperoberfläche, der Body Surface Area  (BSA), berechnet. Es liegt dann die Indi­kation zur Einleitung einer systemischen Therapie vor, wenn ein PASI > 10 / BSA > 10 vorliegen. ­Zusätzlich wird die Lebensqualität des Patienten mittels Dermatology Life Quality Index (DLQI) bestimmt. Dieser erfasst sowohl Einschränkungen, die durch die Erkrankung hervorgerufen werden, als auch solche, die infolge der Behandlung entstehen, und ist von Patient zu Patient mitunter stark unterschiedlich ausgeprägt und häufig vollkommen unabhängig von der objektiv gemessenen Schwere der Erkrankung. In diesem Zusammenhang ist es wichtig, dass selbst bei milden Krankheitsverläufen mit PASI-/BSA-Werten < 10 bei Vorhandensein eines DLQI > 10 mitunter eine Systemtherapie indiziert sein kann.

Systemtherapie einleiten? Individuelle Faktoren berücksichtigen

Die Entscheidung für oder gegen die Einleitung ­einer Systemtherapie sollte vor dem Hintergrund des einzelnen Patienten individuell abgewogen werden. Auch in der Auswahl der Wirkstoffklasse und des Präparates gibt es kein allgemeingültiges Patent­rezept. So müssen patientenbezogene Aspekte wie das Alter und Geschlecht, Komorbiditäten und ­Komedikation, Familienplanung, Krankheitsdynamik und das Vorhandensein einer Psoriasis-Arthritis berücksichtigt werden. Ebenso von Bedeutung sind die individuelle Lebenssituation des Patienten betreffende Aspekte, z. B. Wohnort und Erreichbarkeit der Praxis, sowie Beruf und Notwendigkeit von Auswärtstätigkeiten und (Fern-)Reisen. Letztlich spielt auch das Arzt-­Patienten-Verhältnis und die Compliance des Patienten eine Rolle bei der Wahl der Therapie. Erst in Zusammenschau all dieser Aspekte kann im Dialog mit dem Patienten die für ihn in seiner Lebens­situation optimale Therapie gefunden werden.

Das passende Präparat finden

Als First-Line-Therapien werden üblicherweise ­klas­si­sche Systemtherapeutika wie Fumarsäure­ester und Methotrexat, seltener auch Acitretin und ­Ciclo­sporin, verordnet. Es liegen bei diesen klassischen Systemtherapeutika langjährige Erfahrungswerte vor. Interes­santer­weise kommen Dermatologen verschiedener Länder hier auf­grund vorliegender Regularien und landes­typischer Gewohnheiten zu unterschiedlichen Einschät­­zungen. So sind derzeit die am häufigsten verordneten Systemtherapeutika in Deutschland weiter­hin Fumarsäureester, wohingegen in unseren Nachbarländern Frankreich und Italien Methotrexat als Systemtherapeutikum der ersten ­Wahl gilt. Hier spielen vor allem die über lange Zeit geltenden ­Zulassungsbeschränkungen eine Rolle. Allen Ländern gemein ist: das Gebot zur wirtschaftlichen Verordnung. Dies bedingt eine vorrangige Verordnung von klassischen System­therapeutika gegenüber Bio­­logika. Denn klassische System­therapeutika stellen, trotz der zunehmenden Anzahl an verfügbaren Biosimilars, ­nach wie vor die kostengünstigere Be­handlungs­­methode dar.

Patientenwünsche miteinbeziehen

In Zeiten zunehmender Digitalisierung informieren sich auch die Patienten zunehmend selbstständig in sozialen Medien und im Internet und haben teils konkrete Therapiewünsche. So kann es z. B. Abneigungen gegenüber bestimmten Applikations­formen, z. B. subkutanen Spritzen, geben. Auch kann es aufgrund beruflicher Erfordernisse wichtig sein, ein Präparat zur oralen Gabe oder mit langem Behandlungsintervall zu präferieren. Potenzielle und häu­fige Nebenwirkungen müssen offen angesprochen werden, damit der Patient diese für sich in vollem Bewusstsein entweder vollumfänglich akzeptieren oder ablehnen kann. Sind Patient und Arzt zum Entschluss ge­kommen, eine Systemtherapie ein­zuleiten, muss ­neben den erforderlichen Vorunter­suchungen (z. B. Infektionsserologie, Tuber­kulose-Ausschluss und Röntgen-Thorax) auch über die Komplettierung des Impfschutzes gesprochen werden. Hier gilt es, die sub­stanzspezifischen Empfehlungen der STIKO zu be­achten und Impflücken möglichst vor Beginn der Therapie zu schließen.

Fazit:
In dem gesamten Prozess der Entscheidung und ­Information ist es von entscheidender Bedeutung, dass der Patient die Notwendigkeit einer systemischen Therapie vor dem Hintergrund der be­stehenden systemischen Inflammation versteht. Gerade aufgrund des initial erhöhten zeit­lichen Auf­­wands, z. B. durch zusätzliche Kontrolltermine sowie bei Auftreten von Neben­wirkungen, muss verdeutlicht werden, dass die Therapie neben der Behandlung der Haut auch auf die Therapie der zugrunde liegenden chronischen Entzündungs­reaktion an anderen Organsystemen abzielt. Des Weiteren sollte über die Dauer der Therapiemaßnahmen gesprochen werden. So ist sich eine erschreckend hohe Anzahl von Patienten nicht bewusst, dass die Therapie in aller Regel dauerhaft über Jahre oder Jahrzehnte fortgeführt wird; unab­hängig vom Ansprechen der Hautläsionen. Zusätzliche wichtige Faktoren der Modifizierung des Lebensstils wie Nikotinkarenz und Gewichts­norma­li­sierung als wichtige Bausteine einer langfristigen erfolgreichen Therapie sollten ebenfalls angesprochen werden.

Literatur bei der Autorin

2. Psoriasis vulgaris

Systemtherapie – was bei der Einleitung zu beachten ist

Fumarsäureester spielen bei der Therapie der mittelschweren bis schweren Psoriasis vulgaris in Deutschland nach wie vor eine wichtige Rolle. In Deutschland sind zwei in ihrer Zusammensetzung unterschiedliche Fumarsäureester-Präparate zur Behandlung der Psoriasis vulgaris zugelassen. Fumarsäureester leiten sich von der gleich­namigen Fumarsäure, einer ungesättigten Dicarbonsäure, ab. Beim Menschen kommt Fumarsäure physiologisch vor, unter anderem als Zwischenprodukt des Citratzyklus. Der Wirkmechanismus von Fumaraten ist noch nicht vollständig aufgeklärt. Heute wird davon ausgegangen, dass mehrere Teileffekte an der pharmakologischen Wirkung von Dimethylfumarsäureestern (DMF), der wirkbestimmenden Komponente der ­Fumarsäureester, beteiligt sind. Patienten, die eine Behandlung mit Fumaraten beginnen, müssen über die Modalitäten der Einnahme zu Beginn der Therapie bestmöglich aufgeklärt werden, um beim Auftreten potenzieller Nebenwirkungen nicht vorzeitig die Therapie abzubrechen, sondern bestenfalls weitgehend selbstständig damit umgehen zu können.

Dosierung

Grundsätzlich wird die Therapie entsprechend der Fachinformation graduell, wöchentlich gesteigert. Eine indi­vidualisierte Dosisanpassung ist jedoch gerade zu ­Beginn der Therapie wichtig, um die initial häufigen gastrointestinalen Nebenwirkungen zu lindern. Hier kann auch eine Kombination der beiden Wirkstärken 30 mg und 120 mg sinnvoll sein. Ebenso ist nach dem Erreichen des therapeutischen Effekts ein graduelles Verringern der Dosis möglich. So sind beispielsweise jahres­zeitlich bedingte Dosisanpassungen durch den Patienten selbst nicht unüblich. Das entscheidende Prinzip ist hierbei, dass bei ­Fumarsäureestern keine direkte Dosis-Wirkungs-Beziehung vorliegt. Das heißt, dass bei einigen ­Patienten auch schon mit kleinsten Dosen DMF eine Stabilisierung des Hautbefundes erzielt werden kann. Ein Gewöhnungseffekt ist für die Therapie mit ­Fumaraten ebenso wenig beschrieben wie das Auftreten neutralisierender Anti­körper.

Therapieerfolg und Erwartungshaltung

Ebenso entscheidend wie der Umgang mit der ­Dosierung ist das Erwartungsmanagement in Bezug auf das Einsetzen des therapeutischen Erfolgs über die Zeit. So erwarten viele Patienten eine unmittelbare Verbesserung ihres Hautbefundes oder indirekter Parameter, wie des Juckreizes nach Beginn der Therapie, und beobachten ihren Körper dahingehend sehr genau. Rasch kann es zu Enttäuschung und Frustration kommen, wenn die erwünschten Effekte nicht schnell genug einsetzen. Erste Anzeichen der klinischen Wirkung sind jedoch früh­estens nach ca. sechs Wochen zu erwarten. Bei Patienten, die auf die Therapie gut ansprechen, nimmt die Wirkung im Allgemeinen bis zu 24 Wochen nach Therapieeinleitung weiter zu, sodass ein Urteil über den Erfolg der Therapiemaßnahmen nicht zu früh getroffen werden sollte. Dieser Umstand erklärt, warum Patienten für diese Therapie besonders geeignet sind, wenn sie keinen unmittel­baren Behandlungsdruck haben. Im Zuge der Therapie mit Fumarsäureestern sind ­regelmäßige laborchemische Kontrollen not­wendig, wobei sich die empfohlenen Kontrollintervalle zwischen den beiden Präparaten unterscheiden (Tab.).

Patientenwerte vorab prüfen

Vor Einleitung der Therapie wird eine erste Kontrolle des Blutbildes inklusive Differenzialblutbild, der Leber­werte, der Nierenwerte und ein Urin­status veranlasst. Bei schwerer Leber- und Nieren­insuffi­zienz ­ist die Gabe von Fumarsäureestern kontra­indiziert. Die Untersuchung des Urins zielt darauf ab, eine Proteinurie frühzeitig zu erkennen, und kann bei Patientinnen im gebärfähigen Alter auch zum Schwangerschaftsausschluss genutzt werden. Beim Auftreten von labor­chemischen Normabweichungen sind, je nach Hersteller, unterschiedliche Vorgehensweisen empfohlen: Wiederholung und/oder Verkürzung des Kontrollintervalls bis hin zum Therapieabbruch. Sollten Laboruntersuchungen in der Hautarztpraxis nicht möglich oder organisatorisch nicht wünschenswert sein, kann mitunter auch eine Übermittlung der Laborwerte vom Hausarzt per Fax/E-Mail vereinbart werden. Die gleichzeitige Gabe von Fumarsäureestern mit anderen Arznei­mitteln ist nach derzeitigem Kenntnisstand unproblematisch, da kein Cytochrom-P-abhängiger Abbau vorliegt und dadurch ebensolche Interaktionen ver­hindert werden. Aufgrund der potenziell verstärkten Toxizität bei gleichzeitiger Einnahme von nephrotoxischen Substanzen ist hier Vorsicht angezeigt.

Literatur bei der Autorin

Service: Online-Fortbildung (Mit freundlicher Unterstützung von RG-Ärztefortbildung)

Hier finden Sie viele Informationen rund um das Thema Haut: https://www.medizinische-fortbildungen.info/Online%20Fortbildung/index.php

3. Systemtherapiemanagement mit Fumarsäureestern

Chancen der Psoriasistherapie

Die Dosismodifikation ist ein geeignetes Tool, um Nebenwirkungen, die während der Fumarsäureestertherapie auftreten können, abzufangen bzw. gezielt managen zu können. Empfehlenswert ist eine Dosisanpassung in kleinen Schritten, um die an den Patienten angepasste Dosis ermitteln zu können. Nach wie vor werden im Therapieverlauf der mittelschweren bis schweren Psoriasis vulgaris in Deutschland häufig Fumarsäureester eingesetzt. Gerade in der Einleitungsphase der Therapie, in der schrittweise eine Dosiserhöhung durchgeführt wird, kommt es häufig bei bis zu 75 % aller Patienten zu Nebenwirkungen. Diese können sowohl den Patienten als auch seinen Behandler vor Herausforderungen stellen. Um einen langfristigen Behandlungserfolg erzielen zu können und einen voreiligen Therapieabbruch zu verhindern, ist das Wissen über Handlungsempfehlungen und Möglichkeiten zur Dosismodifikation entscheidend. Das Thema individuelle Verträglichkeit ist am Anfang der Therapie wichtiger, als eine Aufdosierung nach dem bekannten Schema. Dem Behandler steht es frei, zu entscheiden, in welchen Stufen eine Dosissteigerung vorgenommen wird. Auch im Verlauf der Therapie, z. B. bei stabilisiertem Hautbefund, darf die Dosis individuell und nach Bedarf reduziert werden, um nur die minimal notwendige Dosis einsetzen zu müssen.

Nebenwirkungen managen

Eine der häufigsten unerwünschten Wirkungen, die gerade zu Beginn der Therapie gehäuft auftritt, ist der Flush. Es kommt hierbei zu einer vorübergehenden, Minuten bis Stunden andauernden Hautrötung des Gesichts und/oder des gesamten Oberkörpers mit Hitzegefühl. Der Befund wird vom Patienten selbst oft als Allergie fehlgedeutet. Meistens tritt der Flush ca. 4–5 Stunden nach Einnahme der Tabletten auf, sodass die Patienten manchmal selbstständig den Zusammenhang zur Fumarsäureestertherapie nicht herstellen können. Bei gering ausgeprägtem Befund reicht häufig schon die Aufklärung über die Harmlosigkeit dieses zumeist zeitlich begrenzten Phänomens. Hier kann eine zeitweise Anwendung von Camou­flage im Bereich der Gesichtshaut oft ­bereits für Patienten ein akzeptables Nebenwirkungsmanagement darstellen. Aufgrund des zeitlichen Verlaufs kann es hilfreich sein, die Ein­nahme der Tabletten auf die Abendstunden zu verlegen. Dies ermöglicht dem ­Patienten gegebenenfalls über die Symptome hinweg zu schlafen. In einigen Fällen kann es jedoch auch notwendig sein, die eingenommene Dosis ­tem­porär so weit zu reduzieren, dass die Symptome abklingen, um die Therapie dann erneut mit einer langsameren Steigerung, z. B. um 30–60 mg/­Woche, fortzusetzen.
Für die Patienten sehr belastende Nebenwirkungen sind vor allem die im Verlauf der ersten zwei bis drei Monate der Therapie mit Fumarsäureestern häufig auftretenden gastrointestinalen Nebenwirkungen. Diese reichen von mild ausgeprägter Übelkeit oder Oberbauchkrämpfen bis hin zur Diarrhoe. Diese Nebenwirkungen sind ebenfalls häufig am Anfang der Therapie stärker ausgeprägt. Im Verlauf tritt häufig ein Gewöhnungseffekt ein. Auch hier muss die Therapie der individuellen Situation des Patienten angepasst werden. Wichtig ist die Einnahme der Tabletten zu den ­Mahlzeiten, um eine verzögerte Resorption im Darm zu ermöglichen. Auch kann bei milden Symptomen durch die Einnahme der Tabletten in den Abendstunden oft eine Verbesserung der Verträglichkeit erreicht werden. Bei Diarrhoe muss eine Reduktion der Dosis auf die zuletzt tolerierte Dosis erfolgen. Erst bei stabilisiertem Befund ist eine erneute ­Steigerung der Dosis, gegebenenfalls nach modi­fiziertem Schema, empfohlen. ­­Dosis­steigerungen zu Beginn der Therapie sollten ohnehin, im Hinblick auf das Auftreten potenzieller Nebenwirkungen, nicht unmittelbar vor wichtigen Terminen oder Reisen stattfinden.

Wenn Fumarsäureester nicht toleriert werden

Trotz all dieser flankierenden Maßnahmen und ­Möglichkeiten gibt es einzelne Patienten, die eine Therapie mit Fumarsäureestern nicht tolerieren. In diesem Zusammenhang muss auch auf das Auf­treten von Leuko- und Lymphopenien hingewiesen werden. Geringgradige Leuko- und Lymphopenien treten bei bis zu 50 % aller Patienten auf und können zunächst engmaschig beobachtet werden. Sie können sich zurückbilden, können aber auch während der Behandlung wiederholt auftreten oder persistieren. Kommt es zu schwergradigen Leuko- oder Lymphopenien, muss die Therapie mit Fumar­säure­estern abgesetzt werden (Tab.). Anpassungen der Dosis im Sinne einer individualisierten Therapie sind bei diesem Patientenkollektiv kein gangbarer Weg. Ab wann welche Maßnahmen vom Hersteller empfohlen werden, unterscheidet sich zwischen den ­beiden erhältlichen Fumarsäureesterprodukten.

Fazit:

Die individualisierte Therapie spielt jedoch nicht nur zu Beginn der Therapie eine wichtige Rolle, um Nebenwirkungen abfangen zu können. Bei erfolgreicher Therapie und nahezu erscheinungsfreiem oder erscheinungsfreiem Haut­befund wünschen sich viele Patienten häufig ebenfalls, die eingenommene Dosis zu reduzieren. In dieser Situation ist es ebenfalls in Label, möglichst schrittweise eine Dosisreduktion vorzunehmen. Wichtig ist hierbei, das verzögerte Ansprechen der Therapie zu berücksichtigen. So sollte eine zu rasche Dosisreduktion vermieden werden und vielmehr in kleinen Schritten die individuell notwendige Dosis ermittelt werden. Gleiches gilt für Patienten, die z. B. jahreszeitlich bedingt an Schüben der Psoriasis vulgaris leiden. Oft kann in den schubfreien Monaten im Sommer eine Dosisreduktion erfolgen, um dann zum Herbst hin wieder auf die bekannte, individuelle ­Dosis gesteigert zu werden.

Literatur bei der Autorin

4. Psoriasis vulgaris

Individuelle Dosierung und Therapie in der Erhaltungsphase

Die Patientenselektion, die Einleitung und Dosierung sowie der Umgang mit potenziellen Nebenwirkungen von Fumarsäureestern sind wichtige Aspekte bei der Psoriasisbehandlung mit Fumarsäureestern. Dabei ist die Fortführung und Anpassung der Fumarsäureestertherapie im weiteren Verlauf ebenfalls entscheidend. In der Therapie der Fumarsäureester liegt bekanntermaßen keine klassische Dosis-Wirkungs-­Be­ziehung vor. Zum jetzigen Zeitpunkt wird davon ausgegangen, dass mehrere Teileffekte an der pharmakologischen Wirkung von Fumarsäureestern beteiligt sind. Von zentraler Bedeutung dürfte die Wirkung auf dendritische Zellen sein. Experimentelle Studien zeigen, dass die wirksamkeitsbestimmende Komponente Dimethylfumarat (DMF) durch eine Interaktion mit dem intrazellulären Glutathion-System die Produktion proinflammatorischer Zytokine wie Interleukin(IL)-12 und IL-23 in dendritischen Zellen hemmen kann. Diese Interleukine spielen im Zuge des bei der Psoriasis zugrunde liegenden Entzündungsgeschehens eine zentrale Rolle.

Dosierung patientenindividuell ermitteln

Einzelne Patienten zeigen schon bei der Einnahme sehr geringer Dosen über lange Zeiträume hinweg einen stabilen Hautbefund. Die Dosis ist weder abhängig vom Gewicht, Geschlecht noch vom Alter der Patienten und ist für den einzelnen Patienten nicht vorhersagbar. Die individuell notwendige Dosis muss daher zwingend im Zuge der Einleitungs- und Steigerungsphase individuell eruiert werden. Studien [1,2] haben gezeigt, dass im Mittel zwei bis drei Tabletten à 120 mg von den Patienten eingenommen werden, um einen guten Therapieerfolg zu erzielen. Es ist wichtig, dass Patienten diesen Umstand kennen und nicht versuchen, in kurzer Zeit die Einnahme von sechs Tabletten à 120 mg am Tag zu erreichen und dabei Nebenwirkungen verschweigen oder unnötigerweise ertragen.

Zeitliche Komponente berücksichtigen

Es ist zu betonen, dass erste Therapieeffekte frühestens nach sechs Wochen zu erwarten sind. Eine abschließende Beurteilung des Therapie­erfolgs sollte keinesfalls vor 12 Wochen, besser 24 Wochen nach Therapieeinleitung vorgenommen werden. Diese zeitliche Komponente gilt es zwingend bei der Patientenselektion zu berücksichtigen. Für Patienten mit einer raschen Progredienz der Grund­­erkrankung oder stark ausgeprägtem Hautbefund ist die Therapie mit Fumarsäureestern nicht die Therapie der ersten Wahl.

Schrittweise Dosis reduzieren

Die individualisierte Therapie ist sowohl zu Beginn der Therapie notwendig, um Nebenwirkungen abzufangen und die patientenspezifische Dosis zu eruieren. Sie ist aber ebenso im weiteren Verlauf der Behandlung von entscheidender Bedeutung. Hat sich unter der Therapie eine Stabilisierung des Hautbefundes eingestellt, wünschen sich viele Patienten die täglich eingenommene Dosis auf ein notwendiges Minimum zu reduzieren. Gerade bei multimorbiden Patienten, die bereits zahlreiche andere Medikamente einnehmen, spielt die Möglichkeit der Dosisreduktion im Verlauf der Behandlung eine entscheidende Rolle. Viele Psoriasispatienten nehmen ihre Erkrankung als einen mal mehr mal weniger stark ausgeprägten Prozess wahr und sind daran interessiert, die Therapie diesem fluktuierenden Verlauf anzupassen. Bei stabilem Befund kann die Dosis schrittweise reduziert werden. Die Reduktion sollte jedoch langsam ca. alle vier Wochen erfolgen (Tab.).

Bei stabilem Befund trotz reduzierter Dosis kann nach Absprache mit dem behandelnden Arzt die Dosis auch vom Patienten eigenständig um eine weitere Stufe reduziert werden. Treten im Zuge der Dosisreduktion erneut Hautveränderungen auf, sollte die Dosis auf die zuletzt wirksame Gesamtdosis erhöht werden. Insgesamt muss stets das verzögerte Ansprechen der Therapie ­berücksichtigt werden. Das gilt beispielsweise auch für Patienten, die in den Sommermonaten zwar die ­Dosis reduzieren können, aber stets zu Beginn der Herbstmonate an Schüben leiden. Die Latenzzeit bis zum Einsetzen der Wirkung muss hier unbedingt Berücksichtigung finden.

Fazit:

Die klassische Systemtherapie mit Fumar­säure­­estern hat nach wie vor einen hohen Stellenwert in der Therapie der Psoriasis vulgaris in Deutschland. Entscheidend für den therapeutischen Erfolg ist die patientenzentrierte Dosie­rung im Zuge der Einleitungsphase, bei Auf­treten von Nebenwirkungen und auch im weiteren Therapieverlauf. Die gezielte Patientenauswahl ist hierbei entscheidend für den Therapie­erfolg und die Patientenzufriedenheit.

1 Reich K et al., J Dtsch Dermatol Ges 2009; 7: 603–611
2 Termeer C et al., J Dermatolog Treat 2019; 1–7

Mit freundlicher Unterstützung der Almirall Hermal GmbH (Reinbek)

Die Autorin

Dr. med. Cecilia Dietrich
Fachärztin für Dermatologie und Venerologie
Hautarzt Oberland
83703 Gmund am Tegernsee

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