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Dermatologie

Psoriasis vulgaris

Mehr als eine Hauterkrankung

Dr. med. Katharina Antonia Drerup und PD Dr. med. Sascha Gerdes

25.2.2022

In die Aktualisierung der Leitlinie zur Therapie der Psoriasis vulgaris wurden vor allem die neuen System­­­therapeutika aufgenommen – aber auch die Einteilung der Schweregrade sowie die Therapieziel-Empfehlungen wurden überarbeitet. PD Dr. med. Sascha Gerdes und Dr. med. Katharina Drerup geben einen Überblick.

Die Psoriasis vulgaris ist eine chronisch-entzündliche Hauterkrankung, die uns in unserem Alltag täglich in der Praxis oder Klinik begegnet. Weltweit sind über 60 Millionen Menschen von dieser Erkrankung betroffen [1]. Die allgemeine Prävalenz ist je nach Region weltweit sehr unterschiedlich: Während sie im östlichen asiatischen Raum bei ca. 0,1% liegt, beträgt sie im westlichen Europa etwa 1,5%. Am häufigsten betroffen sind Menschen in Ländern mit einem hohen Durchschnittseinkommen. Die Psoriasis kann in jedem Lebensalter auftreten und geht häufig mit einer erheblichen Belastung der Patienten im Alltag einher [1,2].

Die Erkrankung präsentiert sich klinisch heterogen, die am häufigsten vorkommende Form ist die chronische Psoriasis vom Plaque-Typ [3] (Abb. 1).  

Neben einer genetischen Suszeptibilität, also einer „Anfälligkeit“ oder „Empfindlichkeit“ für etwas, tragen weitere Risikofaktoren wie die Adipositas zur Krankheitsentstehung bei. Hinzukommen Umwelt- oder Triggerfaktoren, etwa Infekte, Stress, Nikotinabusus oder Alkoholkonsum, die zu Schüben der Erkrankung führen können [3,4]. Der mit Abstand häufigste Triggerfaktor, der von den Betroffenen angegeben wird, ist Stress [5].

Abbildung 1: Plaque-Typ Psoriasis. Typische scharf begrenzte erythematosquamöse Plaques eines Psoriasis Patienten

Zur Psoriasis-Erkrankung gehört neben der chronischen Entzündung der Haut auch die Entzündung der Gelenke und der Blutgefäße. Es gibt starke Hinweise, dass (vor allem bei mittelschwer bis schwer Betroffenen) diese drei Entzündungskomponenten immer zeitgleich vorhanden sind.

Die seronegative Psoriasis-Arthritis (PsA) ist dabei die am längsten bekannte Manifestation jenseits der Haut. Hierbei handelt es sich um eine chronische Entzündung der Gelenke und gelenknahen Strukturen wie Enthesen und Knochen. Die Symptome treten häufig asymmetrisch auf oder manifestieren sich in Form von Enthesitiden oder Daktylitiden.

Untersuchungen verschiedener Arbeitsgruppen ­haben außerdem gezeigt, dass Patienten mit Schuppenflechte auch eine Gefäßentzündung aufweisen. In einer dieser Studien zeigte sich unter anderem eine hoch­signifikante Korrelation zwischen dem Schweregrad der Schuppenflechte und dem Grad der Gefäßentzündung [6].

Diese entzündeten Gefäße begünstigen wiederum das Auftreten kardiovaskulärer Ereignisse, z. B. Myokardinfarkte oder Schlaganfälle. Risikofaktoren für kardiovaskuläre Erkrankungen wie Nikotinabusus oder Adipositas begünstigen ebenso das Auftreten einer Psoriasis vulgaris und/oder treten als Komorbiditäten dieser auf, was zeigt, dass diese Erkrankungen in unmittelbarem Zusammenhang miteinander stehen – wobei die Vorgänge selbst komplex und noch nicht abschließend geklärt sind.

In weiteren aufwendigen Untersuchungen, u. a. von Kardiologen durchgeführt, konnte sehr eindrucksvoll gezeigt werden, dass eine effektive Therapie der Psoriasis auch zu einer Besserung der koronaren Arteriosklerose führte. Insbesondere einigen Biologika wurde hier ein günstiger Effekt auf die Gefäße zugeschrieben [7-9].

Neben diesen drei Hauptmanifestationen der Psoriasis-Erkrankung weisen die Betroffenen häufig auch andere Begleiterkrankungen wie arterielle Hypertonie, Adipositas, Diabetes mellitus Typ 2, Dyslipidämien und wie bereits beschrieben kardiovaskuläre Erkrankungen auf [10-13]. Diese Vielzahl an Begleiterkrankungen werden unter dem Begriff „Komorbidität der Psoriasis“ zusammengefasst.

Beim Management der Psoriasis-Erkrankung sollten daher zusätzlich zum Dermatologen auch Kollegen weiterer Fachdisziplinen wie der Rheumatologie und der Kardiologie hinzugezogen werden.

Abbildung 2: Upgrade-Krierium. Poriasis Plantasis einer Patientin

Indikationen für eine Systemtherapie

Die Indikation für eine Systemtherapie ist beim Vorliegen einer mittelschweren bis schweren Ausprägung der Schuppenflechte gegeben. Die Leitlinie definiert mittels der gängigen Schweregrad-Scores eine Psoriasis als mittelschwer bis schwer, wenn der PASI (Psoriasis Area and Severity Index) und/oder die betroffene Gesamtkörperoberfläche (BSA; Body Surface Area) mehr als 10 bzw. 10% betragen und der dermatologische Lebensqualitäts-Index (DLQI) größer 10 ist.

Häufig sehen wir Patienten im Klinik- oder Praxisalltag, die einen PASI oder eine BSA von > 10 nicht erreichen, aber dennoch eine starke Beeinträchtigung ihrer Lebensqualität haben, weil sensitive Are­ale der Haut von Psoriasis-Läsionen betroffen sind.

In solchen Fällen sollten die „Upgrade-Kriterien“ nach europäischem Konsensus beachtet werden, die trotz niedrigem PASI und BSA die Klassifikation der Schuppenflechte als mittelschwer bis schwer zulassen, was folglich die Einleitung einer Systemtherapie rechtfertigt. Diese Upgrade-Kriterien sind inzwischen auch Bestandteil der aktuellen Therapieleitlinie der Psoriasis vulgaris. Zu ihnen zählen:

  • Befall sichtbarer Körperregionen, z. B. Gesicht,
  • Psoriasis capillitii,
  • Genitalbefall,
  • Befall der Palmae und/oder Plantae (Abb. 2),
  • Nagelbeteiligung mit Onycholyse oder Onychodystrophie von mehr als zwei Fingernägeln,
  • starker Pruritus, der zum Kratzen führt, und
  • Bestehen von therapieresistenten einzelnen Plaques [14,15].

Aktuelles Therapiemanagement

Für die Behandlung der Psoriasis vulgaris ist seit Februar 2021 die aktuelle Version der deutschen S3-Leitlinie zur Therapie der Psoriasis vulgaris verfügbar. Sie umfasst fast alle derzeit zugelassenen Therapieoptionen und gibt Hilfestellung bei besonderen klinischen Situationen und bei die Therapie beeinflussenden Begleiterkrankungen [14,15].  

Die Systemtherapeutika – inzwischen sind 17 Medikamente (ohne Biosimilars) für die Behandlung der Psoriasis vulgaris zugelassen – sind in ihrer Vielfalt schwer zu überblicken. Für die richtige Auswahl sollten folgende Punkte individuell auf den Patienten bezogen geklärt sein:

  • Wie schwer ist die Psoriasis ausgebildet?
  • Sind besondere Körperlokalisationen von der Psoriasis betroffen?
  • Wie stark ist die Lebensqualität des Patienten durch die Psoriasis beeinträchtigt?
  • Bestehen Komorbiditäten? Wenn ja, welche?
  • Kann es zu Interaktionen mit anderen Medikamenten kommen, die der Patient einnimmt?
  • Ist die Therapie kompatibel mit dem Alltag des Patienten?
  • Bestehen Kontraindikationen gegen bestimmte Substanzen, z. B. aufgrund von Infektionen?

Hilfreich bei der Therapieauswahl ist die Entscheidungsmatrix, die in der aktualisierten Leitlinie zur Behandlung der Psoriasis vulgaris abgebildet ist [14,15].

Unterschieden werden die konventionellen Therapeutika Acitretin, Ciclosporin, Fumarsäureester und Methotrexat von den Biologika und dem kleinmolekularen Phosphodiesterase-Inhibitor Apremilast. Tabelle 1 gibt einen Überblick über die für die Behandlung der Psoriasis vulgaris zugelassenen Biologika und ihre Zielmolekül. Biologika sind in der Therapielandschaft der Psoriasis vulgaris kein Neuland mehr und längst etabliert. Für viele der Substanzen liegen inzwischen Langzeitdaten vor, die neben der hohen Wirksamkeit auch die sehr gute Sicherheit dieser Medikamente bestätigen. Zuletzt wurde im August 2021 der Antikörper Bimekizumab, der sich als erster Antikörper gegen Interleukin(IL)-17A und -17F richtet, für die Behandlung der Psoriasis vulgaris in Deutschland zugelassen [16-19].

Nebenwirkungsmanagement bei IL-17-Blockade

Eine häufige Nebenwirkung der IL-17-Blockade ist eine Anfälligkeit für Pilzinfektionen. Diese Nebenwirkung ist als Klasseneffekt für alle Präparate dieser Biologikaklasse zu sehen. In der Phase-III-Studie zu Bimekizumab fiel auf, dass 11% der Patienten, die Bimekizumab alle vier Wochen erhalten hatten, eine orale Candidose entwickelt hatten. In einer vergleichenden Studie mit Secukinumab fand sich bei fast 20% der mit Bimekizumab behandelten Studienteilnehmer eine orale Candidose, während die mit Secukinumab Behandelten nur in 3% der Fälle davon betroffen waren [16,18]. Die zusätzliche Hemmung von IL-17F scheint also das Risiko für Pilzinfektionen weiter zu erhöhen. Plant man einen Patienten mit einem gegen IL-17 gerichteten Biologikum zu behandeln, sind vor Therapiestart ein Blick in die Mundhöhle und auf die Intertrigines obligat und der Patient sollte über mögliche Symptome einer Candidainfektion aufgeklärt werden. Da in den meisten Fällen die Hefepilzinfektionen leicht verlaufen, ist eine lokale antimykotische Therapie als primäre Intervention häufig ausreichend. Nur in seltenen Fällen kann auch eine systemische Therapie mit antimykotischen Azolen notwendig werden [16,20].

Welches Therapieziel sollte erreicht werden?

Im neuen Leitlinien-Update zur Therapie der Psoriasis vulgaris legten die herausgebenden Experten fest, dass als grundsätzliches Ziel jeder Therapie die Erscheinungsfreiheit gelten sollte. Allerdings können nicht alle Patienten dieses Ziel erreichen. Vorab sollte mit den Betroffenen ein Mindestziel bis zu einem bestimmten Zeitpunkt vereinbart werden. Ist dies nicht der Fall, muss eine Therapieanpassung erfolgen, z. B. durch Dosissteigerung oder Wechsel auf ein anderes Therapeutikum [14,15]. Das minimale Therapieziel nach Beendigung der Induktionstherapie (in der Regel nach 10 bis 16 Wochen Behandlungszeit) sollte das Erreichen einer 75%igen Verbesserung des Schweregrad-Indexes PASI sein (PASI-75-Ansprechen). Alternativ wäre ein Minimalziel auch bei einer Reduktion des PASI um 50% erreicht, wenn gleichzeitig eine gute Lebensqualität erzielt werden konnte. Aufgrund der immer effektiveren Biologika-Therapien wurden zuletzt auch Diskussionen um das Therapieziel einer 90%igen Reduktion des Ausgangs-PASI geführt. Da im Behandlungsalltag die Berechnung des relativen PASI im Vergleich zu einem Ausgangswert häufig nicht praktikabel ist und diese eher im Zusammenhang mit der Bestimmung vorher definierter Studienziele in der klinischen Forschung genutzt wird, ist die Diskussion um eine neue Definition für das Therapieziel entstanden. Hierbei wird aktuell ein absoluter PASI favorisiert, der z. B. bei einem absoluten PASI < 3 liegen könnte, unter Umständen in Kombination mit einem absoluten DLQI-Wert < 2. Ein Nachteil der Anwendung des PASI zur Beurteilung des Therapieeffektes ist und bleibt allerdings die schwierige Berechnung bei einer geringen Ausprägung der Schuppenflechte – und dass mögliche Upgrade-Kriterien nicht aus dem PASI-Wert ablesbar sind.

Besondere Patientengruppen – Kinder sind keine „kleinen Erwachsenen“

Auch wenn Kinder deutlich seltener von einer Psoriasis vulgaris betroffen sind als Erwachsene, stellen sie doch eine bedeutsame Patientengruppe dar – für die ebenfalls effektive Behandlungsstrategien definiert werden müssen.

Risikofaktoren für eine Psoriasis bei Kindern sind neben Adipositas und rezidivierenden Tonsillitiden insbesondere die Exposition gegenüber Tabakrauch vor, während und nach der Schwangerschaft [21,22]. Hierzu wurde eine Studie mit Daten aus dem dänischen Geburtenregister aus dem Jahr 2020 publiziert [22]. Ausgewertet wurden die Daten einer Kohorte mit 25.812 Kindern, deren Mütter in vier pränatalen Interviews sowie bei einem Alter der Kinder von 6 und 18 Monaten zu ihrem Rauchverhalten befragt wurden. Im Alter der Kinder von 7, 11 und 18 Jahren erfolgte eine erneute Befragung von Mutter und  Kind. Das Ergebnis: Ein Fünftel der Mütter gab an, in der Schwangerschaft geraucht zu haben. Im Säuglingsalter waren 13,5% der Kinder gegenüber Tabakrauch exponiert, in der späteren Kindheit waren es 15,3%. Die Risiken der Kinder, an einer Psoriasis zu erkranken, waren sowohl bei pränataler Rauchexposition sowie bei Nikotinexposition im Säuglings- und Kindesalter bis zu einem Faktor von 1,49 erhöht. Bei Nikotinkonsum der Mutter von mehr als 16 Zigaretten pro Tag lag der Faktor noch höher. Auch Nikotinersatzprodukte wie Pflaster hatten keinen günstigen Effekt auf das Erkrankungsrisiko der Kinder [22]. Die Aufgabe des Dermatologen besteht folglich nicht nur darin, die Psoriasis effektiv zu behandeln, sondern auch junge und werdende Mütter dringend zur strikten Nikotinkarenz zu motivieren.

Kinder und Jugendliche mit Psoriasis zeigen zudem ebenfalls eine hohe Assoziation mit arterieller Hypertonie, Adipositas und Diabetes mellitus, wie eine aktuelle Metaanalyse ergab [23]. Dies unterstreicht, dass es umso wichtiger ist, die Psoriasis der jungen Patienten effektiv und konsequent zu behandeln, um das Risiko für kardiovaskuläre Erkrankungen im Erwachsenenalter zu minimieren. Auch bei Kindern ist folglich ein multimodales Therapiekonzept notwendig.

Die Indikation für eine Systemtherapie bei Kindern ist wie bei den erwachsenen Patienten beim Vorliegen einer mittelschweren bis schweren Ausprägung der Psoriasis gegeben. Hier gilt auch die Schweregradeinteilung mittels PASI, BSA und DLQI. Aufgrund der unterschiedlichen Körperproportionen jüngerer Kinder im Vergleich zu Erwachsenen zeigt die Beurteilung mittels PASI allerdings Schwächen. Da jedoch keine eigenen validierten oder etablierten Scores zur Beurteilung des Schweregrades bei Kindern existieren, finden weiterhin die Scores für Erwachsene Berücksichtigung. Zur Ermittlung der Lebensqualitätseinschränkung wird statt des DLQI jedoch der CDLQI (Children‘s Dermatology Life Quality Index) verwendet, der die Bedürfnisse von Kindern besser abbildet.

Auch bei Kindern sollten die bereits erwähnten ­Upgrade-Kriterien nach europäischem Konsensus konsequent angewendet werden, um die Berechtigung für eine Systemtherapie zu schaffen und diese, wenn notwendig, sofort einleiten zu können [24]. Die in der Leitlinie empfohlenen Systemtherapeutika für junge Psoriasis-Patienten unter 18 Jahren sind in Tabelle 2 aufgeführt [24].

Die Autoren: Dr. med. Katharina Antonia Drerup und PD Dr. med. Sascha Gerdes

FAZIT: Komorbiditäten der Psoriasis sind kardiovaskuläre Erkrankungen bedingt durch Gefäßentzündungen, aber auch einige Volkskrankheiten. Hypertonie, Adipositas, Diabetes mellitus Typ 2 und Dyslipidämien gelten gleichzeitig bei Erwachsenen als Risikofaktoren für die Psoriasis; bei Kindern sind es neben Adipositas und rezidivierenden Tonsillitiden vor allem die Exposition gegenüber Tabakrauch. So ist in beiden Altersgruppen eine Systemtherapie bei mittelschwerer bis schwerer Ausprägung der Schuppenflechte angezeigt. Realistisches Behandlungsziel ist (zunächst) ein PASI-75- oder auch ein PASI-50-Ansprechen – sofern sich durch die Therapie eine Verbesserung der Lebensqualität eingestellt hat. Es bleibt abzuwarten, ob als zukünftiges Therapieziel z. B. ein absoluter PASI < 3 mit einem absoluten DLQI-Wert < 2 praxistauglich ist.

Literatur bei den Autoren

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