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Gynäkologie

Ernährung, Phytotherapie & Co

Alternative Therapieformen bei Harnwegsinfektionen

Prof. Dr. med. Ingrid Gerhard

8.7.2022

Unkomplizierte Harnwegsinfekte sind geradezu prädestiniert für einen naturmedizinischen Ansatz. Denn hier gibt es ausreichend Evidenz aus internationalen Studien, die auch in der deutschen S3-Leitlinie entsprechend gewürdigt wird. Dieser Beitrag spannt den Bogen von der Ernährung über Phyto- bis zur Aromatherapie.

Fast jede Frau hat mindestens einmal im Leben eine Harnwegsinfektion (HWI). Bei einer einfachen Entzündung der Harnwege ist man heute davon abgekommen, gleich mit Antibiotika zu behandeln. Da Antibiotika nicht zwischen krankmachenden und schützenden Bakterien unterscheiden, sollten alternative Therapieformen möglichst immer die erste Wahl sein.


Ernährung und Nahrungsergänzungen

Der wichtigste Hinweis an alle Patientinnen mit Verdacht auf Harnwegsinfekt: Viel trinken! Drei Liter Wasser am Tag sollten es mindestens sein, alternativ spezielle Blasentees (Rezepte s. u.) oder Saftschorlen. Schon 50 ml Cranberrysaft am Tag können helfen, zu verhindern, dass sich die Bakterien an der Blasenwand anheften können. Empfehlen Sie den Patientinnen zudem, für eine gute Verdauung zu sorgen, da sonst die Verkeimung erneut auf den Genitalbereich übergehen kann.

Bei akuter und chronischer Entzündung können hochdosiertes Zink, Vitamin C und Vitamin-B-Komplex die Sanierung unterstützen. Methionin senkt den pH-Wert des Urins, was viele Bakterien nicht mögen. Dann sollte immer zusätzlich Vitamin B6, B12 und Folsäure eingenommen werden, z. B. in einem Vitamin-B-Komplex, das viel Zink enthält. Auch eine D-Mannose hat sich sehr bewährt. Sie wird praktisch nicht verstoffwechselt, sondern langsam über den Urin wieder ausgeschieden. Sie bindet Bakterien wie E. coli. Wurde nach einer akuten Blasenentzündung ein halbes Jahr lang mit D-Mannose nachbehandelt, gab es weniger Rückfälle als nach Einnahme eines Antibiotikums oder „wait and watch“.

Lactoferrin und Lysozym sind zwei antibakteriell und antiviral wirksame Substanzen, die weder die Darmflora schädigen noch Resistenzbildung zeigen. Sie sind, wie antioxidativ wirkender Grüntee-Extrakt und Mannose, auch während der Schwangerschaft und in der Stillzeit bei Harnwegsinfekten gefahrlos einsetzbar.

Gerne werden auch Pflanzenextrakte mit hohem Gehalt an oligomeren Proanthocyanidinen (OPC) eingesetzt. Die Tagesdosis von mehr als 36 mg ­Proanthocyane (photometrische Methode) war in Studien wirksam. Hierzu gehören:

  • Preiselbeerextrakte
  • Cranberryextrakte
  • Granatapfelsäfte, z. B. Granatapfelelixier
  • Pinienrindenextrakte


Phytotherapie

Senföle (Glucosinolate) aus Kapuzinerkresse und Meerrettichwurzel hemmen die Vermehrung von Bakterien, Pilzen und Viren, die für Harnwegsinfektionen verantwortlich sind, machen Bakteriengifte unschädlich und regen das Immunsystem an. Studien legen sogar nahe, dass bakterielle Biofilme durch diese Senfölkombination aufgelöst werden können. Bei akuten Infekten mehrtägige Stoßtherapie mit einem anschließenden Ausschleichen der Medikation.

Bärentraubenblätter mit ihrer antibakteriellen Wirkung sind bei akuten unkomplizierten Harnwegsinfekten eine sehr gute Alternative zum Antibiotikum. Pharmakologisch wirksam ist dabei das Glykosid Arbutin. Zur Durchspülung bei entzündlichen Erkrankungen der ableitenden Harnwege eignen sich Extrakte der Echten Goldrute, die gleichzeitig krampflösend und entzündungshemmend ist.


Blasentees und Kräutermixturen

Mit entsprechenden, geeigneten Blasen- und Nieren­tees lassen sich akute Harnwegsinfekte behandeln und auch wiederkehrende Infekte vermindern. Hier gibt es eine Unmenge an Mischungen und fertigen Produkten. Die folgenden Rezepturen haben sich in der Praxis bewährt und können Patientinnen empfohlen werden. Es handelt sich größtenteils um Eigenrezepturen der Eisbär-Apotheke in Karlsruhe (www.eisbaerapotheke.de):


Blasentee 3

50 g Schachtelhalmkraut, 30 g Birkenblätter, 20 g ­Wacholderbeeren. 1 TL der Mischung mit 150 ml ­kochendem Wasser aufgießen, 10 Minuten ziehen lassen. Dosierung: 3 × täglich 1 Tasse nach dem ­­Essen.

Nierenelixier 19

Steinklee, Eibisch, Quecke, Frauenmantel, Schafgarbe, Gänsefingerkraut, Kalmus, Liebstöckel, ­Hauhechel, Süßholz, Galgant in Alkohol 30. Der Wasserhaushalt wird positiv beeinflusst sowie Stoffwechsel- und Ausscheidungsprozesse gefördert, Gifte werden besser abtransportiert und ausgeschieden. Dosierung: 3 × täglich 20–30 Tropfen.

Kräutermixtur 100 Immunpower

Kapuzinerkresse, Taigawurzel und Andrographys. ­Diese ganz spezielle Mischung aus ausgesuchten Kräutern stärken das Immunsystem, ohne es überreagieren zu lassen. Dosierung: 3–5 × täglich 10–15 Tropfen.

Kräutermixtur 102

Birkenblätter, Kapuzinerkresse, Schmalblättriges Weidenröschen, Angelikasamen, Goldrute, Brennnessel, Gänsefingerkraut, dorniger Hauhechel, Liebstöckel, Eukalyptus, Ethanol 30 %. Wirkt antibiotisch und antimykotisch sowie durchspülend. Dosierung: Jeweils 3 × 20–30 Tropfen durchgehend nehmen und alles aufbrauchen.


Homöopathie und Schüßler-Salze

Eine unkomplizierte Blasenentzündung lässt sich auch gut mit einem homöopathischen Komplexmittel behandeln. Cysto-Gastreu S R18 Tropfen enthalten vier Wirkstoffe aus dem Pflanzenreich, alle homöopathisch aufbereitet: Berberis vulgaris D4 (Sauerdorn), Dulcamara D4 (Bittersüßer Nachtschatten), Equisetum hiemale D6 (Winterschachtelhalm) und Eupatorium purpureum D6 (Roter Wasserhanf). In der Kombination lindern sie die Beschwerden beim Wasserlassen wie Brennen, Schmerzen, häufiges Wasserlassen. Darüber hinaus unterstützen die Wirkstoffe den Körper auch dabei, die Entzündung schneller zu überwinden.

Die Tropfen sind einsetzbar bei akuten Infekten der Blase, und auch bei einer Neigung zu wiederkehrenden Infekten. Dosierung: Bei akuten Zuständen alle halbe bis ganze Stunde, höchstens 6 × täglich je 5 Tropfen einnehmen. Bei chronischen Verlaufsformen 1–3 × täglich 5 Tropfen einnehmen. Bei Besserung der Beschwerden ist die Häufigkeit der Anwendung zu reduzieren. In Fällen, wo eine Antibiose indiziert ist, können die Tropfen auch parallel dazu verabreicht werden, um die Blasenschleimhaut zu stärken. Wechselwirkungen sind nicht bekannt.

Ursinol enthält drei Wirkstoffe: Chimaphila um­bellata (doldiges Winterlieb) Dil. D2, Populus tremuloides (amerikanische Zitterpappel) Dil. D2, ­Serenoa repens (Sägepalme) Dil. D 2. Dosierung: Bei akuten Zuständen alle halbe bis ganze Stunde, höchstens 12 × täglich, je 5–10 Tropfen, bei chronischen Verlaufsformen 1–3 × täglich 5–10 Tropfen einnehmen.

Folgende Schüßler-Salze haben sich bei Blasenentzündung bewährt: Bei ersten Anzeichen alle 10 Minuten 1 Tablette Natrium phosphoricum D6 (Nr. 9), möglicherweise im Wechsel mit Ferrum phosphori­cum D12. Nehmen Sie Natrium sulfuricum D6, wenn die Entzündung nach Kälte und Nässe aufgetreten ist, Silicea D12 im Wechsel mit Manganum sulfuricum D6, wenn das Leiden chronisch ist. Bei Nierenbeckenentzündung lindern Ferrum phosphoricum (Nr. 3), Kalium chloratum (Nr. 4), Natrium sulfuricum (Nr. 10) und Lithium chloratum (Nr. 16).


Aromatherapie

Häufig werden rezidivierende Blasenentzündungen durch eine pathologische Vaginalflora getriggert. In solchen Fällen kann die Behandlung der Vagina mit ätherischen Ölen eine wertvolle Hilfe sein. Bei rezidivierenden Infekten im Vaginalbereich sind ätherische Öle im Zusammenhang mit einer ganzheit­lichen Behandlung durchaus eine wertvolle Hilfe.

In Deutschland unterscheidet man die Aromapflege und die Aromamedizin durch ihre Dosierung. Aromapflege befindet sich im Bereich der ätherischen Öle von 1–2 %, die Aromamedizin ist oft höher dosiert und sollte nur mit erfahrenen Therapeuten zusammen praktiziert werden. Dabei ist es sinnvoll, ein Aromatogramm anzulegen und nach diesen Ergebnissen eine individuelle Zubereitung herzustellen. Dazu wird ein Abstrich der Vaginalschleimhaut in ein Labor geschickt und wie beim Antibiogramm wird getestet, welche ätherischen Öle den Keimrasen der Kultur hemmen. Nach der Hemmhofgröße wird die Wirksamkeit auf diesen Keim bestimmt.

Das Aromatogramm ist immer spezifisch für eine Patientin und einen Keim, in der Praxis gibt es aber einen klaren Bezug zwischen der Bakterienspezies und dem hemmenden Öl. Nach den Ergebnissen des Aroma­togramms können individuelle Zubereitungen als ­Vaginalzäpfchen, Einreibung, Sitzbad oder ­Tropfen/Kapseln zum Einnehmen erstellt werden. Bei anaeroben Keimen ist ein Aromatogramm nicht so einfach möglich. Zusatznutzen bringt z. B. Lavendel, der neben einer antibiotischen Wirkung auch beruhigend wirkt und den Juckreiz stillt. Spezialisierte Apotheken wie die Eisbär-Apotheke haben im Laufe der Jahre eine Datenbank aufgebaut, mit deren Hilfe man im Bedarfsfall auch eine Rezeptur ohne Aromatogramm erstellen kann. Solche Apotheken haben häufig ­einige Aromazäpfchen vorrätig. Bei rezidivierenden Infekten ist es sinnvoll, den Partner mit zu behandeln.

Last but not least können Sie Ihren Patientinnen auch noch einmal nahelegen, dass sie Unterleib, unteren Rücken und Füße nicht auskühlen lassen. Lieber mit Wärmflasche auf dem Bauch und dicken Socken warmhalten. Das heißt, nicht barfuß auf kaltem Boden laufen, auf kalten Steinen sitzen, nasses Badezeug anbehalten oder zu kurze T-Shirts tragen. An den Füßen startet der Blasenmeridian.

Literatur bei der Autorin

Bildnachweis: Drypsiak (gettyimages)
Bildnachweis: privat

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