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Dermatologie

Zoophile Dermatomykosen

Schattenseiten der Nutz- und Haustierhaltung

Prof. Dr. med. Peter Mayser

28.8.2022

Zoophile Mykosen durch Dermatophyten zählen zu den häufigeren von Tieren auf den Menschen übertragenen Infektionskrankheiten. Aufgrund spezifischer Anpassung an ihre bevorzugten Wirte sind die Tiere oft nicht selbst erkrankt, sondern asymptomatische Überträger – was die Auf­deckung von Infektionsketten erschwert.

Dermatophyten sind keratinophile Pilze, die von Mensch und Tier stammende keratinhaltige Strukturen (Haare, Nägel, Schuppen) verwerten können. Ausmaß der Entzündung und damit die klinische Präsentation zeigen eine hohe Variabilität, wobei sowohl Wirts- als auch Erregerfaktoren eine Rolle spielen. Während anthropophile Dermatophyten an den Menschen angepasst sind und zumeist nur ­gering entzündliche chronische Infektionen hervor­rufen, steht bei zoophilen Arten –  meist von warmblütigen Tieren isoliert (Tab.) – eher eine starke Entzündung im Vordergrund. Anamnestisch sollten eine Haustierhaltung sowie Berufs-, Sport- und Reise­anamnese mit evtl. Tierkontakten erfasst ­werden. Mensch-zu-Mensch-Übertragungen oder Übertragungen über unbelebte Gegenstände sind jedoch ebenfalls möglich.

Übertragung durch Nutz- und Haustiere

Infektionen durch Microsporum canis, oft nach ­Kontakt zu (streunenden) Katzen auftretend, zeigen häufig randbetont-entzündliche Läsionen im „Schmuse­tierbereich“ (Abb. 1). Auch eine Sonderform der Tinea capitis, die Mikrosporie, kann auftreten.

Unter den Mykosen durch Nutztiere ist als Erreger in Mitteleuropa insbesondere der von Rindern übertragene Dermatophyt Trichophyton (T.) verrucosum bedeutsam. Die Rinderflechte befällt vor allem Menschen in landwirtschaftlichen Betrieben, die mit den erkrankten Tieren in direkten Kontakt kommen, z. B. Landwirte oder Tiermediziner (ggf. Berufskrankheit nach BK 3102). Meist handelt es sich um tiefe, abszedierende Infektionen der Terminalhaare, die oft mit ausgeprägten entzündlichen Veränderungen und intensivem Krankheitsgefühl einhergehen (Abb. 2). Die Diagnostik ist oft dadurch erschwert, dass bei pustulösen Veränderungen zunächst an eine bakteriell bedingte Ostiofollikulitis durch v. a. Staphylococcus aureus gedacht wird. Eine Untersuchung epilierter Haare sichert durch ein positives Nativpräparat zeitnah die klinische Diagnose einer Mykose, während Kultur und ggf. PCR-Diagnostik die Erregeridentifikation und damit eine evtl. Therapieoptimierung ermöglichen. Zuchtigel – wie der ­amerikanische Weißbauchigel – als Ausdruck eines in den vergangenen Jahren erweiterten Haustier­spektrums ­können T. erinacei übertragen. Durch die infizierten Igelstacheln kann der Erreger förmlich in die Haut inokuliert werden – mit oft stark entzündlichem Verlauf (Abb. 3). Der in der Corona-Pandemie beobachtete Trend zum Haustier geht auch mit einer gesteigerten Isolation von zoophilen Dermatophyten einher. Häufig nachgewiesen wurde der vorwiegend von Meerschweinchen stammende Dermatophyt T. benhamiae (v. a. Tinea corporis bei Kindern und Jugendlichen), bemerkenswerterweise gefolgt von T. quinckeanum, dem bisher eher selten nachgewiesenen Erreger des Mäuse­favus. Als Zwischenvektor für die Übertragung auf den Menschen fungieren in Deutschland vermutlich Katzen und Hunde, die mit T. quinckeanum infizierte Mäuse fangen. Möglicherweise spielt auch ein pandemiebedingt verändertes Freizeitverhalten mit vermehrten „heimischen“ ­Outdoor-Kontakten eine Rolle.

Durch die ausgeprägte, klinisch oft eindrucksvolle Entzündungsreaktion können Dermatophyten-­bedingte zoophile Mykosen zwar spontan abheilen, jedoch auch mit überschießenden Immunreaktionen und/oder Defektheilung einhergehen (z. B. Haarverlust durch Zerstörung des Follikels). Zudem sind die damit verbundenen Symptome subjektiv oft sehr ­belastend. Daher bedarf es besonderer Vorgehensweisen, um die starke Immunreaktion bei gleichzei­tiger Erregerbeseitigung zu modifizieren. Ausgedehnte oder tiefreichende, abszedierende Infektionen müssen meist systemisch antimykotisch behandelt werden. Eine gleichzeitige antimykotische Lokaltherapie führt zu einer raschen Verminderung der Pilzlast und kann in Kombination mit einem Glukokortikoid zu einer ­raschen Linderung von Entzündung und Juckreiz beitragen sowie Folgeschäden durch die überschießende Entzündungsreaktion verhindern oder minimieren. Azol-Antimykotika wie das breit wirksame Miconazol decken dabei auch Superinfektionen mit grampositiven Bakterien, inkl. Methicillin- und Fusidinsäure-resistentem S. aureus, ab.

Der Autor

Prof. Dr. med. Peter Mayser
Facharzt für Haut- und Geschlechtskrankheiten

p.mayser@t-online.de

Literatur beim Autor

Bildnachweis: privat

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