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Dermatologie

Mykologie

Meilensteine bei der Diagnostik und Therapie der Onychomykose

Nicole Hein

28.8.2022

Diagnostik und Therapiemöglichkeiten waren bei Onychomykose noch nie so gut wie heute. Prof. Dr. med. Hans-Jürgen Tietz erklärt in einem Interview, warum er die PCR-Diagnostik befürwortet und was mit der Tietz‘schen Methode gemeint ist, die als Expertenmeinung im nächsten Leitlinien-Update erscheinen soll.

In der Mykologie hat sich einiges verändert. Was sind Ihrer Meinung nach die gravierendsten Neuerungen?

Prof. Dr. med. Hans-Jürgen Tietz: Ein Meilenstein ist sicherlich, dass in der Mykologie die PCR-Diagnostik angekommen ist. Ich habe selbst lange gezögert, sie in meiner Praxis einzuführen, denn mein Herz schlug lange für die Pilzkultur. Doch seit geraumer Zeit hat die PCR-Diagnostik einen hohen Standard. Deswegen setze ich sie seit rund drei Jahren ein. Man kann sich das so vorstellen, dass jeder Pilz im Nagel seine DNA hinterlässt. Mithilfe der PCR-Diagnostik lässt sich dieser Erreger nun zweifelsfrei identifizieren. Allerdings ist sie keine Leistung der gesetzlichen Krankenkassen. Bei den Privaten gibt es hingegen keine Probleme mit der Abrechnung. Meiner Erfahrung nach werden sämtliche Kosten erstattet.  

Findet die Auswertung der PCR-Tests direkt in der Praxis statt?

Ja, meistens schon. Denn für die Dermatologen ist es praktisch, wenn Diagnostik und Therapie in einer Hand sind. Deshalb haben wir uns auch entschieden, die notwendigen Geräte für die PCR-Diagnostik zu leasen und in unseren Praxisräumen aufzustellen. Die Herstellerfirma hat uns dabei gut unterstützt und Schritt für Schritt in die Bedienung eingewiesen.

Wie ist die Akzeptanz der PCR-Diagnostik bei den Patienten?

Sie ist hoch. Da hat sicherlich die Corona-Pandemie ihren Teil zu beigetragen. Die Leute mussten sich zwangsläufig mit dem Verfahren beschäftigen. Außerdem kostet eine Onychomykose eine Menge Lebensqualität, weswegen sich die meisten Patienten auch auf für sie unbekannte Methoden einlassen, um den Nagelpilz loszuwerden.

Was versteht man unter der Tietz`schen Methode, die in die Leitlinie aufgenommen werden soll?

Zur Erklärung muss ich ein bisschen ausholen. Der therapeutische Goldstandard ist bekanntlich, dass die Lokalbehandlung Pflicht ist und in schwierigen Fällen die systemische Therapie hinzukommt. Die sich übrigens in den letzten Jahren ebenfalls radikal verändert hat. Für die lokale Behandlung hat sich bewährt, zunächst mit einer Harnstoffsalbe 40 % dicke Nägel abzutragen. Im nächsten Schritt verwenden wir einen wasserlöslichen Lack mit dem Wirkstoff Ciclopirox. Durch die zusätzliche innere Therapie nehmen wir den Erreger schließlich von zwei Seiten in die Zange, bis zur klinischen und mikro­biologischen Heilung. Die Therapie wird erst beendet, wenn der PCR-Test negativ ist. Mit der Tietz‘schen Methode ist konkret gemeint, dass nach einer Aufsättigungsphase, während der drei Tage lang täglich eine Tablette eingenommen wird, nur noch eine Dosis pro Woche folgt. Der Wirkstoff ist aktuell Itraconazol, der in ein Polymer eingebettet ist, weswegen die daraus resultierende Dispersion sehr gut löslich ist. Aufgrund der geringen Dosierung ist die Methode sanft und beispielsweise auch für Kinder geeignet. Stand heute ist, dass sie als Expertenmeinung in die Aktualisierung der Leitlinie für die Onychomykose aufgenommen wird.

Sind Kinder denn häufig von einer Onychomykose betroffen?

Ja, und diese Häufung der Fälle ist neu. Sicherlich trägt dazu bei, dass Kinder heutzutage viele sportliche Hobbys haben, wodurch die Nägel strapaziert werden. Außerdem sind die Zahlen im Windschatten der Corona-Pandemie stark angestiegen. Viele ältere Menschen haben aus Angst, sich dort mit COVID-19 anzustecken, seltener als sonst Ärzte oder Apotheken aufgesucht. So blieben viele Fälle von Onychomykose unbehandelt. Da der Hauptansteckungsort zu Hause ist, hat sich der Erreger in der Familie ausgebreitet. Hinzukommen neue Erreger, auch bei der Onychomykose.

Spielt bei dem Anstieg der ­Fallzahlen das Wiederaufflammen der Erkrankung eine Rolle?

Tatsächlich war das Wiederaufflammen lange Zeit ein Riesenproblem. Denn nach dem Abheilen der Symptome war nicht selten noch Pilzsporen-DNA übrig, die zu einer erneuten Erkrankung geführt hat. Anders sieht es aus, seitdem die PCR-Diagnostik verfügbar ist. Sie schließt das Aufflammen zwar nicht zu 100 % aus, aber nahezu. Vielleicht finde ich deshalb, dass die PCR-Technik ein Meilenstein in der Mykologie ist. Sie müssen wissen, ich bin ein Optimist und gehe davon aus, dass jeder Nagelpilz heilbar ist, weil er eine spezifische Ursache hat. Die Schwierigkeit besteht nur darin, die richtige Diagnose zu stellen.

Wie relevant ist bei der Behandlung, ob es sich um eine Mischinfektion aus einem Pilzerreger und Bakterien handelt?

Eine Mischinfektion lässt sich bekanntlich durch die dunkelblaue bis schwarze Färbung diagnostizieren. Für die Behandlung, so wie sie in unserer Praxis durchgeführt wird, spielt es aber keine Rolle, ob eine Mischinfektion besteht. Die Lokaltherapie ist die Gleiche, da der von uns verwendete Wirkstoff eine omnipotente Wirkung zeigt. Systemisch kommt eventuell ein Antibiotikum hinzu.  

Die Diagnostik ist mit den PCR-Tests bereits sehr fortschrittlich. Was könnte in der Therapie in den nächsten Jahren kommen?

Derzeit wird an einer sporiziden Lasertherapie geforscht. Ich kann mir vorstellen, dass die Behandlung schwerer Fälle in naher Zukunft mit einem Laser durchgeführt wird, der die Pilzsporen effizient und rückstandslos abtötet. Das könnte langfristig ein weiterer Baustein in der Therapie der Onychomykose sein. Eine sporizide Lasertherapie könnte die Einnahme von Medikamenten erübrigen und sich dadurch z. B. für Patienten eignen, die Tabletten nicht zuverlässig einnehmen.

Der Autor

Prof. Dr. med. Hans-Jürgen Tietz
Mycoclinic Berlin
Luisenstraße 50
10117 Berlin

Literatur beim Autor

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