- Anzeige -
Fokus Naturmedizin

Natürliche antifungische Substanzen

Zukünftige Therapieoptionen gegen Mykosen

Dr. rer. nat. Christine Reinecke

12.8.2022

Trichophyton rubrum ist der wichtigste Erreger von Dermatomykosen. Die Behandlung ist zeitaufwendig und die Infektion flammt leicht wieder auf. Forscher in aller Welt suchen daher nach natürlichen Alternativen. Ein Überblick über mögliche Kandidaten und ihre Wirkansätze.

Dermatomykosen werden durch Hefepilze (Candida und Cryptococcus), durch Schimmelpilze (Aspergillus) und Fadenpilze (Trichophyton) verursacht (> Mykosen). Schätzungsweise ein Fünftel bis ein Viertel der Weltbevölkerung ist von oberflächlichen Hautinfektionen betroffen. Diese werden in fast 70 % von Trichophyton (T.) rubrum verursacht, einem kosmopolitischen, anthropophilen Pilz. Die Behandlung ist nicht einfach und erfordert Geduld, sie ist mit Nebenwir­kungen behaftet und es kann zur Entwicklung von Resistenzen kommen.

Den Dermatophyten-Biofilm verhindern

Wenn eine antimykotische Behandlung nicht anschlägt, liegt das häufig daran, dass die Pilze einen Biofilm bilden und dadurch resistent gegenüber den meisten antimikrobiellen Wirkstoffen werden. In einer Studie wurde untersucht, welchen Effekt das Rhamnolipid (RL-SS14), ein vom Bakterium Pseudomonas aeruginosa gebildetes Glykolipid, auf planktonische, im Wasser schwebende Zellen von T. rubrum and T. mentagrophytes ausübt. Auch die Wirkung auf die Biofilm-Produktion und den reifen Biofilm wurde beobachtet. RL-SS14 ist biologisch abbaubar und gilt als natürliches Tensid. In der Studie betrugen die minimalen Hemmkonzen­trationen gegenüber T. rubrum und T. mentagrophytes 0,5 mg/ml bzw. 0,125 mg/ml. Spezielle Färbungen machten deutlich, dass Rhamnolipid die Produktion des Biofilms signifikant hemmte und den vorhandenen Biofilm dosisabhängig zerstörte. Unter dem Mikroskop zeigte sich eine ausgeprägte morphologische Schädigung und eine reduzierte extrazelluläre Matrix. Nach Ansicht der Autoren aus verschiedenen Forschungsinstituten in Guwahati (Indien) deuten die Ergebnisse auf das ausgeprägte Anti-Biofilm-Potenzial von RL-SS14 gegenüber Dermatophyten hin [1].

Zwei zukünftige Wirkstoffe gegen T. rubrum

Die Niederliegende Wolfsmilch, Euphorbia humifusa, kommt ursprünglich aus Asien und hat sich weltweit verbreitet. Euphorbia bildet als Hauptkomponente Ellagsäure, die unter anderem antioxidativ, antibakteriell, antientzündlich und hautschützend wirkt. In vitro weist Ellagsäure einen antifungischen Effekt auf, der sich am deutlichsten gegenüber T. rubrum zeigt. Wie Experimente ergaben, verringerte Ellag­säure den Gehalt an Ergosterol in der Zellmembran, was vermutlich durch Hemmung der Ergosterolsynthese geschieht.  

Shikonin ist ein wichtiger Bestandteil der roten Pigmentextrakte aus den Wurzeln von Lithospermum erythrorhizon, einer Pflanze aus der Traditionellen Chinesischen Medizin. Die Substanz besitzt vielfältige pharmakologische Wirkungen, darunter antioxidative, antiinflammatorische, antimikrobielle und antifungische Eigenschaften. Wie Studiendaten zeigen, ist Shikonin aktiv gegen Candida albicans. Hier scheint die mitochondriale aerobe Atmung mit der Bildung von endogenen reaktiven Sauerstoffspezies eine Rolle zu spielen.

Wie unterschiedliche Dosen von Ellagsäure und Shikonin (64–256 μg/ml Ellagsäure sowie 2–8 μg/ml Shikonin) auf T. rubrum wirken, wurde anhand von Elektronenmikroskopie und Durchflusszytometrie sowie durch Genexpression der wichtigsten Gene der Ergosterolsynthese untersucht. Elektronenmikro­skopisch zeigten sich eine geschrumpfte, deformierte und expandierte Zelloberfläche, eine sichtbare Oberflächenhäutung sowie gebrochene Hyphen und ausfließender Zellinhalt. Die Apoptoserate war dosis­abhängig signifikant erhöht und die Messenger-RNA-Expression von Genen der Ergosterolsynthese nach der Behandlung mit beiden Substanzen herunterreguliert. So beruht der Wirkmechanismus von Ellagsäure und Shikonin möglicherweise auf der Zerstörung der Zellmembran des Pilzes sowie auf der Hemmung der Ergosterol-Biosynthese auf Basis herunterregulierter Gene. Ellag­säure und Shikonin haben damit das Potenzial für einen zukünftigen natürlichen antifungischen Wirkstoff im klinischen Gebrauch, so die Pharmakologen aus China [2].  

Regulation der Chitinsynthase

Für eine phytopharmakologische Herangehensweise gegen T. rubrum fiel das Augenmerk auf Cnidium monnieri. Die Brenndolde, die in der Traditionellen Chinesischen Medizin verwendet wird, besitzt vielfältige pharmakologische Aktivitäten und Anwendungsbereiche. Im Experiment wurde der wässrige Extrakt 24 Stunden lang mit T. rubrum inkubiert. Danach wurde im Zellzahl-Assay ein gehemmtes Pilzwachstum gemessen. Auch im Elektronenmikroskop zeigte sich eine deutliche Schädigung. Das massenspektrometrische Screening vor und nach der Behandlung mit dem Extrakt ergab 966 unterschiedlich exprimierte Proteine, darunter 524 heraufregulierte und 442 herunterregulierte Gene. Das Protein, das bei der höheren Dosierung signifikant herunterreguliert wurde, war die Chitinsynthase. Entsprechend die Schlussfolgerung der Autoren: Der wässrige Extrakt von C. monnieri zerstört das Myzel und hemmt die inneren Strukturen von T. rubrum. Dieser antifungische Effekt könnte auf der heruntergeregelten Expression der Chitinsynthase beruhen. Der Extrakt wäre damit ein potenzieller antifungisch wirksamer Kandidat [3].

Kombination mit Terbinafin

Infektionen mit T. rubrum und T. mentagrophytes werden bevorzugt mit Terbinafin behandelt. Der klinische Einsatz des Wirkstoffs wird jedoch von Nebenwirkungen und Wechselwirkungen erschwert. Auch das Auftauchen resistenter klinischer Isolate ist ein Problem. Eine vielversprechende Strategie in der Behandlung der Dermatophytosen ist die Kombination von Terbinafin mit essenziellen Ölen. Das zeigte sich in einer Studie, in der das Potenzial ­ausgewählter essenzieller Öle aus der Familie der Apiaceae untersucht wurde [4]. Eingesetzt wurden Ajowan, Koriander, Kümmel und Anis, um die antifungische Aktivität von Terbinafin gegen Kollektionsstämme von T. rubrum (ATCC 28188) und T. menta­grophytes (ATCC 9533) zu bestimmen.

Meist wirken solche Kombinationen additiv, wobei die kombinierte Wirkung der Summe der Einzelwirkungen entspricht. Manche Kombinationen wirken jedoch synergistisch. Das bedeutet, dass die kombinierte Wirkung weit größer ist als die Additive alleine. Die Studiendaten belegen hier eine synergistische binäre Assoziation der essenziellen Öle mit Terbinafin gegenüber T. rubrum (Fractional Inhibitory Concentration Index [FICI] von 0,26–0,31). Dabei wirkten die getesteten Konzen­trationen (6,25–25,00 mg/l) nicht toxisch auf menschliche neutrophile Granulozyten. Anisöl erwies sich als potentester Hemmstoff der Interleukin-1β-Ausschüttung (46,49 % Hemmung), während Koriander die größte Hemmung gegen­über Interleukin-8 und TNF-α zeigte (54,15 % bzw. 54,91 %). Nach Meinung des internationalen Forscherteams könnte die Kombination aus Terbinafin mit ausgewählten Ölen der Apiaceae der Startschuss für die Entwicklung neuer topischer Therapien gegenüber Dermatophytosen sein, die von T. rubrum ­verursacht werden [4].

Auch die Formulierung zählt

Dass essenzielle Öle und pflanzliche Extrakte eine effektive antifungische Aktivität besitzen, zeigte die Forschung der vergangenen Jahre (> Naturmedizin). Bei der direkten Verwendung traten jedoch Probleme wie Autoxidation und Epimerisierung auf. Für Pharmazeuten sind daher Polysaccharid-basierte Nanohydrogele die erste Wahl, in die natürliche Pflanzenextrakte und Öle eingebettet sind. Diese Gele schützen die pflanzlichen bioaktiven Komponenten an der Applikationsstelle. Nanohydrogele können auf die infizierten Bereiche aufgetragen und dort aufgrund ihrer Penetrationskraft direkt absorbiert werden. So erreichen sie schnell die Subcutis und reduzieren dort die Pilzinfektion. Eine wichtige Voraussetzung, um schwere Infektionen wirksam zu bekämpfen. Bisher wird mit azolenhaltigen Cremes, Flüssigkeiten oder Sprays behandelt, die jedoch verschiedene Nebenwirkungen an der Applikationsstelle zeigen (Abb.) [5].

Flüchtige essenzielle Öle können sogar die Sporenbildung hemmen, wie in einer Studie gezeigt wurde. 40 µl Öl aus Agathosma betulina, einem südafrikanischen Rautengewächs, wirkte gegen Spezies von T. rubrum. Die mit dem Öl inkubierte Pilzkultur stellte während und nach der 7-tägigen Behandlungs­­periode das Wachstum ein [6]. Auch Orangenöl besitzt durch seinen hohen Gehalt an Limolen, ­Myrcen, Linalool und Citral ein breites antifungisches Spektrum.­ Das essenzielle Öl ist wirksam gegen Candida albicans, C. krusei, C. tropical, Aspergillus (A.) niger, A. fumi­gatus und Penicillium chrysogenum [7]. Eukalyptus­öl schließlich wirkt dank seiner aktiven Monoterpene antibakteriell und antifungisch. Die Monoterpene erwiesen sich besonders aktiv gegen Dermato­phyten wie Microsporum canis und Microsporum gypseum [8].

Von allen Hautinfektionen verlaufen durch Dermatophyten verursachte besonders schwer, denn die Hyphen erreichen die dritte Hautschicht. Die Behandlung mit topischen Antimykotika ist mit Rötung, Ausschlag oder Juckreiz verbunden, zudem dringt der Wirkstoff nicht tief genug ein. Phytopharmaka könnten möglicherweise in Zukunft die Lücke schließen: Essenzielle Öle der Doldenblütler wirken in vitro synergistisch mit Terbinafin. Einzelne essenzielle Öle zeigen in der Petrischale ein breites antifungisches Spektrum. Und spezielle Pflanzen­extrakte hemmen die Bildung pilztypischer Zellwandbestandteile. Ein weiterer Angriffspunkt könnte der Dermatophyten-Biofilm sein, der die Wirkung von Antimykotika stark abschwächt.

Die Autorin

Dr. rer. nat. Christine Reinecke
70378 Stuttgart

dres.reinecke@t-online.de
www.hello-biology.com

Dr. Christine Reinecke ist promovierte Diplom-Biologin und ­seit über 25 Jahren freiberufliche Autorin zahlreicher Publikationen der Naturheilkunde, Medizin und Pharmazie

  1. Sen S et al., Rhamnolipid exhibits anti-biofilm activity against the dermatophytic fungi Trichophyton rubrum and Trichophyton mentagrophytes. Biotechnol Rep (Amst) 2020; 27: e00516, DOI 10.1016/j.btre.2020.e00516
  2. Li Z-J et al., Ellagic acid inhibits Trichophyton rubrum growth via affecting ergosterol biosynthesis and apoptotic induction. Evid Based Complement Alternat Med 2020; 2020: 7305818, DOI 10.1155/2020/7305818
  3. Yanyun C et al., Preliminary study on antifungal mechanism of aqueous extract of Cnidium monnieri against Trichophyton rubrum. Front Microbiol 2021; 12: 707174, DOI 10.3389/fmicb.2021.707174
  4. Trifan A et al., Apiaceae essential oils: Boosters of terbinafine activity against dermatophytes and potent anti-inflammatory effectors. Plants (Basel) 2021; 10: 2378, DOI 10.3390/plants10112378
  5. Kaur N et al., A review on antifungal efficiency of plant extracts entrenched polysaccharide-based nanohydrogels. Nutrients 2021; 13: 2055, DOI 10.3390/nu13062055
  6. Fajinmi OO et al., Antifungal activity of the volatiles of Agathosma betulina and Coleonema album commercial essential oil and their effect on the morphology of fungal strains Trichophyton rubrum and T. mentagrophytes. S Afr J Bot 2019; 122: 492–497, DOI 10.1016/j.sajb.2018.03.003
  7. Hussein A et al., Novel biocompatible essential oil-based lipid nanocapsules with antifungal properties. J Drug Deliv Sci Technol 2020; 56: 101605, DOI 10.1016/j.jddst.2020.101605
  8. Elaissi A et al., Chemical composition of 8 eucalyptus species‘ essential oils and the evaluation of their antibacterial, antifungal and antiviral activities.
    BMC Complement Altern Med 2012; 12: 1–5, DOI 10.1186/1472-6882-12-81

Bildnachweis: Drypsiak (gettyimages)
Bildnachweis: privat

Lesen Sie mehr und loggen Sie sich jetzt mit Ihrem DocCheck-Daten ein.
Der weitere Inhalt ist Fachkreisen vorbehalten. Bitte authentifizieren Sie sich mittels DocCheck.
- Anzeige -

Das könnte Sie auch interessieren

123-nicht-eingeloggt