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Kasuistik

Systemische Langzeittherapie mit Dimethylfumarat

Psoriasis vom chronisch-stationären Plaquetyp

Dr. med. Viktor A. Czaika

6.6.2025

Die Psoriasis vulgaris betrifft nicht nur Haut, Nägel und Gelenke: Es handelt sich um eine chronisch-entzündliche Systemerkrankung, die unbehandelt einer Vielzahl relevanter internistischer und neurologisch-psychiatrischer Komorbiditäten Vorschub leistet. Es empfiehlt sich der frühzeitige Einsatz einer Systemtherapie.

Die manifeste Psoriasis beeinflusst alle Bereiche der Lebensqualität der Betroffenen mit negativen Auswirkungen auf das physische, psychische, ­soziale und das sexuelle Wohlbefinden. Sie stellt also mehr als eine reine Hautkrankheit dar und eine ärztlich-interdisziplinäre Zusammenarbeit ist daher wichtig [1]. Im Folgenden sollen Handlungsempfehlungen für die Erstdiagnose, Diagnostik und ­Therapieeinleitung für die Schuppenflechte in der Hausarzt­praxis dargestellt werden, mit besonderem Augenmerk auf das Potenzial der frühen Systemtherapie mit ­Dimethylfumarat (DMF).

Rezidivierende Erkrankung

Der 70-jährige pensionierte Landwirt aus dem ­Berliner Umland leidet seit seinem 44. Lebensjahr an einer immer wieder rezidivierenden Psoriasis ­vulgaris. Anfänglich war er in regelmäßigen Abständen in der wohnortnahen Hautklinik des regionalen Krankenhauses in Behandlung, bis diese in den ­späten 90er-Jahren geschlossen wurde. Die lokalen Behandlungen mit Dithranol und Bade-PUVA ­(Behandlung mit einem Lichtsensibilisator [8-Methoxypsoralen] und nachfolgender Bestrahlung mit langwelligem ultravioletten Licht [UVA]) hatten zu vorübergehenden Besserungen geführt, aber immer wiederkehrende Rezidive nicht verhindert. Fortan wurde überwiegend mit kortisonhaltigen Externa behandelt. Ein früherer Therapieversuch mit Methotrexat musste wegen Unverträglichkeit abgebrochen werden. Schließlich hatte der Patient gewissermaßen resigniert und die Hauterkrankung „eben hingenommen“.

Nun stellt er sich mit ausgeprägten Hautveränderungen vor. Eine nutritiv-toxische milde Hepatopathie, eine chronische Niereninsuffizienz Stadium I–II sowie ein Metformin-geführter Diabetes mellitus sind ­vorbekannt.

Hautbefund

In den typischen Prädilektionsstellen von Extremitäten und Rumpf finden sich großflächig konfluierende erythrosquamöse Plaques. Insbesondere die Ellenbögen und Unterarme sowie die Periumbilikalregion sind betroffen. Hände und Nägel sind unauffällig, Gelenkschmerzen werden verneint (Abb. 1).

Labordiagnostik

Moderate Auslenkung von Alanin-Aminotransferase (ALAT), Aspartat-Aminotransferase (ASAT) und Gamma-Glutamyltransferase (GGT). Die Glomeruläre Filtrationsrate (GFR) ist auf 50 reduziert. Der HbA1C-Wert liegt bei 7,5 % und das übrige Routinelabor zeigt unauffällige Werte.

Sonografie des Abdomens

Die Sonografie ergibt eine Steatosis hepatis bei grenzwertig vergrößerter Leber. Außerdem zeigt sich Nephrolithiasis. Ansonsten ergibt sich ein unauffälliger Befund der Oberbauchorgane.

Therapie und Verlauf

Es besteht die zweifelsfreie Blickdiagnose einer Psoriasis vulgaris. Entsprechend der Anamnese mit Manifestation in der Lebensmitte handelt es sich um eine chronisch-stationäre Typ-2-Psoriasis. Es gibt keinen Anhalt für eine Arthritis psoriatica. Entsprechend einem BSI (body suface index) von 30 % und einem PASI (psoriasis activity and severity score) von 47 besteht eine schwere Psoriasis vulgaris [2,3].

Entsprechend der geltenden und 2023 aktualisierten S3-Leitlinie zu Diagnostik und Therapie der Psoriasis besteht eine klare Indikation zur systemischen Behandlung. Aufgrund des schon höheren Lebensalters und der ländlichen Wohnlage erscheint eine perorale Therapie mit Dimethylfumarat praktikabel. Dabei stellen insbesondere die Hepatopathie und die chronische Niereninsuffizienz keine Kontraindikationen dar. In der empfohlenen protrahierten Aufsättigung mit beginnend 30 mg/Tag in Woche 2, 2 × 30 mg/Tag in Woche 2 und 3 × 30 mg/Tag in ­Woche 3 wurde eine Dosis von 120 mg (2-2-1) in Woche 8 erreicht, wegen moderater gastrointestinaler Symptomatik dann auf 2-1-1 reduziert.

Zusätzlich erfolgte anfänglich eine begleitende ­Lokalbehandlung mit einer Fixkombination aus dem Vitamin-D-Analogon Calcipotriol und dem Klasse-III-Steroid Betamethason (Öl-in-Wasser-Emulsion), um die systemische Therapie topisch zu ­unterstützen. Bei Wiedervorstellung nach einem Zeitraum von 8 Wochen war es zu einer deutlichen Besserung des Hautbefundes gekommen. Für die residualen Plaques wurde eine Anwendung der topischen ­Fixkombination nach Bedarf empfohlen (Abb. 2).

Dimethylfumarat in der antipsoriatischen Systemtherapie

Das Wirkprinzip von Dimethylfumarat besteht in der Immunmodulation über die direkte oder indirekte Inhibition der Interleukinproduktion. Daraus folgt eine Zytoprotektion gegen oxidativen Stress und eine Reduktion der Migration und Adhäsion von Neutrophilen. Speziell durch die Hemmung der Schlüsselinterleukine, der psoriatischen Inflammation IL-12 und IL-23 bei gleichzeitiger Stärkung von IL-20 wird ein „shift“ vom proentzündlichen Th1/Th17-Profil zum Th2-Phänotyp und damit ein Wandel der T-Zell-vermittelten Immunantwort von entzündlich zu antientzündlich bewirkt [4-6].

Bereits 1959 wurde durch den schwäbischen Chemiker Schweckendiek im Selbstversuch die Effektivität von Fumarsäureestern belegt. Ursprünglich ist ­Fumarsäure ein in Pflanzen wie Fumaria officinalis vorkommendes Naturprodukt. Im Jahr 1994 wurden synthetisch hergestellte Fumarsäureester in Deutschland als systemisches Antipsoriatikum zugelassen. Der eigentlich wirksame Bestandteil ist das Dimethylfumarat, das 2017 als orale Formulierung für die systemische Firstline-Therapie der ­moderaten und schweren Psoriasis zugelassen ­wurde. Dieses Tablettenpräparat wurde von den hauptsächlich für unerwünschte Arzneimittelwirkungen verantwortlichen Estern Calcium-, Natrium- und Zink-Hydrogenfumarat bereinigt.

Entscheidend für eine erfolgreiche Behandlung mit Dimethylfumarat ist die individuelle angepasste Dosistitration. Grundsätzlich empfohlen ist die wöchentliche Dosissteigerung, aber individuell kann auch eine Feinabstimmung in 30-mg-Schritten ­erfolgen. Auf diese Weise kann den zumeist vorübergehenden gastrointestinalen Beschwerden und der gelegentlich auftretenden Flush-Symptomatik begegnet werden.

Die orale Formulierung gilt als eine sichere ­Medikamentation mit Langzeiterfahrung ohne ­Black-Box-Warnung, weshalb eine vierteljährliche Routine­laborkontrolle ausreichend ist. Bei seltener Leuko­zytopenie < 700/µl oder einer Lymphozytopenie < 3 000/µl wäre ein Abbruch der Therapie erforderlich, bei Leukozyten zwischen 1 000 und 700/ µl eine Dosisreduktion [7].

Dimethylfumarat kann auch bei moderater Leber- oder Niereninsuffizienz sicher und ohne Erfordernis einer Dosisreduktion eingesetzt werden. Für Schwangerschaft und Stillzeit besteht Kontraindikation. Die Überwachung der weißen Blutzellen gilt der Überwachung hinsichtlich der extrem seltenen progressiven multifokalen Leukoenzephalopathie (PML). Auch akutes Nierenversagen oder das Fanconi-­Syndrom („Phosphatdiabetes“) mit Polyurie, Polydipsie, Dehydratation, Myalgien, Hypoglykämie, neurologischen Störungen und Osteomalazie sind allesamt ausschließlich für die Therapie mit mehreren ­Fumarsäureestern beschrieben und extrem seltene Einzelfälle [8]. Eine Vielzahl von Psoriasis-Patientinnen und  -Patienten wie auch der beschriebene ­Berliner sind sehr zufrieden mit ihrer antipsoriatischen Dimethylfumarat-Langzeittherapie.

Die orale, systemische, antipsoriatische Langzeittherapie mit Dimethylfumarat ist in der klinischen Praxis bewährt, wirksam und sicher. Der Immunmodulator drängt über verschiedene Wirkmechanismen die psoriatische Inflammation zurück. Wesentlich für den Therapieerfolg ist die behutsame und individuell angepasste Dosistitration. Als orales „Firstline“-Antipsoriatikum ist Dimethylfumarat auch aus Sicht der Praktikabilität und der Kosten ein gerade in der hausärztlichen Praxis sinnvoll einsetzbarer Wirkstoff.

Der Experte

Dr. med. Viktor Alexander Czaika
Facharzt für Dermatologie,
Venerologie und Innere Medizin
Bruno-Bügel-Weg 16
12439 Berlin

viktor.czaika@gmx.de

  1. Augustin M et al., Acta Derm Venerol 2010; 90: 147–51
  2. Hanova P et al., Scand J Rheumatol 2010; 39: 310–7
  3. Husni ME, Rheumatology Hrsg. Hochberg, M.D., Gravallese et al., 7th. Edition. Elsevier 2019: Printed in China. 1047
  4. S3-Leitlinie „Therapie der Psoriasis vulgaris“, AWMF-Reg.-Nr. 013/001; 2017
  5. Scannevin RH et al., J Pharmacol and Expt Ther 2012; 341: 274–84
  6. Mrowietz U et al., Arch Dermatol Re 2011; 303: 1–10
  7. Hanson J et al., Pharmacol Ther 2012; 136: 1–7
  8. Yazdi MR et al., Clin Dermatol 2008; 26: 522–6

Bildnachweis: privat, Dr. med. Viktor A. Czaika (Berlin)

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