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Sonderredaktion

Operativ, radiologisch-interventionell und medikamentös

Symptomatischer Uterus myomatosus – Übersicht der Therapieoptionen

26.7.2022

Mit einer Lebenszeitprävalenz von bis zu 50 % zählen Uterusmyome zu den häufigsten benignen Erkrankungen in der gynäkologischen Praxis. Einen Überblick über das breite Spektrum der derzeitigen therapeutischen Möglichkeiten bietet Ihnen diese Übersicht, die von einem Expertengremium erarbeitet wurde.

Während symptomlose uterine Myome in der ­Regel nicht behandlungsbedürftig sind, ist eine Therapie indiziert bei Myomen, die mit Beschwerden in Form von teils ausgeprägter Hyper- bzw. Dysmenorrhö assoziiert sind bzw. eine mögliche Ursache für eine Fertilitätsminderung darstellen.

Für die Myomtherapie steht Ihnen in der täglichen gynäkologischen Praxis inzwischen ein großes Spektrum effektiver Behandlungsoptionen zur Verfügung. Vor dem Hintergrund der zahlreichen verfügbaren Verfahren stellt sich die Frage, welche Methode im individuellen Fall angemessen und zielführend ist. Galt früher die Hysterektomie als Standardtherapie, haben in den vergangenen Jahren neben organerhaltenden minimalinvasiven und radiologisch-interventionellen Verfahren auch medikamentöse Ansätze zunehmend an Relevanz gewonnen.

Mit der Entwicklung neuer, effektiver und gut verträglicher Wirkstoffkombinationen bieten sich ­Möglichkeiten auch für ein längerfristiges medika-

mentöses Management der myombedingten Beschwerden. Von entscheidender Bedeutung für die Therapieplanung bei symptomatischen Myomen sind neben der Krankheitslast – bedingt durch Größe, Anzahl und Lage der Myome – individuelle Faktoren wie Lebenssituation, Alter und Aktualität des Kinderwunsches der Patientin zu berücksichtigen.

In der Praxis stehen uns viele Therapieoptionen zur Verfügung.

Die Entscheidung für oder gegen eine infrage kommende Behandlungsoption sollte dabei stets im Zuge einer partizipativen Entscheidungsfindung gemeinsam mit der Patientin erfolgen; eine umfassende Aufklärung über die im individuellen Fall zur Verfügung stehenden Strategien ist daher obligat. Für die Beschreibung der Myom-Lokalisation sollte für einen genauen und reproduzierbaren Befund vornehmlich die FIGO-Klassifikation eingesetzt werden [1].

Medikamentöse Therapie

Die medikamentöse Therapie des Uterus myomatosus wird über dessen hormonabhängiges Wachstum ermöglicht. Während lange die GnRH(Gonadotropin-Releasing-Hormon)-Analoga als einzige zur Myomtherapie zugelassenen Wirkstoffe verfügbar waren, kam 2012 in Deutschland Ulipristalacetat (UPA) als Medikament dazu und 2021 die Relugolix-Kombinationstherapie.

GnRH, das vom Hypothalamus pulsatil sezerniert wird, spielt eine übergeordnete Rolle bei der Kontrolle des Menstruationszyklus. GnRH-Agonisten haben sich daher zu etablierten Medikamenten für die Behandlung sexualsteroidabhängiger Erkrankungen entwickelt. Beim Uterus myomatosus wurde eine Verbesserung der Blutungsbeschwerden bei 89 % der Patientinnen nach 13 Wochen, eine Verbesserung der Hb-Werts, eine Myomverkleinerung um > 40 % nach 6 Monaten sowie eine Verringerung Myom-assoziierter Schmerzen erreicht [2].

Die medikamentöse Therapie wird über das hormonabhängige Wachstum der Myome ermöglicht.

Allerdings hat die Verwendung im Laufe der Jahre an Bedeutung verloren. Die Behandlungsdauer ist zeitlich beschränkt (6 Monate) und geht mit ausgeprägten vasomotorischen Beschwerden (z. B. Hitzewallungen) und einem Knochendichteverlust einher, wenn keine Add-back-Therapie erfolgt [3,4]. Die Anwendung beschränkt sich aktuell auf Fälle von schwerer Anämie oder sehr großen Myomen als präoperative Therapie [3].

Bei UPA handelt es sich um einen selektiven Progesteron-Rezeptor-Modulator (SPRM). UPA ist indiziert zur Intervalltherapie mittlerer bis starker Symptome durch Myome bei erwachsenen Frauen, die noch nicht die Menopause erreicht haben und für die eine Embolisation von Gebärmuttermyomen und/oder der chirurgische Eingriff nicht geeignet oder fehlgeschlagen ist [5]. Studien zeigen eine Verbesserung der Blutungsbeschwerden bei > 90 % der Patientinnen nach 13 Wochen [2], des Hb-Werts [5] sowie eine Verringerung Myom-assoziierter Schmerzen und eine Myomverkleinerung um > 40 % nach 6 Monaten [2]. Aufgrund von möglicher Lebertoxizität gibt es mittlerweile eine stark eingeschränkte Indikation, sodass nur noch wenige Patientinnen für diese Therapie infrage kommen [5]. Während der Anwendung ist eine regelmäßige Leberenzymbestimmung notwendig [5].

Ein besonderes Wirkprinzip zur Behandlung myombedingter Beschwerden verfolgt die 2021 zugelassene Relugolix-Kombinationstherapie: Der GnRH-Rezeptor-Antagonist Relugolix supprimiert u. a. die Ausschüttung von FSH und LH bei gleichzeitiger Prävention klimakterischer Beschwerden durch eine Add-back-Therapie (E2 1 mg/NETA 0,5 mg) in einer Tablette zur oralen Anwendung (1 x tgl. 1 Tabl.).

Studien zur Relugolix-Kombinationstherapie zeigten eine Verbesserung der Blutungsbeschwerden bei > 70 % der Patientinnen nach 24 Wochen, eine Verbesserung des Hb-Werts sowie eine Verringerung Myom-assoziierter Schmerzen [6,7], jedoch keinen signifikanten Effekt auf die Myomgröße [7]. Verglichen mit GnRH-Agonisten wird eine deutliche Reduktion von Estrogen-Mangelerscheinungen beobachtet und es gibt keine signifikante Reduktion der Knochendichte [6]. Einige wenige Kontraindikationen existieren durch die Add-back-Therapie (z. B. bei Patientinnnen mit VTE-Risikofaktoren), diese sind aber geringer als bei den KOK [6,8].

Radiologische Intervention

Für die radiologisch-interventionellen Verfahren gelten die gleichen Behandlungsindikationen wie für eine OP. Zur Verfügung stehen:

· UAE (Uterusarterien-Embolisation)
· MRgFUS (MRT-­gesteuerte fokussierte Ultraschalltherapie)

Die UAE führt per Katheter über die Arteria femo­ralis (unter Röntgenkontrolle) zur Degeneration des Myomgewebes per Hypoxie. Da das ­Risiko einer Ovarialinsuffizienz per Embolisation der A. ovarica nicht ausgeschlossen werden kann, ist Kinderwunsch eine relative Kontraindikation für diese Methode. Studien zeigen eine Myomverkleinerung um 50 % nach 6 Monaten [9], auch die Behandlung von sehr ­großen und zahlreichen Myomen ist möglich [10]. Die Durchführung ist jedoch auf spezialisierte Zentren beschränkt [9] sowie ein kurzer Krankenhausaufenthalt (> 1 Tag) zum Teil erforderlich [11]. Es wird ein hohes Nebenwirkungsrisiko beschrieben (u. a. vaginaler Ausfluss, Schmerzen, Funktionsstörungen der Eierstöcke, Entzündung des Endometriums, tiefe Beinvenenthrombose) [11].

MRgFUS führt zur punktgenauen Erhitzung des ­Myoms und so zur Zerstörung über hochenergetische Ultraschallwellen unter Echtzeitüberwachung mittels MRT. In Studien wurde eine Myomverkleinerung nach einem Jahr um 20–40 % berichtet [12]. Das Verfahren ist nur bei einem Teil (ca. 25 %) der Myome durchführbar (weniger geeignet bei großen und/oder vielen Myomen; nicht möglich bei Hinterwandmyomen und präoperativ) [11]. Zu den berichteten Nebenwirkungen gehören vaginaler Ausfluss, starke Blutungen, vaginale Myomausscheidung, leichte Verbrennungen der Haut und Schmerzen [11]. Auch bei dieser Methode ist die Durchführung nur in bestimmten Zentren möglich [10,13], Folgeeingriffe sind möglicher­weise notwendig (bei 66,7 %) [14].

Weitere interventionelle Verfahren

Auch bei der transvaginalen Radiofrequenzablation (TRFA) kommt es zu einer Thermoablation des ­Myoms. Zu den Vorteilen gehören die Reduktion des Myomvolumens > 60 % nach 12 Monaten [15] sowie kurze OP-Dauer und geringe Komplikationsrate [16]. Bei 95 % der Patientinnen kam es nach einem Jahr zu einer Verbesserung der Blutungsbeschwerden [17]. Einschränkungen bestehen durch die ­Myomgröße (> 10 cm) [18] und -lage. Die Anwendung bei gestielten Myomen (FIGO 0 und 7) ist nicht möglich, für FIGO 1, 5 und 6 bestehen Einschränkungen [15,16]. Postoperativ können initiale Blutungen und Ausfluss auftreten [19]. Folgeeingriffe sind in bis zu 10 % der Fälle nötig [20]. Die Durchführung ist nur in bestimmten Zentren möglich [16].

Operative Intervention

Im Falle eines notwendigen operativen Eingriffs stehen verschiedene Ansätze zur Verfügung, abhängig von Lokalisation und Anzahl/Größe der Myome, vom Beschwerdebild und natürlich vom Wunsch der Patientin nach Uteruserhalt. Die operativen Methoden erfordern meist eine stationäre Aufnahme, nur die Entfernung kleiner Myome ist ambulant möglich [21]. Bei den operativen Methoden erfolgt immer eine histologische Sicherung der Diagnose.

Intramurale oder subseröse Myome werden möglichst laparoskopisch enukleiert, selten wird ein Zugang per Laparotomie notwendig. Bei Multiplität der Myome, enormer Größe oder ungünstiger Lokalisation und abgeschlossener Familienplanung kann die Hysterektomie erwogen werden, bevorzugt ­vaginal oder endoskopisch, selten abdominal [22].

Medikamente ohne Zulassung zur Behandlung myombedingter Beschwerden

Da das Myomwachstum hormonabhängig ist, ­können off-label auch hormonelle Kontrazeptiva zum Einsatz kommen. Sie wurden daher mit in die Übersichtstabelle aufgenommen. Allen gemeinsam sind die hohe kontrazeptive Sicherheit und die ­Anwendbarkeit bei Frauen mit Kinderwunsch. Sie haben keinen Einfluss auf die Myomgröße und es ist mit den aus der Kontrazeption bekannten unerwünschten Arzneimittelwirkungen (UAW) zu rechnen. Bei der Anwendung kombinierter oraler Kontrazeptiva (KOK) ist – je nach Präparat – ­(abhängig vom Estrogen und Gestagen) auch das entsprechende VTE-Risiko zu beachten. KOK, möglichst im Langzyklus / in der Langzeiteinnahme angewendet, können eine gewisse Kontrolle der Blutungsstörung beim Uterus myomatosus ermöglichen. Orale Gestagene (Progesteron-only Pills, POP) und LNG-IUS sind vielversprechender. Jedoch wirken alle drei Ansätze nicht kausal und erzielen keine Reduktion des Myom-Volumens, es handelt sich um eine temporäre symptomatische Behandlung der Blutungsstörung.

Die orale Applikation von Tranexamsäure (4–6 g täglich während der ersten Blutungstage) ist ebenfalls off-label. Die zu erwartende Reduktion des monatlichen Blutverlusts liegt höher als bei Kontrazeptiva. Tranexamsäure ist nicht zur Langzeit­therapie geeignet und hat keinen Effekt auf die Myomgröße [23]. Wiederauftreten der Beschwerden nach Absetzen ist häufig [23].

Dieses Konsensuspapier wurde von einer ­Expertenkommission erarbeitet, die sich aus ­klinischen Meinungsbildnern und nieder­gelassenen Praktikern zusammensetzt.

• Dr. med. Ludwig N. Baumgartner (Freising)
• Prof. Dr. med. Peyman Hadji (Frankfurt/Main)
• Prof. Dr. med. Ludwig Kiesel (Münster)
• Andreas Lenhard (Bad Segeberg)
• Prof. Dr. med. Stefan P. Renner (Böblingen)
• Prof. Dr. med. Thomas Römer (Köln)
• Prof. Dr. med. Cordula Schippert (Hannover)
• Dr. med. Jens-Olaf Schmeißer (Ribnitz-Damgarten)
• Dr. med. Rüdiger Schug (Hauzenberg)

Die Diagnose des Uterus myomatosus sollte möglichst akkurat und frühzeitig gestellt werden, um zwischen operativer, radiologisch-interventioneller und medi­kamentöser The­ra­pieindikation differenzieren zu ­können.

Durch Fortschritte in allen drei Varianten sind wir ­heute in der Lage, unseren Patientinnen eine individuell auf ihre Bedürfnisse abgestimmte Therapieform anbieten zu können. Dabei ist vor allem bei den medi­kamen­tösen Therapieformen zu bedenken, dass nur langfristig befriedigende Ergebnisse mit Verbesserung der Lebensqua­lität über Symptomreduktion dazu ­führen werden, eine optimale Patientinnen-Compliance zu ermöglichen.

In dieser Übersicht werden alle relevanten Therapieoptionen präsentiert und mit ihren jeweiligen Vor- und Nachteilen tabellarisch gegenübergestellt, damit Sie alle Möglichkeiten für Ihre Patientinnen immer im Blick haben.

1 Munro MG et al., FIGO classification system (PALM-COEIN) for causes of abnormal uterine bleeding in nongravid women of reproductive age Int J Gynaecol Obstet 2011; 113: 3–13
2 Donnez J et al., Ulipristal acetate versus leuprolide acetate for uterine fibroids, N Engl J Med 2012; 366: 421–432
3 Fachinformation Trenantone®-Gyn 11,25 mg Retardmikrokapseln und Suspensionsmittel, Stand Juni 2021
4 Wallwiener M, Medikamentöse konservative Therapie des Uterus myomatosus, Gynäkologe 2019; 52: 280–287
5 https://www.ema.europa.eu/en/medicines/human/EPAR/esmya
6 https://www.ema.europa.eu/en/medicines/human/EPAR/ryeqo
7 Al-Hendy A et al., Treatment of Uterine Fibroid Symptoms with Relugolix Combination Therapy, N Engl J Med 2021; 384: 630–642
8 Hadji P et al., Uterus myomatosus bei Frauen mit Kinderwunsch, Frauenarzt 2017; 58: 1041–1047
9 Schmid J et al., Myome – Entstehung, Diagnostik und Therapie, Frauenheilkunde Up2date 2016; 10: 487–505
10 Boosz AS et al., Konservative, operative und interventionelle Therapieoptionen uteriner Myome, Dtsch Arztebl Int 2014; 111: 8778–8783
11 Bohlmann MK et al., Radiologisch-interventionelle
12 Methoden der Myombehandlung, Gynäkologe 2019; 52: 264–272
13 David M, Aktuelles Behandlungsspektrum bei Myomen, gynäkologie + geburtshilfe 2016; 21: 27–33
14 Kröncke T, David M, MR-Guided Focused Ultrasound in Fibroid Treatment – Results of the 4th Radiological-
15 Gynecological Expert Meeting, Geburtshilfe Frauenheilkd 2019; 79: 693–696
16 Froeling V et al., Outcome of uterine artery embolization versus MR-guided high-intensity focused ultrasound treatment for uterine fibroids: long-term results, Eur J Radiol 2013 Dec; 82: 2265–2269
17 Bends R, Römer T, Hysteroskopische Resektion und Radiofrequenzablation uteriner Myome, Gynäkologe 2019; 52: 273–279
18 Römer T et al., Behandlung von symptomatischen Myomen mit der transzervikalen ultraschallgesteuerten Radiofrequenzablation, Frauenarzt 2021; 61: 162–168
19 Chudnoff S et al., Ultrasound-Guided Transcervical Ablation of Uterine Leiomyomas, Obstet Gynecol 2019; 133: 13–22
20 Christoffel L et al., Transcervical Radiofrequency Ablation of Uterine Fibroids Global Registry (SAGE): Study Protocol and Preliminary Results, Med Devices 2021; 14: 77–84
21 Brölmann H et al., The FAST-EU trial: 12-month clinical outcomes of women after intrauterine sonography-guided transcervical radiofrequency ablation of uterine fibroids, Gynecol Surg 2016; 13: 27–35
22 245. Stellungnahme der DGGG zur transzervikalen Radiofrequenzablation mit intrauteriner Ultraschallführung bei Uterusmyomen, Stand: 18. Mai 2017
23 Rabe T et al., Neuentwicklungen in der medikamentösen Myomtherapie mit Ulipristalacetat, gyne 2014; 5: 40–49
24 Bauer E et al., Hysterektomie – operative Innovationen in der Gynäkologie am Beispiel einer „alten“ Operation, Gynäkologe 2018; 51: 755–763
25 Bohlmann MK et al., Medikamentöse Myomtherapie, Gynäkologische Endokrinol 2015; 13: 226–231

Impressum

Bericht I Redaktion I Konzept: Dr. rer. nat. Reinhard Merz
MiM Verlagsgesellschaft mbH (Neu-Isenburg)
Mit freundlicher Unterstützung der Gedeon Richter Pharma GmbH (Köln)

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