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Sonderredaktion

Kontrazeption

26-jährige Patientin mit rezidivierenden Blutungsstörungen

27.10.2021

Eine junge Frau hat schon mehrere Varianten der kombinierten oralen Kontrazeption ausprobiert, ist aber mit keiner davon zufrieden. Hautunreinheiten, Blutungsstörungen und Stimmungsschwankungen beeinträchtigten Alltag und Sexualleben. Mit der Umstellung auf die Kombination Estetrol/Drospirenon gingen positive Effekte einher.

Bei gesunden Patientinnen sind die individuellen Wünsche bezüglich der Kontrazeption vorrangig. Kommt eine hormonelle Kontrazeption infrage, stellt sich die Frage, ob eine Kombination mit Estrogenen nötig und möglich ist, und wenn ja, mit welchem Estrogen. Des Weiteren muss entschieden werden, welches Gestagen genutzt wird und ob eine Anwendung im Langzyklus oder als Langzeiteinnahme sinnvoll ist.

Der Fall

Eine 26-jährige Patientin äußert bei der Routinekontrolle den Wunsch nach einer alternativen Kontrazeption, da sie mit der aktuellen nicht gut zurechtkommt. Vor allem die häufigen Blutungsstörungen sind wegen der Auswirkungen auf ihr Sexualleben für sie nicht akzeptabel. Offensichtlich reagiert ihr Partner zunehmend gereizt darauf.

Während der vorangegangenen zweieinhalb Jahre hatte sie eine Reihe von kombinierten oralen Kontra­zeptiva ausprobiert, zunächst die Kombination ­Ethinylestradiol + Chlormadinon, dann Estradiol + Nomegestrol und schließlich Ethinylestradiol + Dienogest. Doch wirklich glücklich war sie mit keiner der Pillen geworden. Neben den Blutungsstörungen berichtet sie auch von Hautunreinheiten und Stimmungsschwankungen, sodass letztlich der Wunsch nach einer anderen Art der Kontrazeption bei ihr aufkam.

Wir besprachen ausführlich ihr individuelles Anforderungsprofil und die Optionen. Neben der kontrazeptiven Sicherheit formulierte sie dabei vor allem einen gewünschten positiven Effekt auf die Haut sowie ihre Angst vor einer Gewichtszunahme. Wir diskutierten auch die Möglichkeit einer Langzeitkontrazeption, sie wollte sich aber nicht länger als sechs Monate festlegen und war einer Spirale gegenüber ablehnend eingestellt. Anamnestisch gab es keine Hinweise auf thromboembolische Ereignisse in der Vergangenheit oder in der Familiengeschichte.

Unsere Praxis nahm an der europäischen Zulassungsstudie für Drovelis® mit 14,2 mg Estetrol (E4) und 3 mg Drospirenon (DRSP) teil, und nach Erörterung und umfassender Aufklärung entschied sich die ­Patientin für die Teilnahme an der Studie. Im informed consent wechselte sie schließlich nach vier einnahmefreien Tagen auf Drovelis® im 24/4-Rhythmus.

Wir hatten eine telefonische Rücksprache nach vier Wochen vereinbart und dabei zeigte sich die Patientin zufrieden mit einem verbesserten Blutungsprofil. ­Lediglich eine Zwischenblutung im nicht geplanten Intervall hat sie beobachtet, danach sind keine weiteren Zwischenblutungen mehr aufgetreten. Die Haut war noch unverändert – obwohl sie sehr auf Verbesserungen gehofft hatte, konnte sie noch keine beobachten. Wir vereinbarten weiterhin eine unveränderte Einnahme für zunächst einen weiteren Zyklus.

Bei der telefonischen Konsultation nach weiteren vier Wochen war die Patientin nun sehr zufrieden mit der Verhütungsmethode. Im aktuellen Zyklus gab es keine Zwischenblutung und subjektiv stellte sie eine Besserung des Hautbildes fest. Ihr Gewicht blieb über die Einnahmezeit stabil und ihr emotionales Befinden war sehr positiv. Wörtlich sagte sie: „Mein Partner zahlt freiwillig die nächsten Packungen, weil wir wieder ein Sexualleben aufbauen.“

Diskussion

Ein besseres Blutungsprofil und eine reinere Haut standen – neben der kontrazeptiven Sicherheit – ganz weit oben im Anforderungsprofil der Patientin. Durch die bestehenden Androgenisierungserscheinungen bot sich ein Präparat mit einem antiandrogenen Gestagen wie Drospirenon an.

Drospirenon ist ein Abkömmling des 17α-Spirolactons und besitzt eine Alleinstellung unter den gestagenen Substanzen: Es hat bei pillenüblicher Dosierung eine antimineralokortikoide Wirkung und fördert so die Natrium- und Wasserausscheidung. Dadurch kann Drospirenon besonders bei Frauen, die zu Wassereinlagerungen neigen, sowie bei einem prämenstruellen Syndrom von Vorteil sein. Dafür werden drospirenonhaltige Pillen ausdrücklich in den Leitlinien empfohlen [1]. Als klinische Effekte sind auch die Verbesserung von Akne und Seborrhoe bekannt.

In Kombination mit Drospirenon wirkt sich der ­estrogene Effekt durch E4 vorteilhaft auf das Blutungsmuster aus. Dies war auch das Ergebnis der Untersuchungen im Zuge der europäischen Zulassungsstudie. Hier konnte abschließend gezeigt werden, dass geplante Blutungen bei 91,9–94,4 % der Teilnehmerinnen regelmäßig auftraten und während der gesamten Studie mit einer medianen Dauer von vier bis fünf Tagen stabil blieben [2]. Untersuchungen der Hämostaseparameter zeigten für die Kombination E4 / DRSP deutlich geringere ­Effekte als EE / DRSP [3]. Auch bezüglich der Steigerung des Sexualhormon-bindenden Globulins (SHBG) hatte das Präparat mit E4 den geringsten Einfluss [3]. Zusammengefasst kombiniert das Präparat die positiven Wirkungen von E4 und DRSP [2], wovon in diesem Fall auch unsere Patientin profitierte.

Dr. med. Friederike Greven
Fachärztin für Frauenheilkunde und Geburtshilfe
Pfarrstraße 47, 30459 Hannover

info@dr-greven-hannover.de

Die kontrazeptive Beratung ist und bleibt eine Herausforderung in der Frauenarztpraxis und leider gibt es keinen Königsweg. Die WHO-Leitlinie „Selected practice recommendations for contraceptive use“ und die deutsche S3-Leitlinie zur Kontrazeption sind ein guter Start. Setzt man den Wunsch nach sicherer Kontrazeption als Grundlage des Beratungsgesprächs voraus, müs­sen wir die Patientin im nächsten Schritt dort ­abholen, wo sie steht.

Im vorgestellten Fall konnten mit der Kombination Estetrol/Drospirenon in relativ kurzer Zeit deutliche Verbesserungen erreicht werden. Ich sah vor mir eine zufriedene Patientin mit weniger Hautproblemen, guter Stimmung, verbessertem Sexualleben und sehr guter Blutungskontrolle. So zufrieden, dass sie das Präparat einer Freundin, die ebenfalls Patientin unserer Praxis ist, weiterempfohlen hat. Bei den endlosen Diskussionen, die wir sonst mitunter zu hormonellen Kontrazeptiva führen müssen, ein echter Lichtblick: zufriedene Patientin = glückliche Gynäkologin.

1 S3-Leitlinie Hormonelle Empfängnisverhütung, 2019; www.awmf.org/leitlinien/detail/ll/015-015.html
2 Gemzell-Danielsson K et al., Brit J Obstetr Gynaecol 2021: DOI 10.1111/1471-0528.16840
3 Douxfils J et al., Contraception 2020; 102: 396–402

Impressum
Bericht: Dr. med. Friederike Greven I Redaktion und Konzept: Dr. rer. nat. Reinhard Merz
MiM Verlagsgesellschaft mbH (Neu-Isenburg)
Mit freundlicher Unterstützung der Gedeon Richter Pharma GmbH (Köln)

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