Auch bei kombinierten oralen Kontrazeptiva (KOK) ist es wichtig, neben der kontrazeptiven Sicherheit positive Begleiteffekte sowie unerwünschte Nebenwirkungen im Fokus zu haben. Im vorliegenden Fall wird gezeigt, wie in der Praxis Probleme durch die Umstellung auf ein passendes KOK gelöst werden können.
Eine heute 20-jährige Patientin (Nulligravida) hat ab ihrem 16. Lebensjahr eine KOK mit 0,02 mg Ethinylestradiol (EE) und 0,1 mg Levonorgestrel (LNG) angewendet. Die Patientin ist normgewichtig und Nichtraucherin, der Blutdruck beträgt 115/80 mmHg. Es liegen keine relevanten Risikofaktoren für venöse Thromboembolien (VTE) vor. Unter dem Präparat traten regelmäßige Abbruchblutungen auf. Nach zwei Jahren kam es zunehmend zu Zwischenblutungen. Aus diesem Grund erfolgte mit 19 Jahren dann der Wechsel auf eine Pille mit 0,03 mg EE und 2 mg Dienogest (DNG). Abgesehen von vereinzelten Zwischenblutungen hatte die Patientin unter diesem Präparat wieder regelmäßige Abbruchblutungen. Die aktuelle Vorstellung in der Praxis erfolgte aufgrund moderater, estrogenbedingter Nebenwirkungen unter laufender Kontrazeption mit 0,03 mg EE und 2 mg DNG. Die Patientin berichtete über Stimmungsschwankungen und Kopfschmerzen. Sie wünschte daher eine Reduktion der Estrogendosis, legte jedoch ausdrücklich Wert auf die Aufrechterhaltung eines möglichst regelmäßigen Blutungsmusters.
Überlegungen zur Kontrazeption
Im vorliegenden Fall wurde mit einem KOK mit 0,02 mg EE / 0,1 mg LNG begonnen. Aufgrund der auftretenden Blutungsstörungen erfolgte die Umstellung auf eine KOK mit 0,03 mg EE und 2 mg DNG. Unter diesem Präparat traten estrogenbedingte Nebenwirkungen auf. Zwar verbesserte sich das Blutungsprofil insgesamt durch die erhöhte Estrogendosis – doch klagte die Patientin jetzt zunehmend über estrogenbedingte Nebenwirkungen.
In der Praxis können Hormonschwankungen oft ein Problem für die Patientinnen darstellen. Nach oraler Einnahme von EE kommt es zu einer raschen Resorption mit einer Peak-Plasmakonzentration innerhalb von 1–2 Stunden. Die Estrogenspitzen können bestimmte unerwünschte Wirkungen begünstigen, etwa durch die Aktivierung estrogenabhängiger hepatischer Proteinsynthesewege (z. B. Gerinnungsfaktoren, SHBG) [1]. Ziel ist es, einen möglichst konstanten Hormonspiegel im Körper (Steady State) und gleichzeitig möglichst niedrige, stabile Hormonwerte zu erreichen.
Umstellung auf Kelzy®
Die Reduktion systemischer hormoneller Schwankungen unter der Retard-Tablette Kelzy® ist nachgewiesen [2]. Die mittleren Plasmakonzentrationen von DNG und EE an Tag 7 (Steady State) zeigen: Gegenüber einer Formulierung mit 0,03 mg EE / 2 mg DNG und sofortiger Freisetzung war nach wiederholter Gabe bei der Retard-Tablette die Cmax (höchste erreichte Konzentration eines Wirkstoffs im Blutplasma nach dessen Applikation) für DNG als auch für EE niedriger (-21,3 % bzw. -52,6 %) und wurde etwa 2,5 Stunden später beobachtet [2].
Diese reduzierte Hormonexposition ist insbesondere im Zusammenhang von Blutungs- und Nebenwirkungsprofil relevant. Grund der Umstellung bei dieser Patientin war die Reduktion der Estrogendosis im KOK, um die estrogenbedingten Nebenwirkungen zu reduzieren. Die Patientin hatte diesbezüglich schon gute Erfahrungen mit einem KOK mit 0,02 mg EE.
Unter Kelzy® kam es im ersten Monat noch zu einer Zwischenblutung, danach stabilisierte sich das Blutungsprofil. Die Patientin hat regelmäßige, leichte Abbruchblutungen. Auch hormonell bedingte Nebenwirkungen wie Stimmungsschwankungen nehmen ab – die Patientin zeigt sich mit dem Retard-KOK zufrieden.
Die hohe Zyklusstabilität unter Kelzy® wird auch in den bereits publizierten Studiendaten bestätigt. In einer prospektiven, doppelblinden, randomisierten, kontrollierten Studie über 9 Zyklen zeigte sich das Blutungsmuster von Kelzy® in einem Vergleich mit einer sofort freisetzenden Formulierung (0,02 mg EE/3 mg DNG, ebenfalls im 24/4 Einnahmeschema), deutlich überlegen [3]. Weniger als 2 % der Frauen brachen die Studie wegen blutungsbedingten Nebenwirkungen ab.
Die Retard-Formulierung – bei vielen Arzneimitteln längst etabliert – stellt eine Innovation im Bereich der oralen Kontrazeptiva dar. In der klinischen Praxis hat sich die Retard-KOK mit 0,02 mg EE und 2 mg DNG im 24/4 Einnahmeschema bereits bewährt. Hohe Serumspiegel von Estrogen werden damit vermieden, was sich günstig auf das Nebenwirkungsprofil auswirken kann, vor allem bei estrogensensitiven Frauen. Außerdem werden – insbesondere durch die verzögerte Freisetzung in Kombination mit der hohen gestagenen Wirksamkeit des DNG – sehr günstige Blutungsprofile erreicht. Ein Wechsel auf Kelzy® sollte daher bei Blutungsinstabilität unter anderen KOK oder bei estrogenbedingten Nebenwirkungen unter KOK mit 0,03 mg EE stets in Erwägung gezogen werden. Nach individueller VTE-Risikobewertung kann in entsprechenden klinischen Situationen die Retard-KOK auch als Option für die Erstverordnung eingesetzt werden. Kelzy® ist ab der Menarche zugelassen und bereichert das Spektrum im Bereich der kombinierten oralen Kontrazeptiva.
Kelzy 2 mg/0,02 mg Retardtabletten. Wirkstoffe: Dienogest/Ethinylestradiol Zus.: Weiße Retardtabl.: Jede Tabl. enth. 2 mg Dienogest u. 0,02 mg Ethinylestradiol. Grüne Placebo-Tabl.: Die Tabl. enth. keine Wirkstoffe. Sonst. Bestandt. m. bekannter Wirkung: Jede weiße wirkstoffhaltige Retardtabl. enth. 19 mg Lactose (als Lactose-Monohydrat). Jede grüne Placebo-Tabl. enth. 56 mg Lactose (als Lactose-Monohydrat). Sonst. Bestandt.: Weiße (wirkstoffhaltige) Retardtabl.: Lactose-Monohydrat, Hypromellose (E 464), Povidon K30, Magnesiumstearat (Ph.Eur.) [pfl.]. Filmüberzug: Polyvinylalkohol (teilhydrolisiert), Titandioxid (E 171), Macrogol 3350, Talkum, Macrogol 400. Grüne Tabl. (Placebo): Lactose-Monohydrat, Maisstärke, Povidon K30, Hochdisperses Siliciumdioxid, Magnesiumstearat (Ph.Eur.) [pfl.]. Filmüberzug: Hypromellose, Triacetin, Polysorbat 80, Titandioxid (E 171), Indigocarmin-Aluminiumsalz (E 132), Eisen(III)-hydroxid-oxid × H2O Anwend.: Orale hormon. Kontrazeption. Bei d. Entscheidung, Kelzy zu verschreiben, sollten die aktuel., indiv. Risikofakt. d. einzelnen Frauen, insbes. i. Hinblick auf ven. Thromboembolien (VTE), berücksichtigt werden. Auch sollte das Risiko f. eine VTE bei Anwend. v. Kelzy m. dem anderer komb. hormon. Kontrazept. (KHK) vergl. werden. Gegenanz.: Überempf. gg. die Wirkst. od. gg. einen d. genannten sonst. Bestandt. Vorliegen einer od. Risiko f. eine VTE, VTE – besteh. VTE (u. Therapie m. Antikoagulanzien) od. VTE i. d. Vorgeschichte (z. B. tiefe Venenthrombose [TVT] od. Lungenembolie [LE]), bek. erbl. od. erworb. Prädispos. f. eine VTE, wie z. B. APC-Resistenz (einschl. Faktor-V-Leiden), Antithrombin-III-Mangel, Protein-C-Mangel od. Protein-S-Mangel, gr. Operationen m. läng. Immobil., hohes Risiko f. eine VTE aufgru. mehrerer Risikofakt. Vorliegen einer od. Risiko f. eine arter. Thromboembolie (ATE), ATE – besteh. ATE, ATE i. d. Vorgeschichte (z. B. Myokardinfarkt) od. Erkr. i. Prodromalstad. (z. B. Angina pectoris), Zerebrovaskuläre Erkr. – besteh. Schlaganfall, Schlaganfall i. d. Vorgeschichte od. prodromale Erkr. (z. B. transitorische ischäm. Attacke [TIA]) i. d. Vorgeschichte, bek. erbl. od. erworb. Prädispos. f. eine ATE, wie z. B. Hyperhomocysteinämie u. Antiphospholipid-Antikörper (Anticardiolipin-Antikörper, Lupusantikoagulans), Migräne m. fok. neurol. Sympt. i. d. Vorgeschichte, hohes Risiko f. eine ATE aufgru. mehrerer Risikofakt. od. eines schwerw. Risikofakt. wie: -Diabetes mellit. m. Gefäßschäd., -Schw. Hyperton., -Schw. Dyslipoproteinämie, Besteh. od. vorausgeg. schw. Lebererkr., sol. sich die Leberfunktionswerte nicht wieder normal. haben, besteh. od. vorausgeg. (benigne od. maligne) Lebertumoren, bek., durch Sexualsteroide beeinfl. maligne Erkr. (z. B. d. Geschlechtsorgane od. d. Mamma) od. d. Verdacht darauf, nicht abgekl. vaginale Blutungen. Kelzy ist kontraindiziert f. die gleichz. Anwend. m. Arzneim., d. Ombitasvir/Paritaprevir/ Ritonavir, Dasabuvir, Glecaprevir/Pibrentasvir u. Sofosbuvir/ Velpatasvir/Voxilaprevir enth. Nebenw.: Häufig: Vaginalinfekt., Libidostör., Stimmungsschwank., Kopfschm., Übelkeit, Abdominalschm., Akne, Metrorrhagie, Brustbeschw., Dysmenorrhoe, Gewichtszunahme, Thyreotropin i. Blut erh., Triglyzeride i. Bl. erh. Gelegentl.: Harnwegsinfekt., Hypothyreose, Appetitstör., Hyperglykämie, Angst, depr. Verstimm., Depression, psychische Stör., Schlafstör., Migräne, Schwindelgefühl, Hyperton., thrombotische Ereignisse, Erbrechen, Diarrhoe, Flatulenz, aufgetr. Bauch, Alopezie, Pruritus, Dermatitis, Hyperhidrosis, Ausschlag, Schm. i. d. Extremitäten, Amenorrhoe, vagin. Blutungen, Ovarialzysten, vulvovagin. Trockenh., Beckenschm., vulvovagin. Pruritus, Zervixdxplasie, Dysparreunia, Menstruationsstör., vagin. Ausfluss, vulvovagin. Entzündungen, Erschöpf., peripher.Ödeme, Schwellung, Kreatinphosphokinase i. Bl. erh., Cholesterin i. Bl. erh., Leberenzym erh., Gewichtsabnahme. Selten: Genitaler Herpes, Myringitis, Fibroabdenom i. d. Brust, Leukopenie, Hyperthyriodismus, Dyslipidämie, Flüssigkeitsretention, Dysgeusie, Hypoästhesie, Paräthesie, Augenjucken, Sehstör., Vertigo, Palpitaitonen, Blutdruckfluktuation, Hämatom, Hitzewallung, Besenreiservarizen, Varizen, Epistaxis, Obstipation, Dyspesie, gastroösophageale Refluxerkr., Hyperästhsie d. Zähne, Chloasma, tr. Haut, Hauterkr., Urtikaria, Arthralgie, Haematurie, Leukozyturie, Endometriumhyperpl., Beschw. i. Genitalb., Unwohlsein, Trägh., gen. Verschlecht. d. psych. Zustandes, Laktatdehydrogenase i. Bl. erh., Kalium i. Bl. erh., Blutdr. anormal, Prolaktin i. Bl. erh., Fibrin D Dimer erh., Insulinresistenztest. Nicht bekannt: Exazerbation v. Symptom. eines hereditären u. erworb. Angioödems. Verschreibungspflichtig. Warnhinweis: Enthält Lactose Zul.-Inhaber: Exeltis Germany GmbH, Adalperostr. 84, 85737 Ismaning. Stand d. Information: Sept. 2024
Der Autor
Prof. Dr. med. Thomas Römer
Chefarzt der Frauenklinik in Köln-Weyertal
Herausgeber des Journals DER PRIVATARZT GYNÄKOLOGIE
Impressum
Bericht: Prof. Dr. med. Thomas Römer I Redaktion und Konzept: Dr. rer. nat. Reinhard Merz
MiM Verlagsgesellschaft mbH (Neu-Isenburg)
Mit freundlicher Unterstützung der Exeltis Germany GmbH (Ismaning)
Bildnachweis: privat