- Anzeige -
Dermatologie

Sexuell übertragbare Infektionen

Neues zur Prävention bakterieller STI

Angelika Bauer-Delto

28.2.2024

Aufklärung allein verhindert sexuell übertragbare Infektionen nicht. Weitere Ansätze der Prävention sind gefragt. Intensiv diskutiert wird eine antibiotische Post-Expositions-Prophylaxe zur Vorbeugung von Gonorrhoe, Chlamydien-Infektionen und Syphilis – und eine Gonokokken-Kreuzprotektion durch Meningokokken-Impfung

Bislang stehen gegen die bakteriellen sexuell übertragbaren Infektionen (STI) Gonorrhoe, Chlamydien-Infektion und Syphilis keine Impfungen zur Verfügung. Immer wieder gibt es jedoch Hinweise, dass die Meningokokken-B-Impfung (4CMenB) durch Kreuzprotektion auch vor einer Gonorrhoe schützen könnte, berichtete Prof. Dr. med. Mario Fabri (Köln).

Gonokokken-Impfung möglich?

In Südaustralien, wo Impfungen generell sehr gut angenommen werden, wurde 3 Jahre nach Einführung eines 4CMenB-Impfprogramms für Säuglinge, Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene die Impfstoff-Effektivität gegen invasive Meningokokken-B-Infektionen sowie gegen Gonorrhoe untersucht [1]. Neben einer guten Wirksamkeit gegen Meningokokken B ergab sich auch eine mäßige Effektivität bezüglich der Gonorrhoe: Die Wirksamkeit gegen Gonokokken lag initial bei 33,2 % und sank nach 36 Monaten auf 23,2 %. Bei Chlamydien-­Koinfizierten, bei denen von einem risikoreicheren Sexualverhalten ausgegangen werden kann, lag die Wirksamkeit mit 44,7 % etwas höher.

Dies zeige, dass eine Impfung gegen Gonokokken grundsätzlich möglich sei, so Fabri. Aktuell laufen auch in Deutschland bereits Studien zu Impfstoffen gegen Gonokokken.

Hot Topic: antibiotische Post-Expositions-­Prophylaxe?

Ein viel diskutiertes „Hot Topic“ im Bereich der STI sei derzeit die Post-Expositions-Prophylaxe (PEP) mit Antibiotika gegen Gonorrhoe, Chlamydien-Infektionen und Syphilis, berichtete Fabri. Dabei erfolge die Gabe von Antibiotika nach ungeschütztem Sex, ohne dass bekannt sei, ob bei der Kontaktperson eine bestätigte STI vorliege. Diese Strategie sei zu unterscheiden von der Mitbehandlung von Partnerinnen und Partnern nach ungeschütztem Sex mit nachweislich Erkrankten. In einer aktuellen, offenen, randomisierten Studie wurde der Effekt einer antibiotischen Post-­Expositions-Prophylaxe in einer Risikopopulation untersucht [2]. Eingeschlossen waren Männer sowie Trans-Frauen, die Sex mit Männern haben und die entweder eine Prä-Expositions-Prophylaxe gegen HIV erhielten (HIV-PrEP-Gruppe) oder mit einer HIV-Infektion lebten (People Living with HIV, PLWH-Gruppe) sowie im vergangenen Jahr an Gonokokken, Chlamydien oder Syphilis erkrankt waren. Die Teilnehmenden erhielten innerhalb von 72 Stunden nach kondomlosem Sex randomisiert Doxycyclin oder keine antibiotische Prophylaxe. Es wurden vierteljährlich STI-Tests durchgeführt. Primärer Endpunkt war das Auftreten mindestens einer STI. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer hatten durchschnittlich 4, aber bis zu 10 ungeschützte sexuelle Kontakte pro Monat, die somit sehr häufige Antibiotika-Einnahmen zur Folge hatten, erläuterte Fabri.

Antibiotische PEP – Risiko und Nutzen müssen abgewogen werden.

Es konnte gezeigt werden, dass die antibiotische Post-Expositions-Prophylaxe zu einer deutlichen Reduktion des Auftretens bakterieller STI führte: In der Gruppe, die eine PEP erhalten hatte, betrug im Vergleich zur Kontrollgruppe das relative Risiko für eine Chlamydien-Infektion 0,12 (in der HIV-PrEP-Kohorte) bzw. 0,26 (in der PLWH-Gruppe) und für die Syphilis 0,13 bzw. 0,23. Das relative Risiko für eine Gonorrhoe nach PEP lag mit 0,45 bzw. 0,43 höher – dies sei möglicherweise darin begründet, dass rund die Hälfte aller Gonokokken-Stämme gegen Doxycyclin resistent ist, erklärte Fabri.

Risiken für Resistenzen

Die Daten bestätigen, dass die antibiotische Post-Expositions-Prophylaxe wirkt. Sehr kritisch zu diskutieren seien allerdings mögliche negative Aus­wirkungen auf das Mikrobiom sowie Resi­stenz­entwicklungen von STI- und anderen Erregern und Kommensalen, räumte Fabri ein. Die Sorge sei berechtigt, dass die häufige prophylaktische Gabe von Doxycyclin auch andere Resistenzen fördern könnte. Denn Tetrazyklin-Resistenz-assoziierte Mutationen werden oft gemeinsam mit ­Resistenzen gegen Ceftriaxon selektioniert [3,4]. Ceftriaxon wird aktuell als Standard­medi­kament zur Behandlung der Gonorrhoe eingesetzt, ­gegebenenfalls in Kombination mit ­Azithromycin.

Doxy-PEP nur in ausgewählten Einzelfällen

Die Deutsche STI-Gesellschaft hat sich in einer Stellungnahme ausführlich mit der Doxycyclin-Post-Expositions-Prophylaxe (Doxy-PEP) auseinandergesetzt [5]. Demnach kann die Doxy-PEP im Einzelfall erwogen werden und sollte in der Gabe von 200 mg oralem Doxycyclin einmalig innerhalb von 24 Stunden nach dem ungeschützten Sexualverkehr bestehen. Die Doxy-PEP sollte jedoch unbedingt ausgewählten Personen vorbehalten bleiben. Notwendige Kriterien sind, dass es sich um MSM oder Trans-Frauen handelt, die Sex mit Männern haben, und dass sie gleichzeitig eine HIV-PrEP erhalten oder mit einer HIV-Infektion leben. Darüber hinaus sollte für eine Verordnung mindestens ein zusätzlicher Risikofaktor vorliegen, beispielsweise rezidivierende Syphilis-Infektionen, mehrere andere bakterielle STI in den vergangenen 6 Monaten, Sex mit mindestens 10 männlichen Partnern innerhalb der vergangenen 6 Monate, Stimulanziengebrauch und Sex in Gruppen oder Sex mit multiplen Partnern innerhalb eines kurzen Zeitfensters. Dabei ist zu beachten, dass die Doxy-PEP off-label erfolgt.

Weitere Forschung nötig

Häufige prophylaktische Gaben von Antibiotika gehen nicht nur mit Risiken für die Behandelten einher. Resistenzentwicklungen können die gesamte Bevölkerung gefährden, betonte Fabri. Zu hinterfragen sei, ob die PEP und die damit verbundene Reduktion von STI, die teilweise prolongierter und aggressiver behandelt werden müssen, möglicherweise sogar einen Benefit bezüglich Resistenzentwicklungen und Mikrobiom bieten. Intensive Forschung auf diesem Gebiet sei nötig.

1 Wang B et al., J Infect 2023; 87: 95–102
2 Luetkemeyer AF et al., N Eng J Med 2023; 388: 1296–306
3 Vanbaelen T et al., Sex Transm Dis 2023; 50: 490–3
4 Whiley DM et al., Lancet Infect Dis 2023; 23: e268–9
5 https://www.dstig.de/wp-content/uploads/2023/07/Stellungnahme_STI-Prophylaxe.pdf

Vortrag „STI und virale Erkrankungen” von Prof. Dr. med. Mario Fabri anlässlich des 17. Derma-Updates, Mainz, November 2023

Lesen Sie mehr und loggen Sie sich jetzt mit Ihrem DocCheck-Daten ein.
Der weitere Inhalt ist Fachkreisen vorbehalten. Bitte authentifizieren Sie sich mittels DocCheck.
- Anzeige -

Das könnte Sie auch interessieren

123-nicht-eingeloggt