Nach dem Motto „Passagen zum Himmel und zur Hölle bucht man im selben Reisebüro” (Upton Beall Sinclair, 1878–1968) sollen in einer mehrteiligen Serie auf Reisen erworbene Hauterkrankungen vorgestellt werden, mit deren Behandlung Hausärzte und -ärztinnen konfrontiert werden. Im ersten Teil: Der Mittelmeerraum.
Der Mittelmeerraum zählt zu den beliebtesten und häufigsten Urlaubszielen der Deutschen. Ganzjährig ist man in 3 Flugstunden an den schönsten Stränden und in den beliebtesten Städten. Bei aller Urlaubsfreude werden zumeist die potenziellen, insbesondere erregerbedingten Gefahren ausgeblendet. Vor allem die Haut – als Grenzorgan zur mikrobiellen Umwelt – ist gegenüber Infektionen durch Bakterien, Viren und Pilze sowie Infestationen durch Parasiten exponiert. Die folgenden kasuistischen Fallbeispiele können Ratgeber bei dermatologischen Reisemitbringseln aus mediterranen Ländern sein.
Fall 1 – Ekzem oder ...?
Die 28-jährige Chefsekretärin war von einem mehrwöchigen Urlaub in Italien zurückgekehrt. Wegen entzündlich-schuppender Herde hatte sie schon dort ärztliche Hilfe erhalten. Unter Ekzemverdacht war eine lokale Cortisonbehandlung durchgeführt worden. Dies hatte zum Abblassen, nicht jedoch zur Abheilung der weiter größenprogredienten und teils zur Umgebung heller erscheinenden Herde geführt (Abb. 1 c). Auf Nachfrage gab sie an, im Urlaub engen direkten Hautkontakt zu streunenden Katzen gehabt zu haben. In der Kindheit und Jugend hatte die Patientin unter atopischer Dermatitis gelitten. Bei der Untersuchung der Haut fanden sich an Rücken und Schultern mehrere solitäre, bis handflächengroße, runde, randbetonte, gering entzündliche Läsionen mit teils knospenartigem Abschnüren von Satelliten (Abb. 1 a, b).
Es wurde die Verdachtsdiagnose einer Mikrosporie (Volksmund: „Katzenpilz“) gestellt, die im Verlauf anhand von Pilzkultur und differenzierender Mikroskopie durch Nachweis von Microsporum canis in Hautspänen aus dem entzündlichen Randbereich der Plaques verifiziert werden konnte. Die unter Ekzemverdacht zuvor durchgeführte monosteroidale Lokaltherapie hatte die Symptomatik larviert. Die zentrale Hypopigmentierung im Sinne eines Pseudoleukoderms ist charakteristisch für entzündliche Hautläsionen bei Menschen mit atopischer Diathese, wie es im vorliegenden Fall zutraf.
Bereits vor Eintreffen der mykologischen Diagnostikergebnisse wurde eine Therapie mit dem Breitspektrumantimykotikum Miconazol in Fixkombination mit dem potenten Klasse-II-Steroid Flupredniden eingeleitet. Da Miconazol auch gegen grampositive Bakterien wirkt, kann es insbesondere in der initialen kalkulierten Behandlung noch vor Eintreffen der Befunde sinnvoll und effektiv eingesetzt werden. Es wirkt nicht nur bei der Dermatophytose wie im vorliegenden Fall, sondern deckt auch ekzematisierte grampositive Pyodermien und bakteriell superinfizierte Ekzeme ab. Entsprechend des sehr guten Abheilungsverlaufes und auch des Wunsches der Patientin wurde auf eine systemische Behandlung mit Itraconazol verzichtet und die Behandlung nach 10 Tagen auf eine Monotherapie mit Miconazol über weitere 2 Wochen umgestellt. Darunter konnte eine klinische wie auch mykologische Restitutio ad integrum erzielt werden.
Diskussion
Von verschiedenen Begleitfaktoren unterstützt, erleben zoophile Dermatomykosen in Deutschland seit einigen Jahren eine epidemiologische Renaissance. Dabei stellte anfänglich der zunehmende Tourismus in mediterrane Endemiegebiete Westeuropas die wichtigste Infektionsquelle dar, inzwischen erlangen aber auch einheimische Erregerreservoire zunehmend Bedeutung. Die Synonyme „Katzenpilz“, „Meerschweinchenpilz“ und „Kälberflechte“ nennen die typische Konstellation der Hautinfektionen.
Die Mikrosporie durch Microsporum canis ist eine hochkontagiöse Infektionskrankheit, die bevorzugt Klein- und Schulkinder betrifft (Abb. 2). Wie der vorliegende Fall zeigt, können aber auch Erwachsene infiziert werden. Wichtigster Überträger sind streunende Katzen, die gerade in Urlaubsgebieten gern gestreichelt werden. Der typische Befund sind runde entzündliche Plaques mit Randbetonung (Abb. 2 b).
Fall 2 – Vom Pickel zum krustigen Knoten
Die 53-jährige Rechtsanwaltsgehilfin hatte während eines Urlaubsaufenthaltes in Spanien einen kleinen roten „Pickel“ am linken Ellenbogen bemerkt, wohl ein Stich der in dieser Zeit dort zahlreichen Mücken. In den nachfolgenden 8 Wochen hatte sich daraus langsam progredient eine größere krustig-entzündliche Hautläsion entwickelt – beunruhigend, obschon subjektiv symptomlos. Klinisch fand sich in Projektion auf den linken Ellenbogen eine etwa handtellergroße, entzündlich-krustige Plaque (Abb. 3). Laborchemisch zeigten sich ein CRP von 7 mg/l und Leukozyten mit 10 × 103/μl sowie grenzwertig erhöhte Transaminasen. Das übrige Routinelabor einschließlich der Nierenwerte war unauffällig. Mikrobiologisch konnten im Hautgeschabsel keine Pilze nachgewiesen werden, im Abstrich fand sich mäßig viel Staphylococcus aureus, sonst eine apathogene Hautflora. Die Hautbiopsie ergab histopathologisch in der Giemsa-Färbung den Aspekt zahlreicher Kinetoplasten, ohne Anhalt für Malignität. Es wurde der Verdacht auf eine Leishmaniose gestellt, der sich in der Leishmania-Genus-PCR aus dem Hautbiopsat durch Nachweis von Leishmania major bestätigen ließ. Die Therapieoptionen bei kutaner Leishmaniose sind Kryotherapie, Exzision kleinerer Herde oder aber – wie auch im vorliegenden Fall durchgeführt – die mehrfache lokale Umspritzung mit Natriumstibogluconat, einem Antimonpräparat. Wichtig ist prinzipiell die Entnahme von Hautgewebe zur PCR-Diagnostik, insbesondere für den Ausschluss der lebensbedrohlichen Leishmania-Spezies.
Diskussion
Die im vorliegenden Fall nachgewiesene kutane Leishmaniose (Synonyme: Orientbeule, Aleppobeule, Bagdadbeule) ist die typische Reise-Leishmaniose. Sie wird zumeist durch Leishmania (L.) tropica oder L. major, gelegentlich auch durch L. infantum oder L. aethiopica hervorgerufen. Der Fall zeigt den typischen Verlauf einer juckenden Papel am Einstichort mit langsam progredienter Entwicklung eines großen, ulzerierten, hyperkeratotischen Knotens über den Verlauf von Wochen. Die hyperplastische Knotenbildung ist das Ergebnis eines frustranen Versuchs der Makrophagen, die intrazellulären Leishmanien abzutöten.
Natürliches Reservoir der verschiedenen Arten des Protozoons Leishmania sind Hunde, Schafe und andere Wirbeltiere. Da der Mensch nur Zufallswirt ist und nur ein Teil des Entwicklungszyklus sich im menschlichen Gewebe abspielt, kommt es bei stabiler Immunitätslage zur Spontanheilung. Dies kann allerdings Monate bis Jahre dauern und hinterlässt kosmetisch ungünstige atrophe, hyperpigmentierte Narben. Zudem kommt es immer wieder zur Superinfektion mit bakteriellen Keimgemischen, wie sich auch hier im Abstrich zeigen ließ. Prädilektionsstellen sind unbedeckte Körperregionen wie Gesicht, Nacken, Arme oder Beine.
Die lokalisierte kutane Leishmaniose gilt als die typische Leishmaniose der „Alten Welt“ nach Kolumbus und wird zumeist aus dem Mittelmeerraum, dem Nahen und dem Mittleren Osten oder dem Sahara-Hochland mitgebracht („Reise-Leishmaniose“). Weitere Formen der Leishmaniose sind zum einen die gefürchtete und unbehandelt letale viszerale Leishmaniose („Kala Azar“: der schwarze Tod) mit Affinität zum retikuloendothelialen System durch L.-donovani-Komplex, die eher in Zentralafrika und auf dem indischen Subkontinent auftritt. Zum anderen die mukokutane Leishmaniose mit Befall der Schleimhäute des Mund-Rachen-Raums, aber auch des Genitalbereichs, die oft zu schweren Mutilationen insbesondere im Gesichtsbereich führt und überwiegend im südlichen Nordamerika und in Südamerika auftritt („Neue Welt“ nach Kolumbus).
Der Mittelmeerraum – nicht nur beim Menschen beliebter Aufenthaltsort
Der „Katzenpilz“ und die Leishmaniose zählen zu den häufigen und typischen mediterranen Reisedermatosen. Microsporum canis tritt weltweit auf, ist aber insbesondere in den beliebten Urlaubsländern wie Griechenland, Italien oder Spanien weitverbreitet, insbesondere in den Großstädten. So wird beispielsweise die Zahl der in und um Athen lebenden herrenlosen Streuner auf eine Viertelmillion geschätzt und 90 % dieser Katzen tragen den hochkontagiösen Dermatophyten. Schon lockerer Kontakt reicht zur Ansteckung, die, wenn einmal manifestiert, wie ein Schneeballsystem auch von Mensch zu Mensch weitergegeben werden kann. Der Rat ist klar: Hände weg von herrenlosen Katzen, seien sie auch noch so possierlich.
Bei initialer Infektion reicht zumeist die Lokaltherapie aus. Mit der Kombination aus Flupredniden und Miconazol beispielsweise kann nicht nur effektiv antimykotisch und antiinflammatorisch therapiert werden, sondern es werden aufgrund der hohen Wirksamkeit gegen grampositive Bakterien im Sinne eines polypragmatischen Therapieansatzes gleichzeitig andere allgemein auf Reisen erworbene infizierte Ekzeme und ekzematisierte Infektionen lege artis therapiert. In fortgeschritteneren Fällen, insbesondere aber immer bei der Tinea capitis microsporica, ist eine zusätzliche Systemtherapie mit einem Azolantimykotikum erforderlich.
Die kutane Leishmaniose ist eine typische „Mittelmeer“-Urlaubsdermatose, insbesondere viele Hunde in mediterranen Regionen sind infiziert – in Spanien z. B. mehr als die Hälfte aller Stadthunde. Eine Impfung dagegen gibt es bislang nicht. Zur Infektion kommt es ausschließlich durch den Stich der Sandmücke, daher sind gute Mückenschutzmittel, Kleidung mit langen Ärmeln und ggf. imprägnierte Moskitonetze im Schlafbereich die wichtigsten und effektivsten präventiven Maßnahmen. Auch abendliches Duschen hilft, da dann die im Hautschweiß enthaltenen Pheromon-Lockstoffe reduziert sind. Da die Phlebotomen nicht höher als 3 m fliegen können, sind die oberen Hotelstockwerke diesbezüglich sicher. Die kutane Leishmaniose heilt zumeist spontan, allerdings langwierig und narbenträchtig ab. Daher sollte rechtzeitig und aktiv behandelt werden. Progrendiente juckende Knoten an der Mückenstichstelle mit hyperkeratotischer Umwandlung sollten daher stets an die Leishmaniose denken lassen.
Auch Spinnenbisse können insbesondere den südlich-mediterranen Urlaub trüben. So kann der Biss der xerophilen Mediterranen Schwarzen Witwe (Latrodectus tredecimguttatus) erhebliche Schmerzen und Systemreaktionen verursachen und bei vorerkrankten Menschen und Kleinkindern sogar letal enden. Die mit einem Leibesumfang von 15 mm größte Kugelspinne Europas hat einen schwarzen Leib mit 3 leuchtend roten Punkten. Sie kreiert große Fangnetze. Die Namensgebung ist treffend, da das Männchen nach der Paarung unmittelbar dem Weibchen zum Opfer fällt. Textile Prävention (z. B. festes Schuhwerk) schützt. Im Falle eines Bisses sollte ärztlicher Rat eingeholt werden.
Wie überall auf der Welt kann es natürlich auch in mediterranen Hotels Wanzenbefall geben und die Arthropoden können sich im Gepäck des Urlaubers auch dessen Heimreise anschließen.
Der Autor
Dr. med. Viktor Alexander Czaika
Facharzt für Dermatologie,
Venerologie und Innere Medizin
12439 Berlin
Literatur beim Autor