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Recht

Zugangskontrolle

VideoÜberwachung: Was erlaubt der Datenschutz?

Alexandra Scheuplein

Die Zugangskontrolle zu den Praxisräumen kann ein heikles Thema sein, denn nicht immer kann das Praxispersonal alles im Blick haben. Die Videoüberwachung wird gerne verwendet, doch ist das überhaupt legal? Dieser Beitrag beleuchtet den Interessenkonflikt von Sicherheit und Datenschutz.

Es heißt nicht zuletzt in den Richtlinien des EU-Data-Protection-Board 2019: „Data protection implications are massive“. De facto können diese Technologien die Möglichkeit der anonymen Nutzung von Diensten einschränken, worunter auch Arztpraxen fallen. Nicht umsonst verlassen sich Patienten in diesen Räumen auf die Schweigepflicht.

Ein Fallbeispiel

Die Praxis von Zahnärztin Z befand sich in einem ­Gebäude zusammen mit anderen Arztpraxen und einer Tagesklinik für Psychiatrie. Die Zahnärztin Z machte von der Videoüberwachung in ihrer Praxis Gebrauch. Der überwachte Bereich umfasste die Umgebung hinter dem Empfangstresen sowie die Berei­che, in denen sich die Besucher nach ungehindertem Betreten der Praxis aufhalten (vor dem Empfangstre­sen, Flur zwischen Eingangstür und Tresen, ein kleiner Teil des davon abgehenden Wartebereichs). Als Z die Anordnung erhielt, die Kamera ab sofort so auszurichten, dass diese gerade die öffentlich zugänglichen Bereiche nicht mehr erfasst, sah sie die Gewährleistung der Sicherheit in ihrer Zahnarzt­praxis gefährdet. Z fühlte sich dazu gezwungen, rechtlich gegen die ihr auferlegte datenschutzrecht­liche Anordnung vorzugehen.

Dass ihre Klage vom Verwaltungsgericht Potsdam über das Oberverwaltungsgericht Berlin bis hin zum Bundesverwaltungsgericht gelangte, zeigt nicht nur, wie wichtig das Anliegen von Z für sie selbst war, sondern auch, welch große Bedeutung die aufgeworfene Rechtsfrage für die Justiz erlangte. Es handelt sich hierbei um die erste Entscheidung deutscher Gerichte, die sich dezidiert mit der erst seit 2018 anwendbaren Datenschutz-Grundverordnung auseinandersetzt. Am Ende wird klar: Die Datenschutz­interessen der Besucher der Praxis wiegen höher als die von der Klägerin vorgebrachten Gründe für die Videoüberwachung.

Datenschutz überwiegt

Z berief sich ursprünglich auf die Erforderlichkeit der Überwachung durch ein „Kamera-Monitor-­System“ (bei welchem die von einer Kamera aufgezeichneten Bilder in Echtzeit an Monitore in den Behandlungszimmern gesendet werden) aus ­Sicher­heits- und Kosten­gründen und betonte sogleich, dass die Beein­­trächtigungen der Besucher hierbei nicht übermäßig ins Gewicht fielen, nutzte sie doch nicht die Speicherungsfunktion dieser Datenverarbeitungsanlage. Dass Z dies unzutreffend eingeschätzt hatte, wird gleich deutlich: Genau wie der Europäische Gerichtshof, betont auch der Bundesgesetzgeber das hohe Schutzniveau, welchem zugunsten der Betroffenen Rechnung zu tragen ist. Potenzielle verhaltens­lenkende Wirkungen der Videotechnik treten ­bereits ohne Aufzeichnung der Bilder ein, zumal die Betroffenen häufig gar nicht wissen, dass sie gerade beobachtet werden. Auch die Hinweisschilder auf der Außenseite der Eingangstür und am Tresen der Zahnarztpraxis mit der Aufschrift „Videoüberwachung“ sind hier nicht ausreichend, so muss die rechtswirksame Einwilligung der Praxisbesucher doch auf einer freiwilligen Entscheidung beruhen, welche nicht in dem einfachen Betreten der Praxis, mit der Absicht eine notwendige Behandlung zu erhalten, gesehen werden kann. Grundsätzlich bedarf eine solche Einwilligung nämlich der Schriftform und vor allem dem Hinweis auf den Zweck der Maßnahme.

Unzulässige Videoüberwachung

Als Privatperson wäre Z nur unter bestimmten Voraussetzungen zur Videoüberwachung in den von ihr durch das Fehlen einer Einlasskontrolle und das Möglichmachen des ungehinderten Betretens ihrer Praxisräume als öffentlich zugänglich ­deklarierten Räumen berechtigt: Die Beobachtung müsste zur Wahrnehmung des Hausrechts oder für berechtigte Interessen eines konkret festgelegten Zwecks erforderlich sein. Eine solche Interessenabwägung ­erübrigte sich hier allerdings, da die Gründe von Z nicht zur Einschränkung des informationellen Selbstbe­stimmungsrechts der Betroffenen genügt hätten. Auch das Hausrecht („Mittel, das den an einem Raum Berechtigten in Lage versetzte, darüber zu bestimmten, ob und zu welchem Zweck eine ­andere Person den Raum betreten und sich darin aufhalten dürfe“) berechtigt zwar, einer Person „die Tür zu weisen“, jedoch nicht zur beliebigen Durchführung einer Videoüberwachung.

FAZIT:

Für Zahnärztin Z wurden hier einige schonendere Maßnahmen als deutlich verhältnismäßiger erachtet. Die wohl schlichteste Möglichkeit wäre nun gewesen, die Widmung der öffentlichen Zugänglichkeit der Praxisräume durch das Verschließen der Eingangstür aufzuheben. Eine über das allgemeine Lebensrisiko hinausgehende Gefahrenlage sei unbegründet und Wert- wie auch Betäubungsmittel könnten in einem ab­schließbaren Schrank aufbewahrt werden. Da Z auch keinerlei prüfbare Angaben gemacht hatte, welche den Vorteil der Videoüberwachung zur Einsparung von Betriebskosten rechtfertigen würden, konnte diese sich schlussendlich auch nicht hierauf berufen. Eine entsprechende Grundlage ist auch für die Zukunft in der DSGVO verankert, wobei gleichzeitig deutlich wird, dass eine kontinuierliche Abwägung im Großen wie im Kleinen, im Öffentlichen wie im Privaten unerlässlich ist.

beck-online, BVerwG, Urteil vom 27.03.2019 – 6 C 2/18; Stand: 18.06.2020

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