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RECHT

Praxisvertretung

Den rechtlichen Rahmen beachten

Pia Nicklas

29.2.2024

In der Arztpraxis ist eine Vertretung aus rechtlicher Sicht nicht ganz unproblematisch. Einige Regelungen sind zwingend zu beachten. Bei Nichtbeachtung drohen erhebliche Konsequenzen: So kann u. a. das ärztliche Honorar gefährdet sein, außerdem kann es zu berufsrechtlichen Sanktionen und Haftungsrisiken kommen.

Auch die engagiertesten Ärzte und Ärztinnen ­benötigen mal eine Pause oder werden selbst krank. In diesen Fällen die Praxis einfach zuzuschließen, kommt für die Wenigsten infrage, doch bei der ­Vertretung gibt es einiges zu beachten.

Anforderungen an die Person des Vertreters

Nach § 32 Abs. 1 Satz 5 der Zulassungsverordnung für Vertragsärzte (Ärzte-ZV) kann die Vertretung nur übernommen werden, wenn die Voraussetzungen zur Eintragung im Arztregister (Approbation und ­erfolgreicher Abschluss einer Weiterbildung) erfüllt sind. Ein Arzt bzw. eine Ärztin darf sich nur durch einen Facharzt oder eine -ärztin desselben Fach­gebietes vertreten lassen (§ 20 Abs. 1 Satz 2 [Muster-]Berufsordnung für die in Deutschland tätigen Ärztinnen und Ärzte [MBO-Ä]). Leistungen, für die der vertretene Vertragsarzt oder die -ärztin eine spezielle Qualifikation benötigt, darf derjenige, der vertritt, nur dann erbringen, wenn er oder sie diese Qualifikation auch selbst besitzt (§ 14 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 des Bundesmantelvertrags-Ärzte [BMV-Ä]). Unerheblich ist, ob die Vertretung eine Vertragsarztzulassung hat oder privatärztlich tätig ist. Ebenso ist es möglich, dass die Vertretung von einer Klinik­ärztin oder einem -arzt übernommen wird.

Was muss bei Krankheit, Urlaub oder Elternzeit beachtet werden?

Anforderungen an den Vertretungsgrund

Jeder Arzt oder jede Ärztin muss gem. § 32 Abs. 1 Satz 1 Ärzte-ZV die Patientenversorgung im Sinne des Versorgungsvertrags persönlich erfüllen. Ausnahmen definiert § 32 Abs. 1 Satz 2 und 3 Ärzte-ZV. Ein Arzt oder eine Ärztin kann sich für Sprechstunden ohne Genehmigung nur aufgrund von Krankheit, Urlaub, einer ärztlichen Fortbildung oder Teilnahme an einer Wehrübung vertreten lassen.

Folgende Anforderungen werden an die einzelnen Vertretungsgründe gestellt:

Krankheit: Eine Krankheit liegt dann vor, wenn es sich um eine Arbeitsunfähigkeit handelt.

Urlaub: Um Urlaub handelt es sich bei einer Abwesenheit zu Erholungszwecken. Kein Urlaub ist demzufolge eine Abwesenheit, um einer Nebentätigkeit nachzugehen.

Wehrübung: Ärzte und Ärztinnen, die sich der Bundeswehr verpflichtet haben, müssen hin und wieder an Wehrübungen teilnehmen, zu denen sie persönlich erscheinen müssen.

Fortbildung: Hier sind ausschließlich berufsbezogene, ärztliche Fortbildungen gemeint, nicht jedoch Weiterbildungen, beispielsweise zum Erwerb einer Zusatzbezeichnung. Handelt es sich um eine Weiterbildung, ist die Genehmigung der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) notwendig.

Entbindung: Der Vertretungsgrund der Entbindung kann sowohl Ausfallzeiten vor als auch nach der Entbindung umfassen. Davon zu trennen ist jedoch die genehmigungspflichtige Beschäftigung einer Vertretung während der Elternzeit nach § 32 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 Ärzte-ZV, die sowohl von männlichen als auch von weiblichen Ärzten genommen werden kann.

Pflege eines nahen Angehörigen: Eine Vertretungszeit von bis zu 6 Monaten ist mit Genehmigung der KV möglich (§ 32 Abs. 2 Nr. 3 Ärzte-ZV).

Anforderungen an den Vertretungszeitraum

Dauert eine einzelne Vertretungsphase länger als eine Woche, ist zwar keine Genehmigung notwendig, allerdings muss die Vertretung der KV unter Benennung des zu vertretenden Arztes bzw. der Ärztin angezeigt werden (§ 17 Abs. 3 Satz 1 BMV-Ä). Diese Anzeige sollte in Textform, also beispielsweise per E-Mail, erfolgen. Dauert die Vertretung dagegen länger als 3 Monate innerhalb eines Kalenderjahres – die gesamten Vertretungszeiten werden hierbei zusammengerechnet –, ist vor Ablauf der genehmigungsfreien Vertretungszeit eine Genehmigung der KV zwingend notwendig (§ 32 Abs. 2 Ärzte-ZV). Andernfalls sind die Leistungen der Vertretung nicht abrechnungsfähig. Verstöße können den Tatbestand des Abrechnungsbetruges erfüllen. Lediglich eine Ärztin kann sich genehmigungsfrei bis zu einer Dauer von 12 Monaten (§ 32 Abs. 1 Satz 2 Ärzte ZV) vertreten lassen, wenn die Vertretung im unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang mit einer Entbindung steht.

Die Abrechnung bei der Vertretung

Es existieren 3 verschiedene Arten der Vertretung in einer Arztpraxis. Diese lassen sich unterteilen in:  

Persönliche („echte“) Vertretung: Wenn sich z. B. eine Ärztin von einem Kollegen vertreten lässt, liegt eine persönliche Vertretung vor. Dieser ist dann Vertreter im Sinne des Vertragsarztrechts nach § 32 Ärzte-ZV. Hier muss der Vertretende beim Ausstellen des Rezepts oder eRezepts seinen Namen als verordnender Arzt sowie die BSNR der Praxis angeben, in welcher er vertritt. Zusätzlich muss er in der Verordnung die LANR der Ärztin angeben, da er in deren Auftrag und Verantwortung handelt und auch über diese abgerechnet wird. Wenn er ein eRezept ausstellen möchte, verwendet der vertretende Arzt jedoch seinen eigenen elektronischen Heilberufsausweis (eHBA) für die Signatur.

Kollegiale Vertretung: Hiervon zu unterscheiden ist die „kollegiale Vertretung“ nach dem Berufsrecht (§ 20 MBO-Ä). Bei der kollegialen Vertretung schließt beispielsweise der zu vertretende Arzt seine eigene Praxis und informiert die Patienten und Patientinnen darüber, dass sie sich in der Zeit seiner Abwesenheit an eine andere Praxis wenden können, beispielsweise durch einen Aushang. Zudem muss die kollegiale Vertretung natürlich mit der anderen Praxis abgesprochen werden (§ 17 Abs. 3 Satz 2 und 3 BMV-Ä).

Lässt sich der abwesende Arzt aber im Zuge der kollegialen Vertretung vertreten, muss der Vertreter oder die Vertreterin für die Abrechnung die eigene LANR sowie die eigene BSNR verwenden. Dies gilt ebenfalls für das eRezept. Es muss allerdings nicht vermerkt werden, dass es sich um einen ­Vertretungsfall handelt. Vielmehr behandelt die Vertretung die Versicherten als eigene Patientinnen und Patienten.

Interne Vertretung: Keine „Vertretung“ im eigentlichen Sinne ist indes das Auffangen der Abwesenheit, z. B. eines Vertragsarztes bzw. einer Vertragsärztin durch den BAG-Partner oder einen angestellten Arzt bzw. eine Ärztin. Hierbei handelt es sich vielmehr um eine interne Vertretung. Auch hier müssen die Leistungen über die LANR desjenigen abgerechnet werden, der die Leistung am Ende erbringt.

Die Autorin

Pia Nicklas
Wirtschaftsjuristin
Juristische Texterstellung
und Textredaktion
90766 Fürth

info@recht-klartext.de

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