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Recht

Recht auf Homeoffice?

Flexibilität im Arbeitsalltag

Pia Nicklas

13.10.2025

Die Möglichkeit des Homeoffice ist in vielen Branchen mittlerweile gang und gäbe. Es gibt aber Berufsgruppen, bei denen das Arbeiten von zu Hause aus nicht immer möglich ist. Wie sieht es also bei Ärzten, Ärztinnen oder Medizinischen Fachangestellten aus? Gibt es hier ein Recht auf Homeoffice für Arbeitnehmende?

Für Arztpraxen gibt es allgemeine arbeitsrechtliche Fragestellungen, die alle aus dem Homeoffice Arbeitenden einer Praxis zu beachten haben. Zudem existieren spezielle Regelungen für Ärzte und Ärztinnen.

Anspruch auf Homeoffice

Grundsätzlich besteht kein Anspruch auf Homeoffice, da der Arbeitgeber im Zuge seines Direktionsrechts gem. § 106 GewO den Ort, an dem die Arbeit zu erbringen ist, bestimmen kann.

§ 106 Weisungsrecht des Arbeitgebers

„Der Arbeitgeber kann Inhalt, Ort und Zeit der Arbeitsleistung nach billigem Ermessen näher bestimmen, soweit diese Arbeitsbedingungen nicht durch den Arbeitsvertrag, Bestimmungen einer Betriebsvereinbarung, eines anwendbaren Tarifvertrags oder gesetzliche Vorschriften festgelegt sind. Dies gilt auch hinsichtlich der Ordnung und des Verhaltens der Arbeitnehmenden im Betrieb. Bei der Ausübung des Ermessens hat der Arbeitgeber auch auf Behinderungen des Arbeitnehmenden Rücksicht zu nehmen.“

Ein Beispiel aus der Praxis:

Die Medizinische Fachangestellte einer Augenklinik konnte wegen Multipler Sklerose nicht mehr vor Ort arbeiten. Deshalb verlangte sie, aus dem Homeoffice die Telefonzentrale betreuen zu dürfen, Termine zu koordinieren, Korrespondenz zu erledigen und Abrechnungen zu erstellen. Vor ihrer Erkrankung gehörten in erster Linie Arztassistenz, Patientenempfang sowie die Diagnostik zu ihren Aufgaben. Im Arbeitsvertrag war die Praxis als Arbeitsort vereinbart. Der Arbeitgeber lehnte den Wechsel ins Home­office ab. Das Landesarbeitsgericht Köln bestätigte in seinem Urteil vom 12.01.2022 (Az.: 3 Sa 540/21) das Urteil des Arbeitsgerichts. Beide Gerichte meinten, dass es keinen Anspruch auf Homeoffice gebe. Die Klinik sei nicht aufgrund einer etwaigen Rücksichtnahmepflicht dazu verpflichtet, dem Ortswechsel zuzustimmen. Zwar muss der Arbeitgeber die Tätigkeit anpassen, wenn ein Mitarbeiter seinen bisherigen Aufgaben krankheitsbedingt nicht mehr nachkommen kann. Dies gilt aber nur in den Grenzen des Arbeitsvertrags. Der Arbeitgeber muss keine neuen Bedingungen schaffen, die weit über die Vereinbarungen im Arbeitsvertrag hinausgehen.

Arbeitszeitregelungen im Homeoffice

Auch im Homeoffice gelten die gewohnten Arbeitszeitvorschriften. Praxismitarbeitende müssen somit ihre Arbeitszeiten erfassen sowie Pausen einhalten.

Datenschutz im Homeoffice

Auch Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Home­office müssen die Regelungen des Datenschutzes beachten und einen gesicherten Zugang verwenden. Zudem muss gewährleistet sein, dass Dritte – also alle im Haushalt lebenden oder anwesenden Personen – keine Einsicht oder gar Zugriff auf die Daten oder Passwörter haben. Dies gilt im Wesentlichen für die besonders sensiblen Patientendaten.

Technische und räumliche Mindest­anforderungen für das Homeoffice

In der Regel werden die technischen Arbeitsmittel für den Arbeitsplatz im Homeoffice (z. B. Laptop, PC, Bildschirm, Tastatur, Maus, Telefon, Schreibtisch, Stuhl, Lampe) vom Praxisinhaber kostenlos zur Verfügung gestellt. Gleichzeitig sollte an dieser Stelle geklärt werden, ob die zur Verfügung gestellten Arbeitsmittel auch für private Zwecke benutzt werden dürfen. Mit Blick auf den Datenschutz ist jedoch eine rein praxisbezogene Nutzung zu empfehlen.

Beendigung des Homeoffice

Ob der Arbeitgeber das Homeoffice einseitig beenden kann, hängt vom Inhalt der Vereinbarung und von der Reichweite des Weisungsrechts ab. Das Arbeiten im Homeoffice kann dann beendet werden, wenn Pflichtverletzungen vorliegen, die auch zu einer außerordentlichen Kündigung berechtigen würden. Ist z. B. ein Mitarbeiter nie erreichbar, hält seine Arbeitszeiten nicht ein oder verstößt gegen datenschutzrechtliche Bestimmungen, kann der Arbeitgeber das Arbeiten aus dem Homeoffice einseitig beenden. Doch auch, wenn keine Pflichtverletzungen vorliegen, empfiehlt es sich, eine Regelung in der Homeoffice-Vereinbarung aufzunehmen, wonach beide Seiten das Arbeiten aus dem Homeoffice mit einer bestimmten Ankündigungsfrist ohne Angabe von Gründen beenden können.

Homeoffice bei Ärzten und Ärztinnen

Neben den allgemeinen Regelungen, die alle Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen betreffen, gelten für im Homeoffice arbeitende Ärzte bzw. Ärtzinnen besondere Regelungen. Auch Ärzte können etliche Arbeiten von zu Hause aus erbringen, solange eine persönliche Interaktion oder Kommunikation mit Patienten nicht erforderlich ist. So können Videosprechstunden, Auswertungen und Befundungen, das Verfassen von Arztbriefen, das Erstellen von ­Abrechnungen, das Terminmanagement sowie andere Praxismanagement-Aufgaben von zu Hause aus erledigt werden. Rechtlich besonders interessant ist hier die Thematik der „Videosprechstunde“.

Digital-Gesetz (DigiG)

Durch das Digital-Gesetz (DigiG), das am 26.03.2024 in Kraft getreten ist, wurde die bisherige Bindung der ärztlichen Tätigkeit und damit auch der Videosprechstunden an den Vertragsarztsitz aufgehoben. Das ermöglicht niedergelassenen Ärztinnen und Ärzten, Videosprechstunden auch außerhalb der Praxis durchzuführen.

§ 24 Abs. 8 Ärzte-ZV

„Die vertragsärztliche Tätigkeit darf in Form von Videosprechstunden außerhalb des Vertragsarztsitzes erbracht werden, sofern der Vertragsarzt seiner Verpflichtung nach § 19a Abs. 1 Satz 2 und 3 am Ort des Vertragsarztsitzes nachkommt.“

Mindest-Sprechstundenzeiten

Gemäß § 19a Abs. 1 Satz 2 Ärzte-ZV müssen Vertragsärzte nämlich mindestens 25 Stunden wöchentlich in Form von Sprechstunden für gesetzlich Versicherte anbieten. Sofern kein voller Versorgungsauftrag ausgeübt wird, reduziert sich die Sprechstundenzeit anteilig.

Offene Sprechstunden

Ärzte bzw. Ärztinnen, die an der fachärztlichen Versorgung teilnehmen (§ 73 Abs. 1a Satz 2 SGB V) und den Arztgruppen der grundversorgenden und wohnortnahen Patientenversorgung angehören, müssen laut § 19a Abs. 1 Satz 3 Ärzte-ZV davon mindestens 5 Stunden wöchentlich als offene Sprechstunde ohne vorherige Terminvereinbarung anbieten. Diese Regelungen stellen sicher, dass trotz der erweiterten Möglichkeiten für Homeoffice und Videosprechstunden eine ausreichende Präsenz und Erreichbarkeit der Ärzte und Ärztinnen gewährleistet ist.

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