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Okzipitalnerven-Stimulation reduziert chronische Cluster-Kopfschmerzen

Die wohl schlimmste chronische Schmerzerkrankung ist der Cluster-Kopfschmerz (Bing-Horton-Neuralgie), der im englischen Sprachraum nicht umsonst „Suicide Headache“ heißt. Die Erkrankung ist nicht heilbar, ihre Behandlung (akute Anfälle, Vorbeugung) ist herausfordernd und oft erfolglos. Eine jetzt in „Lancet Neurology“ publizierte Studie zeigt, dass für Patienten mit medikamentenresistentem chronischem Cluster-Kopfschmerz (medically intractable chronic cluster headache, MICCH) die Okzipitalnerven-Stimulation (ONS) eine vielversprechende Behandlungsalternative ist. Bei der Hälfte der Patienten konnte die Häufigkeit der Attacken mit der Elektrostimulation um mindestens 50% reduziert werden. Fast alle Betroffenen, die an der Studie teilgenommen haben, würden die ONS anderen Betroffenen weiterempfehlen, ungefähr drei Viertel davon sogar besonders nachdrücklich.
Bei der Okzipitalnerven-Stimulation wird ähnlich einem Herzschrittmacher ein kleiner elektrischer Impulsgeber unter die Haut implantiert, von dem aus dünne Elektroden zum Nacken, in Richtung der beiden Okzipitalnerven verlaufen. Die Stimulation löst Parästhesien aus (Kribbeln oder Taubheitsgefühl). Als Wirkmechanismus wird eine Modifikation der Schmerzsignale im Hirnstamm durch die elektrischen Signale angenommen. Bisherige Studien zur ONS waren unkontrolliert bzw. open-label und klein, die Basisdaten waren sehr heterogen und nicht alle primären Endpunkte waren für alle Patienten verfügbar. Die nun publizierte internationale, multizentrische Phase-III-Studie (Zentren in den Niederlanden, Belgien, Deutschland und Ungarn) hat erstmals randomisiert und doppelblind kontrolliert die klinische Wirksamkeit der ONS in einer großen, einheitlich definierten Population evaluiert (n=150 Patienten). Alle Patienten litten seit durchschnittlich sieben Jahren an den Kopfschmerzanfällen. Sie hatten mindestens viermal wöchentlich Attacken und auf mindestens drei Prophylaxe-Medikamente (u.a. Verapamil, Lithium, Methysergid, Topiramat, Gabapentin) nicht angesprochen (oder diese nicht vertragen/Kontraindikationen). Eine echte Placebo-Intervention gab es nicht, in der Vergleichsgruppe betrug die ONS-Intensität 30% von den 100% in der „Verumgruppe“. ONS verringerte hochsignifikant die Anfallsfrequenz (in der 100%-ONS-Gruppe von initial 17,6/Woche auf 9,8/Woche nach 21‒24 Anwendungswochen). Alle Nebenwirkungen waren verfahrensbedingt zu erwarten (örtliche Schmerzen, verzögerte Wundheilung, Nackensteifigkeit, Geräteschäden). Die Anwendung wurde insgesamt als sicher eingeschätzt und von den Patienten gut toleriert.
„Das Verfahren stellt eine mögliche Alternative für Patienten mit medikamentenresistentem Cluster-Kopfschmerz dar“, erklärt Prof. Dr. med. Peter Berlit (Essen), Generalsekretär der Deutschen Gesellschaft für Neurologie (DGN), in einer Pressemitteilung der DGN. „Dies ist auch unter dem Aspekt möglicher Nebenwirkungen der medikamentösen Therapie relevant. Die Erforschung von Stimulationstherapien bleibt ein Zukunftsfeld der neurologischen Forschung. Der Eingriff sollte aber nur in neurochirurgischen Kliniken erfolgen, die mit dieser Methode umfangreiche Erfahrung haben.“

Originalpublikation Wilbrink LA et al., Lancet Neurol 2021 Jul; 20(7): 515‒525, doi 10.1016/S1474-4422(21)00101-0, PMID 34146510

Pressemeldung: Deutsche Gesellschaft für Neurologie (DGN), Juli 2021

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