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Digitalisierung der Medizin: Kämpfen virtuelle Menschen bald gegen Patienten-Einsamkeit?

Einsamkeit ist ein wachsendes Problem mit erheblichen Gesundheitsauswirkungen, nicht zuletzt unter Pandemiebedingungen. Soziale Unterstützungsmaßnahmen verringern die Einsamkeit, selbst wenn sie durch Technologie bereitgestellt werden. „Digitale Menschen“ (digital humans, virtual humans) erscheinen einer neuseeländischen Arbeitsgruppe als vielsprechende „Kollegen“ zur Unterstützung bei der Patientenversorgung. Ihre Untersuchung zeigt, dass verstärkte Emotionalität bei computergenerierten Kunstmenschen positive Auswirkungen auf Einsamkeitsgefühle bei Studienteilnehmern hat.

„Digitale Menschen“ sind mithilfe von Künstlicher Intelligenz generierte Computeragenten, die mit Computernutzern interagieren können. Im Gegensatz zu bekannten Sprachbots der IT-Megaunternehmen (Siri, Google Now, Alexa) werden bei virtuellen Menschen auch teilweise sehr echt und lebendig wirkende Gesichts- oder Körperanimationen kreiert (Beispiel: sophie.digitalhumans.com, lebensechte Kunstmenschen: thispersondoesnotexist.com).

Die Studie aus Neuseeland sollte prüfen, wie der emotionale Ausdruck eines digitalen Menschen psychologische und physiologische Nutzerreaktionen beeinflusst und ob dabei das Geschlecht der Benutzer eine Rolle spielt. Hierzu wurde eine Community-Stichprobe von 198 Erwachsenen nach Geschlecht blockrandomisiert, um ein 15-minütiges Selbstauskunftsgespräch mit einem weiblichen digitalen Menschen unter einer von sechs Bedingungen durchzuführen. Dabei variierte der digitale Mensch in Bezug auf Modalitäten und emotionalen Ausdruck von Gesicht und Stimme (emotional, neutral oder kein Gesicht; emotionale oder neutrale Stimme). Erfasst wurden nach jeder Interaktion die aktuellen Gefühle von Einsamkeit, Nähe, sozialer Unterstützung, fürsorglicher Zuwendung oder Stress. Zudem wurden Herzfrequenz, Hauttemperatur und elektrodermale Aktivität (elektrischer Leitungswiderstand der Haut) während jeder Interaktion erfasst.

Es zeigte sich, dass ein verstärkt emotionaler Ausdruck in der Stimme mit einer stärkeren Wahrnehmung von Fürsorglichkeit und einer physiologischen Aktivierung („arousal“) während der Interaktion verbunden war und unerwarteterweise mit einem verringerten Gefühl der Unterstützung. Zudem gab es deutliche Geschlechtsunterschiede: Frauen reagierten mit Gefühlen von erhöhter Nähe und sozialer Unterstützung oder der Wahrnehmung von Fürsorglichkeit auf eine verstärkt emotionale Stimme, Männer hingegen reagierten entsprechend eher auf eine neutrale Stimme. Ein neutraler Gesichtsausdruck verringerte bei Frauen Einsamkeit und Stress, während bei Männern ein schwarzer Bildschirm ohne Gesicht diesen Effekt hatte. Die Autoren resümieren die Ergebnisse dieser ersten Studie ihrer Art nicht hinsichtlich der Nutzbarkeit von etwa sozialmedizinisch oder psychotherapeutisch einsetzbaren digitalen Menschen (wie es Joseph Weizenbaum schon 1996 mit dem Programm ELIZA ironisch antizipierte), sondern sehen ihre Arbeit als Baustein bei der Gestaltung zukünftiger, vermehrt emotional agierender virtueller Menschen zur Unterstützung von Personen und deren Optimierung auf gewünschte Funktionen.

Loveys K et al., J Med Internet Res 2021 Nov 25; 23(11): e30624, DOI 10.2196/30624, PMID 34842540

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