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COVID-19

Adipositas-Paradoxon bei Intensivpatienten?

14.6.2021

Die in den vergangenen Monaten oft vorgelegten statistischen Assoziationen zwischen Adipositas und COVID-19-Mortalität mögen überzeugend wirken (besonders, wenn sie eigene Vorurteile bestätigen), haben jedoch keinerlei Beweiskraft für einen kausal-pathogenetischen Zusammenhang.

Anders als die Ergebnisse einer gerade vorgestellten US-Studie, die bei 4.908 eingeschlossenen schwerkranken Intensivpatienten mit COVID-19 prüfte, ob Adipositas ein unabhängiger Risikofaktor für einen schweren klinischen Verlauf (einschließlich Tod) sowie sieben verschiedene inflammatorische und thrombotische Blutmarker ist [1]. Es zeigte sich, dass ein hoher Body-Mass-Index (BMI, ab 25 kg/m2) nicht mit erhöhtem Risiko für Tod oder Thrombosen respektive thrombotischen Komplikationen assoziiert ist, allerdings mit einem höheren Risiko von akutem Lungenversagen (ARDS) und akutem Nierenversagen mit Dialysebedarf (AKI-RRT). Es gab keine klinisch signifikante Assoziation zwischen BMI und Marker von Entzündung oder Thrombose. Aus Sicht der Autoren stellen die Ergebnisse das Paradigma infrage, dass Adipositas zu schlechten Verläufen bei kritisch kranken Patienten mit COVID-19 beiträgt, indem systemische entzündliche und prothrombotische Wege hochreguliert werden.

Ein ähnliches Thema, nämlich die Sterblichkeit bei 222 COVID-19-Intensivpatienten mit ARDS im Zusammenhang mit Übergewicht, untersuchte eine französische Gruppe. Die Gesamtmortalität im Krankenhaus betrug 20,3%. Patienten mit mäßiger Adipositas hatten eine geringere Sterblichkeitsrate (13,8%) als Patienten mit Normalgewicht, Übergewicht oder schwerer Adipositas (17,6%, 21,7% bzw. 50%; p=0,011). Die logistische Regression zeigte, dass Patienten mit einem BMI ≤29kg/m2 (Odds Ratio [OR] 3,64; 95%-KI 1,38‒9,60) und Personen mit einem BMI >39kg/m2 (OR 10,04; 95%-KI 2,45‒41,09) ein höheres Mortalitätsrisiko als Personen mit einem BMI von 29 bis 39 hatten [2]. Die französischen Autoren schlussfolgern, dass COVID-19-Intensivpatienten mit moderater Adipositas ein geringeres Sterberisiko als die anderen Patienten hatten, was auf ein mögliches Adipositas-Paradoxon hindeutet (ein verwirrender Befund, der aber auch bei anderen Indikationen beobachtet wird).

1 Friedman AN et al., Obesity (Silver Spring) 2021 Jun 9, DOI 10.1002/oby.23245 | PMID 34109768
2 Dana R et al., Int J Obes (Lond), 2021 Jun 10:1-10, DOI 10.1038/s41366-021-00872-9 | PMID 34112941

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