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Dermatologie

Neue S1-Leitlinie

Atypisches Fibroxanthom und pleomorphes dermales Sarkom

Prof. Dr. med. Selma Ugurel

2.3.2023

In Zusammenarbeit von ADO, DKG und DDG entstand unter Federführung von PD Dr. med. Doris Helbig (Köln) und PD Dr. med. Mirjana Ziemer (Leipzig) nun die erste S1-Leitlinie zum atypischen Fibroxanthom und pleomorphen dermalen Sarkom – beides seltene dermale Neoplasien.

In der WHO-Klassifikation von 2020 finden sich das atypische Fibroxanthom (AFX) und das pleomorphe dermale Sakrom (PDS) noch im Kapitel „Tumours of uncertain differentiation“. Inzwischen werden sie als Spektrum derselben Entität gesehen. Während das AFX sich auf die Dermis beschränkt, erfasst das PDS auch relevante Anteile der Subkutis und/oder weist nekrotische Tumoranteile und/oder eine perineurale Infiltration auf, so die Autoren der Leitlinie. Die Inzidenz ist bislang unklar. Betroffen sind vorwiegend Männer (M : F = 8 : 1) in der 7. bis 8. Lebensdekade – bei Immunsuppression auch früher.

Klinisch präsentieren sich AFX und PDS als unspezifische, haut- bis fleischfarbene, teils indurierte, häufig ulzerierte Knoten auf chronisch lichtexponierten Hautarealen (v. a. Kapillitium) – nicht selten umgeben von anderen UV-assoziierten Tumoren. Während AFX gut abgrenzbar sind, imponieren PDS häufig unscharf begrenzt mit aggressivem, infiltrativem Wachstum.

Diagnostik und Therapie

Die Dermatoskopie, konfokale Lasermikroskopie und optische Kohärenztomografie haben in der Dia­gnostik von AFX und PDS derzeit einen geringen Stellenwert, so die Autoren. Die Diagnosestellung erfolgt vielmehr als histologische Ausschlussdiagnose in der tiefen Spindelbiopsie. Morphologisch finden sich atypische spindelförmige und epitheloide Zellen mit pleomorphen, vesikulären oder hyperchromatischen Kernen sowie atypische mehrkernige Riesenzellen und häufig atypische Mitosen – bei AFX in der Dermis, bei PDS auch im subkutanen Fettgewebe, in Faszien und Muskeln. Aufgrund der unspezifischen Histologie ist zur Diagnosesicherung der Ausschluss anderer Tumoren (entdifferenzierte Plattenepithelkarzinome, Melanome, Gefäßtumoren, andere Sarkome) sowie von Retikulohistiozytomen und atypischen fibrösen Histiozytomen notwendig, der mittels immunhistochemischer Panele erfolgen sollte (Tab.).

Sowohl AFX als auch PDS weisen eine hohe Mutationslast auf. TP53-loss-of-function-Mutationen­­ ­finden sich bei allen AFX/PDS, häufig kommen auch Alterationen im CDKN2A/B-Gen vor. Ebenfalls ­häufig sind Mutationen in den Genen DNHD1, GNAS, RTN1, RTL1, ZBTB7A, NCKAP5L, FAM200A, NOTCH1/2, FAT1 sowie im Promoter TERT. Die Mehrzahl der PDS ­weisen zudem eine hohe Zahl an CD8+ tumorinfiltrierenden Lymphozyten auf und exprimieren Checkpoint-Moleküle wie PD-L1, TIGIT, LAG-3 und CTLA-4, was für eine adäquate antitumorale Immunantwort spricht.

Bei Verdacht auf / Nachweis einer Metastasierung sollte eine Lymphknoten-Sonografie erfolgen; die Schnittbildgebung empfiehlt sich bei unverschieblichen Tumoren oder Verdacht auf tiefe Infiltration.

Therapeutisches Ziel ist die vollständige Exzision des Tumors in kurativer Absicht, möglichst mit dreidimensionaler mikroskopischer Schnittrandkontrolle (AFX ohne größeren Sicherheitsabstand, PDS mit „weitem“ [bestenfalls 2 cm] Sicherheitsabstand). Bei Inoperabilität/unvollständiger Tumorexzision oder zu geringem Sicherheitsabstand kann eine adjuvante Strahlentherapie erwogen werden. Hinsichtlich einer medikamentösen Therapie bei inoperablem oder metastasiertem PDS sollte eine individuelle Therapieentscheidung erfolgen; erwogen werden kann ein Immuncheckpoint-Inhibitor (off-label).

Die klinische Nachsorge sollte in den ersten beiden Jahren beim AFX halbjährlich, beim PDS alle drei Monate erfolgen (inkl. Palpation und Sonografie der Lymphknoten); anschließend jährlich (AFX) bzw. halbjährlich (PDS) für mindestens weitere fünf Jahre. Die Schnittbildgebung sollte nur in besonderen Fällen zum Einsatz kommen.

Prognostisch sind AFX (Lokalrezidivrate 5 %; keine Metastasierung) günstiger als PDS (Lokalrezidivrate je nach Infiltration 5–28 %; Metastasierung lokoregionär 8,8–20 %; Fernmetastasen 4–10 %), limitierend sind auch R1- oder R0-Resektionen ohne Sicherheitsabstand.

Die Autorin

Prof. Dr. med. Selma Ugurel
Klinik für Dermatologie,
Venerologie und Allergologie
Universitätsklinikum Essen
45122 Essen

selma.ugurel@uk-essen.de

Helbig D et al., S1-Leitlinie Atypisches Fibroxanthom (AFX) und pleomorphes dermales Sarkom (PDS). AWMF-Reg.-Nr.: 032-057; 2022

Bildnachweis: privat

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