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Kongress-Ticker

Hohe Kosten für innovative Arzneimittel

Ist die Tumortherapie auch in Zukunft bezahlbar?

Barbara Hauter

4.8.2022

Soll es in der Onkologie zukünftig eine Kosten-Nutzen-Bewertung geben? Oder wie lassen sich die steigenden Kosten anders in den Griff bekommen? Prof. Josef Hecken, Vorsitzender des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA), hat zu diesen kontroversen Themen Stellung bezogen.

In der Gesundheitspolitik dürfe es keine Kosten-Nutzen-Bewertungen geben, „sonst wird der Teufel aus der Flasche gelassen“. Prof. Josef Hecken (Berlin) wetterte gegen eine „feige Politik“, die nicht klar sagt, woher das Geld für die zukünftigen Belastungen des Gesundheitssystems kommen soll. Etwa 7 % des Bruttoinlandproduktes werden für Gesundheit ausgegeben, zusammengesetzt aus Krankenkassenbeiträgen plus 28 Milliarden Euro Bundeszuschüsse pro Jahr, die Rücklagen der Kassen seien aber geplündert: „Wir versaufen das Tafelsilber!“

2020 lebten 16,2 Millionen über 67-Jährige in Deutschland, knapp über 50 Millionen waren potenziell Erwerbstätige über 20 Jahre. 2040 werden es aber 5 Millionen Rentner mehr und 6 Millionen Erwerbstätige weniger sein. Rentner produzieren 18 % der Beitragsmittel und konsumieren 65 % der Leistungsausgaben. Pro Tag gibt die GKV 750 Millionen Euro für Gesundheit aus, 281 Milliarden Covid-bedingt im vergangenen Jahr. Im nächsten Jahr werden 17 bis 22 Milliarden Euro Defizit erwartet. Rationierung sei aber keine Option. Heckens Forderungen: Es müsse ehrlich kommuniziert werden, dass die Krankenkassenbeiträge steigen müssen.

Ebenso sollten aber faire Preise generiert werden. Festbeträge und Rabattverträge führten dazu, die Wirkstoffe kostengünstig einzukaufen und verhinderten trotzdem keine Markteinführungen. Der Zugang zu neuen Wirkstoffklassen sei gesichert.

Onkologika sind seit mehreren Jahren die umsatzstärkste Arzneimittelgruppe in Deutschland (> Onkologie). Frappierend ist vor allem der Anstieg im vergangenen Jahrzehnt. 2014 waren unter den 30 umsatzstärksten patentgeschützten Arzneimitteln nur drei Onkologika mit Nettokosten zwischen 184 und 259 Mio. Euro je Arzneimittel. 2020 waren es bereits neun Onkologika. Sie sind inzwischen die mit weitem Abstand umsatzstärkste Arzneimittelgruppe mit 9,5 Mrd. Euro Nettokosten insgesamt. Onkologika machten nur 1,2 % der Verordnungen aus, aber 20,5 % der Ausgaben. Problem sei, dass keine ersetzenden Therapien entwickelt werden, sondern immer mehr Kombinationstherapien, die die Kosten potenzierten. Studien aus den USA und Europa sowie die Ergebnisse der seit 2011 in Deutschland durchgeführten frühen Nutzenbewertung von Onkologika zeigen, dass ein Zusammenhang zwischen deren klinischem Nutzen und den Behandlungskosten meist nicht besteht.

Prof. Hecken drängt zudem auf eine Krankenhausreform. Kleine Häuser mit wenig spezifischen Operationen sollten zugunsten von spezialisierten ­Zentren geschlossen werden. Konkret bedeutet das bei Brustkrebs: Die OP-Mindestmenge pro Jahr wird zunächst auf 50, dann auf 100 festgesetzt. Im ­Moment wird in 732 Häusern operiert, 180 davon mit weniger als 10 Eingriffen pro Jahr, 240 mit ­weniger als 20. „Das macht ökonomisch und qualitativ keinen Sinn. Größere Einheiten bringen mehr Qualität.“ Zentrumsbildung bringe zudem signifikante Überlebensvorteile.

Festvortrag Prof. Josef Hecken (Gemeinsamer Bundesausschuss, Berlin): Ist die Tumortherapie auch in Zukunft bezahlbar?

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