Viele ältere Menschen leiden unter Schmerzen, darunter auch neuropathische Schmerzen. Von Multimorbidität über Polypharmazie bis Sturzrisiko erfordert die Therapie besondere Aufmerksamkeit. Vorteile mit Blick auf gleichmäßigere Wirkstoffspiegel sowie eine vereinfachte Einnahme bieten retardierte Formulierungen.
Zusätzlich zu den meist mehreren Medikamenten, die Senioren ohnehin schon einnehmen, kommen häufig noch Medikamente gegen Schmerzen „on top“ dazu. Daher muss nach Aussage von Dr. med. Ulf Schutter (Marl) jede Indikation zur Notwendigkeit einer medikamentösen Versorgung gut überlegt sein. Grundsätzlich gelte das Prinzip „Start low, go slow, but go!”. Bei der Auswahl des Medikaments komme es auch auf die Galenik an. So sei von Opioiden etwa bekannt, dass koordinative Nebenwirkungen nicht nur vom Wirkstoff selbst, sondern auch von der Einnahmemodalität und der Retardierung abhängen – mit Vorteilen für retardierte Formulierungen. Ein relevanter Aspekt, wenn man bedenke, dass im Alter zwischen 50 und 75 Jahren knapp 30 % und ab 75 Jahren sogar knapp 50 % aller Personen mindestens einmal im Jahr stürzen, so Schutter.
Zu den Medikamenten, die bei neuropathischen Schmerzen als Therapie der ersten Wahl empfohlen werden, gehört Pregabalin, erinnerte Prof. Dr. med. Ralf Baron (Kiel). Seit vergangenem Jahr ist es in Deutschland erstmals auch in retardierter Galenik mit einer Wirksamkeit über 24 Stunden erhältlich. Hier kommt nach den Worten des Schmerzexperten eine besondere gastroretentive Darreichungsform zum Einsatz: Die Retardtablette wird einmal täglich abends nach dem Essen eingenommen, quillt im Magen auf und schwimmt oben auf dem Nahrungsbrei auf. Infolge der beträchtlich verlängerten Verweilzeit im Magen wird der Wirkstoff langsam und kontinuierlich im oberen Dünndarm aufgenommen.
Pregabalin auch als Retardtablette
Wie Baron erläuterte, werden durch die retardierte Galenik ein schnelles Anfluten des Wirkstoffs sowie Wirkstoffspitzen vermieden. Dass die retardierte Formulierung vergleichbar wirksam ist, wie die herkömmliche Formulierung, haben 3 klinische Studien belegt: So zeigte sich sowohl bei Personen mit diabetischer Polyneuropathie als auch bei Betroffenen mit diabetischer Polyneuropathie und Zoster-Neuralgie in 2 Phase-III-Studien eine Nichtunterlegenheit der retardierten Formulierung. In der einen Studie traten unter der retardierten Form numerisch weniger Nebenwirkungen auf als bei sofortiger Wirkstofffreisetzung, in der anderen vergleichbar viele [1,2].
Schließlich wurden in einer Phase-IV-Studie bei diabetischer Polyneuropathie unter beiden Formulierungen vergleichbare Verbesserungen bezüglich Lebensqualität, der Schlafqualität sowie insgesamt (Patient Global Impression of Change) beobachtet [3].
Baron verwies darauf, dass sich Pregabalin gut mit anderen Medikamenten kombinieren lasse. Bei Kombination mit hochwirksamen Opioiden dürften beide Partner aufgrund der Gefahr einer Atemdepression nicht zu hoch dosiert werden. Für die Betroffenen sei die nur einmal tägliche Einnahme einfacher.
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