Die Therapie funktioneller Magen-Darm-Beschwerden soll gemäß Leitlinie multimodal erfolgen – doch in der Praxis lassen sich die diversen Behandlungsmaßnahmen angesichts begrenzter Kapazitäten oft kaum umsetzen. Kann eine digitale Gesundheitsanwendung (DiGA) die Lücke zumindest teilweise füllen?
Die Ursachen funktioneller Magen-Darm-Beschwerden sind komplex – und neue Erkenntnisse machen sie noch komplexer. Denn man weiß heute, die Hirn-Darm-Mikrobiom-Achse ist bi-direktional, betonte Prof. Dr. med. Hans-Dieter Allescher (Garmisch-Partenkirchen). So könnten Ängste, Stress und psychische Erkrankungen das Mikrobiom und den Darm beeinflussen – und umgekehrt. Wie schon lange bekannt, spielen zudem eine viszerale Hypersensitivität, eine veränderte gastrointestinale Permeabilität und Immundysfunktion sowie die Ernährung bei der Krankheitsentstehung und -erhaltung eine Rolle.
Empowerment wichtig
Angesichts der vielfältigen Ursachen werden nach den Worten von Prof. Dr. med. Arne Kandulski (Regensburg) übergreifende Therapieansätze zur Behandlung empfohlen: An erster Stelle stehe die ausführliche Aufklärung über die Erkrankung, ihre Ursachen und Behandlungsmöglichkeiten, um den Betroffenen die Möglichkeit zu geben, selbst Verantwortung zu übernehmen („Empowerment“). Zudem seien individuelle Triggerfaktoren auszumachen, wozu ein Ernährungs- und Symptomtagebuch meist unverzichtbar sei. Weiterhin solle eine Beratung zur Ernährung stattfinden und ggf. eine Low-FODMAP-Diät mit anschließender Wiedereinführung einzelner zuvor weggelassener Komponenten durchgeführt werden. Schließlich seien die langfristige Wirksamkeit von Mindfulness-Based-Stress-Reduction(MBSR)-Maßnahmen, Yoga, Darmhypnose/Hypnotherapie und kognitiver Verhaltenstherapie belegt, sodass diese Maßnahmen in den Leitlinien ebenfalls empfohlen würden. Nachgewiesenermaßen können zudem Phytopharmaka die Symptome lindern.
Erste DiGA bei Reizdarm
Voraussetzung für einen Therapieerfolg seien persönliche Zuwendung und ein Vertrauensverhältnis zwischen behandelter und behandelnder Person, betonte Allescher. Doch in der Praxis stelle sich die Frage, wer all diese Maßnahmen durchführen oder zumindest koordinieren solle. Häufig übernehme die gastroenterologische Facharztpraxis lediglich die Diagnose und in der Hausarztpraxis fehle die Zeit. Allescher und Kandulski waren sich einig, dass die DiGA Cara Care hier die Lücke zumindest teilweise füllen könnte, da sie eine leitliniengerechte Therapie abbilde: Sie biete, basierend auf einer individuellen Statusabfrage, ausführliche psychoedukative Inhalte, eine Ernährungs-Symptom-Tagebuch-Funktion, einen personalisierten Diätplan für eine Low-FODMAP-Diät inklusive Rezepte sowie Audio-Übungen zu Hypnose, Entspannung und MBSR. Laut Kandulski führte die App nicht dazu, dass er Erkrankte verlor – vielmehr ermöglichte sie es, anders mit ihnen ins Gespräch zu kommen. Er hält Cara Care vor allem für Betroffene mit hohem Leidensdruck geeignet, zumal das 12-Wochen-Programm durchaus anstrengend sei und die Erkrankten an sich arbeiten müssten.
Symposium „Im Team erfolgreich: Multidisziplinäre Therapien bei Reizmagen und Reizdarm“ (Veranstalter: Bayer Vital GmbH)