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Gynäkologie

Innovatives Verfahren zur Endometriose-Diagnostik

Was leistet der Endometriose-Speicheltest?

Dr. med. Gregor Leonhard Olmes

8.12.2023

Der Endotest ist ein innovativer Ansatz zur nicht invasiven Diagnostik der Endometriose, der im vergangenen Jahr einiges Aufsehen erregt hat. Allerdings ist er aktuell nur über den französichen Hersteller erhältlich und wird von den Kassen nicht erstattet. Dieser Beitrag fasst Studienlage und Einsatzgebiete zusammen.

Der bisherige Goldstandard bei der Diagnostik der Endometriose, die diagnostische Laparoskopie, wird mittlerweile durch eine verbesserte sonografische Diagnostik ergänzt [1,2]. Der technische Fortschritt bei der Diagnostik der Endometriose schlägt sich auch in der neuen Enzian-Klassifikation nieder, die auch eine sonografische – und damit präoperative – Diagnose der Endometriose ermöglicht [3].

Der Einsatz von Biomarkern bei der Diagnostik der Endometriose war bisher von untergeordneter Bedeutung. In den Leitlinien der Deutschen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe (DGGG) und der European Society of Human Reproduction and Embryology (ESHRE) wird dieser bislang nicht empfohlen [1,4]. Seit Herbst 2022 steht ein neuartiger Speicheltest für Endometriose, der Endotest®, des französischen Unternehmens Ziwig zur Verfügung, der auf große mediale Resonanz stieß.

Übersicht über den klinischen Einsatz des Endotest

Hintergrund

MicroRNAs (miRNAs) sind kleine, hoch konservierte, nicht codierende RNAs mit einer Länge von circa 22 Nukleotiden, die an messenger RNA (mRNA) ­binden. Damit können miRNAs die Genexpression nach der Transkription entweder durch Degradation von mRNA oder deren Inhibition beeinflussen [5-7].

miRNAs werden mittels extrazellulärer Vesikel ausgeschleust und erlangen dadurch auch eine endo- und parakrine Funktion zwischen Zellen. Sie sind damit auch im Serum und in anderen Körperflüssigkeiten wie Urin und Speichel nachweisbar. Erkrankungen können zu einer veränderten miRNA-Expression führen und so diagnostisch genutzt werden [8]. Beim Endotest® handelt es sich um einen Test, bei dem zum ersten Mal eine Endometriose-spezifische Signatur von 109 miRNAs aus Speichel identifiziert wurde, die in 27 % auch eine Assoziation mit ­Signalwegen für Endometriose aufweist [7]. Die Kernpunkte zum klinischen Einsatz des Endotest® sind in der Tabelle aufgeführt.

Einsatzgebiete

Der Endotest® kann diagnostisch für Frauen mit vermuteter Endometriose zwischen 18 und 43 Jahren eingesetzt werden. Patientinnen mit chronischen Beckenschmerzen, Dysmenorrhoe, Dyspareunie, Dysurie, Dyschezie, Schmerzen in der rechten Schulter oder Sterilität können laut Hersteller getestet werden. Eine Testung ist zu jedem Zeitpunkt des Menstruationszyklus und auch unter hormoneller Therapie möglich [9]. Ausschlusskriterien für eine Testung stellen Endometriome oder Endometriose des Rektosigmoids dar, die im Ultraschall oder MRT diagnostiziert wurden [9].

Die Speichelprobe wird in ein Labor nach Frankreich versendet und dort auf eine für Endometriose spezifische miRNA-Signatur getestet. Das Ergebnis liegt nach circa 25 Tagen vor [9]. Der Endotest® stellt bislang keine Leistung der gesetzlichen Krankenkassen dar. Momentan kostet der Test 799 Euro [9]. Ein entsprechender Antrag auf Kostenübernahme durch die Krankenkasse sollte daher vorher beantragt werden.

Studienlage

Der Endotest® wurde in mehreren Studien hinsichtlich seiner Genauigkeit und auf mögliche Abklärungsalgorithmen hin untersucht [10-12]. Bendifallah et al. zeigten in einer prospektiven Studie mit 200 Speichelproben von Patientinnen mit vermuteter Endometriose eine Sensitivität von 96,7 %, Spezifität 100 % (AUC 98,3 %) [10]. Bei Patientinnen mit Endometriose lag in 52 % ein Stadium rASRM I und II (n = 80) und 48 % (n = 73) rASRM III und IV vor [11].

Der Test wurde zudem einer Kosten-Nutzen-Analyse unterzogen [12]. Ferrier et al. untersuchten darin verschiedene Testalgorithmen, die neben dem Endotest®, die Sonografie, die diagnostische Laparoskopie, dem MRT und ein Ansprechen auf eine medikamentöse Therapie als Bausteine beinhalteten [12].

Der günstigste Abklärungsalgorithmus bestand aus einer initialen Sonografie zum Ausschluss von Endometriomen, gefolgt vom Endotest® bei den Patientinnen ohne Nachweis ovarieller Endometriome [12]. Eine Multicenterstudie zur Validierung (ENDOmiARN Salive Test Study; NCT05244668) des Endotest® ist momentan in der Rekrutierungsphase und soll 1 000 Patientinnen einschließen [9,13]. Die Studienteilnehmerinnen wurden bisher an verschiedenen französischen Kliniken rekrutiert [13]. Eine Interimsanalyse von 200 Patientinnen zeigte eine Sensitivität von 96,2 % und eine Spezifität von 95,1 % (positiv prädiktiver Wert: 95,1 %; negativ prädiktiver Wert: 86,7 %) [11]. Die endgültige Analyse ist noch ausstehend [9,13].

Empfehlungen der Fachgesellschaften

Der Endotest® hat bislang keinen Eingang in eine ­Leitlinienempfehlung der DGGG oder der ESHRE ­gefunden [1,4]. Eberhard et al. gaben ein Expertenstatement für die Schweizerische Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe (SGGG) zum Einsatz des Endotest® ab [14]. Laut den Autoren des Expertenstatements ist der Endotest® bislang zurzeit noch nicht ausreichend interpretierbar, um ihn Patientinnen zu empfehlen [14]. Der Endotest® sei bei Verdacht auf Endometriose ohne Korrelat in der Bildgebung eine diagnostische Möglichkeit, die respektive der Limitationen in Erwägung gezogen werden könnte, so die Autoren weiter [14].

Diskussion

Der Endotest® stellt eine neue Methode zur Diagnostik der Endometriose dar [10]. Ein Vorteil des Tests besteht im Gegensatz zur Laparoskopie darin, dass er nicht invasiv ist [10]. Allerdings bleibt unklar, ob die Sensitivität des Tests über alle Endometrioseformen gleich ist [14]. Das Studienkollektiv der Studie von Bendifallah et al. beinhaltet mehr Formen von rASRM III und IV [10], wohingegen mildere Formen in der klinischen Praxis häufiger sind [14]. Zusätzlich bietet die Laparoskopie die Möglichkeit, die Endometriose in gleicher Sitzung zu diagnostizieren und adäquat zu therapieren [1].

Der Endotest® zeigt in der Interimsanalyse der Validierungsstudie eine beeindruckende Sensitivität und Spezifität von über 95 % [11]. Es bleibt jedoch abzuwarten, welche Ergebnisse die endgültige Auswertung bringen wird [13].

Bisher ist der Test nur für Frauen zwischen 18 und 43 Jahren evaluiert [9]. Gerade die Gruppe der Adoleszenten ist aber für einen solchen Test durchaus inte­ressant [14]. Trotz Kosten-Nutzen-Analysen für den Endotest® sind die aktuellen Kosten mit 799 Euro  beträchtlich. Bei fehlender Kostenübernahme durch die Krankenkassen sollte diese auch mit der Patientin besprochen werden und in die Entscheidung für oder wider den Endotest® mit einfließen. Die Modellberechnungen von Ferrier favorisieren eine Testung nach erfolgter Sonografie zum Ausschluss ovarieller Endometriome [12]. Sonografisch lassen sich allerdings auch noch andere Formen der Endometriose wie Adenomyosis, Darmendometriose, Ureterendometriose oder sogar Adhäsionen [2] darstellen, die in der Berechnung von Ferrier nicht berücksichtigt wurden [12]. Auch lässt die Analyse offen, wie in der klinischen Praxis mit einem positiven oder negativen Testergebnis bei symptomatischen Patientinnen verfahren werden sollte, hinsichtlich einer chirurgischen oder medikamentösen Therapie [12]; hierzu fehlen bislang Real-World-Daten. In diesem Zusammenhang bleibt auch der Einfluss einer operativen oder medikamentösen Therapie auf das Testergebnis ungeklärt [14].

Fazit

Der Endotest® ist ein innovativer Ansatz zur nicht ­invasiven Diagnostik der Endometriose, der allerdings bislang keinen Eingang in die Empfehlungen von DGGG und ESHRE gefunden hat. Der Test sollte zum jetzigen Zeitpunkt mit Vorbehalt und nur nach Aufklärung der Patientin eingesetzt werden, da die Konsequenzen, die aus dem Testresultat hervorgehen, in Bezug auf die weitere Diagnostik und Therapie unklar sind. Daher stellen Sonografie und Laparoskopie nach wie vor die zentralen Bausteine bei der Diagnostik der Endometriose dar.

Der Autor

Dr. med. Gregor Leonhard Olmes
Klinik für Frauenheilkunde, Geburtshilfe und Reproduktionsmedizin
Universitätsklinikum des Saarlandes

gregor.olmes@uks.eu

1 Burghaus S et al., Geburtsh Frauenheilkd 2021; 81: 422–46
2 Keckstein J et al., Arch Gynecol Obstet 2022; 307: 5–19
3 Keckstein J et al., Acta Obstet Gynecol Scand 2021; 100: 1165–75
4 Becker CM et al., Hum Reprod Open 2022; hoac009
5 Bartel DP, Cell 2004; 116: 281–97
6 Bartel DP, Cell 2009; 136: 215–33
7 Bendifallah S et al., Int J Mol Sci 2022; 23: 8045
8 Mori MA et al., Cell Metab 2019; 30: 656–73
9 Ziwig Endotest, https://ziwig.com/en/endotest/; Stand: 04.10.2023
10 Bendifallah S et al., J Clin Med 2022; 11: 612
11 Bendifallah S et al., N Engl J Med Evid 2023; 2: DOI 10.1056/EVIDoa2200282
12 Ferrier C et al., BJOG Int J Obstet Gynaecol 2023; 130: 396–406
13 Bendifallah S, Multicenter Validation of the Salivary miRNA Signature of Endometriosis. https://classic.clinicaltrials.gov/ct2/show/NCT05244668; Stand: 04.10.2023
14 Eberhard M et al., Expertenstatement zum Endotest. https://www.sggg.ch/news/detail/expertenstatement-zum-­endotest; Stand: 04.10.2023

Bildnachweis: privat

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