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Fokus Naturmedizin

Natürliche Lipidsenker

Besserung des Lipidprofils möglich

Dr. phil. nat. Miriam Neuenfeldt

Bei Dyslipidämien sind häufig begleitend oder alternativ naturheilkundliche Behandlungsmaßnahmen gefragt. Viele Pflanzeninhaltsstoffe können die Blutfettwerte senken. Doch das Ausmaß dieser Effekte variiert stark, so wie auch die Anzahl aussagekräftiger Studien zu den Phytopharmaka.

Für zahlreiche Nahrungsergänzungsmittel bzw. ­Naturprodukte gibt es Studien zu lipidsenkenden Effekten. Ist die Senkung des LDL-Cholesterin­spiegels reproduzierbar, ist auch von einer Reduktion kardiovaskulärer Ereignisse auszugehen. Allerdings mangelt es an Studien mit kardiovaskulären Endpunkten und häufig fehlt es an Langzeitsicherheitsdaten zu Phytopharmaka.

Phytotherapeutika mit guter Studienlage

Roter Reis (Roter Hefereis, Roter Koji) entsteht durch Fermentation mit dem roten Schimmelpilz Mo­nascus Purpureus. Er enthält Monacoline, vor allem Monacolin K, die die Cholesterinspiegel statin­ähnlich über ­Hemmung der Hydroxymethylglutaryl-Coenzym-A(HMG-CoA)-Reduktase senken. Ein cholesterinsenkender Effekt bis zu 20 % konnte bei Präparaten mit Rotem Reis mit 2 510 mg Monacolin K beobachtet werden (Abb.). In einer randomisiert kontrollierten Studie (RCT) zu einem Extrakt aus ­Rotem Reis bei Patienten mit atherosklerotischer Herz-Kreislauf-­Erkrankung konnten Folgeereignisse um 45 % reduziert werden. Laut aktuell gültigen Leit­linien der European Society of Cardiology (ESC) und der European Atherosclerosis Society (EAS) zu Dyslipidämien ­können Nahrungsergänzungsmittel mit gereinigtem Roten Reis bei Patienten mit erhöhten Plasmacholesterinspiegeln, die nicht für eine Statin­therapie geeignet sind, in Erwägung gezogen werden. Da sich die Präparate mit Rotem Reis hinsichtlich ihres Monacolingehalts unterscheiden, variiert entsprechend auch ihr Effekt auf die Spiegel des Gesamt- und LDL-Cholesterins (LDL-C). Noch fehlt es an genügenden Langzeitdaten zur Sicherheit von ­Rotem Reis. ­Zudem bestehen Sicherheitsbedenken zu möglichen Verunreinigungen in einigen Präparaten. Auch wurde über statinähnliche Nebenwirkungen berichtet.

Phytosterole wie Sitosterol, Campesterol und Stigma­sterol senken ebenfalls erhöhte Cholesterinspiegel. Sie sind in pflanzlichen Ölen und in kleineren Mengen in ­Gemüse, frischen Früchten, Nüssen, Getreide und Hülsenfrüchten sowie auch in speziell an­gereicherter Margarine oder Joghurtdrinks zu finden. Mit Cholesterin konkurrieren Phytosterole um die intestinale Absorption. Werden täglich 2 g Phyto­sterole aufgenommen, können die Spiegel an Gesamt- und an LDL-C um 7–10 % sinken. Auf die Spiegel des HDL-Cholesterins (HDL-C) und der ­Triglyceride haben Phytosterole lediglich einen ­geringen bzw. keinen ­Effekt. Basierend auf ihrem LDL-C-­senkenden Effekt und ohne Hinweis auf nachteilige Wirkungen ­können funktionelle Lebensmittel mit pflanzlichen Sterolen/Stanolen (≥ 2 g/Tag) laut ESC/EAS-Leitlinien bei folgenden Patienten in Erwägung gezogen ­werden:

• Personen mit hohen Cholesterinspiegeln und mittlerem oder geringem Gesamtrisiko für kardiovaskuläre Erkrankungen, die nicht für eine medikamentöse Therapie geeignet sind.
• Menschen mit hohem und sehr hohem kardio­vaskulären Risiko, die ihre LDL-C-Zielwerte mit ­Statinen nicht erreichen oder nicht mit Statinen behandelt werden können, als Ergänzung zur medika­mentösen Therapie.
• Erwachsene und Kinder über sechs Jahre mit ­familiärer Hypercholesterinämie.

Der Einfluss des lipidsenkenden Effekts der Phyto­sterole auf kardiovaskuläre Erkrankungen ist bisher in keiner Studie untersucht worden. Da eine mögliche Atherogenität der Phytosterine diskutiert wird, sollte dies bei der Empfehlung solcher Phytopharmaka berücksichtigt werden.

Auch der Konsum löslicher Ballaststoffe ist mit einer Verringerung der Lipidwerte assoziiert. Studien zu Ballaststoffen bzw. einer faserreichen Ernährung zeigen, dass der Verzehr von wasserlöslichen, ­viskosen Ballaststoffen den Gesamt- und den LDL-C-Spiegel um 5–10 % senken kann. Die beobachteten Veränderungen der HDL-C- und Triglyceridspiegel waren hingegen gering. Ballaststoffe mit einem mittleren bis hohen Molekulargewicht sind wirksamer in der Lipidsenkung als kleinere Faserstoffe. Auch bei ballaststoffreichen Lebensmitteln wie Vollkornhaferflocken, Vollkorngerste, Hülsenfrüchten, Leinsamen, Äpfeln und Zitrusfrüchten konnten cholesterinsenkende Effekte beobachtet werden. Die verfügbare Evidenz zum viskosen Ballaststoff Beta-Glucan weist einheitlich einen senkenden Effekt auf Gesamt- und LDL-C-Spiegel auf. Lebensmittel bzw. ­Nahrungsergänzungsmittel, die reich an Beta-­Glucanen sind, werden gut vertragen, sind wirksam und laut ESC/EAS-Leitlinien zur LDL-C-senkenden Therapie ratsam. Um eine klinisch relevante ­LDL-C-Spiegelreduktion zu erreichen, sind täglich 3–10 g Ballaststoffe zuzuführen. Faser- oder quellstoffhaltige Phytopharmaka, z. B. Flohsamen, senken die Plasmalipidspiegel, ­indem sie Nahrungsfette intestinal binden und die Fett­resorption reduzieren. Durch bakterielle Fermentation der löslichen Ballaststoffe entstehen kurz­kettige Fettsäuren, die die hepatische Cholesterinsynthese hemmen.

Beobachtungsstudien zu Omega-3-Fettsäuren ­weisen darauf hin, dass der Verzehr von Fisch (mindes­tens zweimal pro Woche) und pflanzlichen Produkten mit Alpha-Linolensäure (z. B. im Öl von Leinsamen, Hanf, Walnüssen, Iberischem Drachenkopf, Chiasamen, Perilla) mit einem geringeren ­Risiko für Schlaganfälle sowie Tod durch Herz-Kreislauf-­Erkrankungen assoziiert ist. In Dosen von 2–3 g/Tag können ­Omega-3-Fettsäuren den Triglyceridspiegel um bis zu 30 % senken. Der Effekt von pflanzlicher Alpha-Linolensäure auf die Triglyceride ist geringer im Vergleich zu Omega-3-Fettsäuren aus tierischen Quellen. Der Einfluss von Omega-3-Fettsäuren auf das LDL-C ist eher gering (ca. 3–7 %).

Vorteilhafte Effekte

Der cholesterinsenkende Effekt von Soja wird den enthaltenen Isoflavonen und Phytoestrogenen zugeschrieben. Deren Gehalt sinkt jedoch mit zunehmendem Grad der Verarbeitung von Sojabohnen. Des Weiteren wurde beobachtet, dass Sojaproteine einen leichten LDL-C-senkenden Effekt ausüben, wenn sie als Ersatz zu tierischem Eiweiß konsumiert werden. Allerdings konnte diese Beobachtung nicht bestätigt werden, wenn weitere Faktoren der Ernährungsumstellung berücksichtigt wurden.

Knoblauch besitzt verschiedene Effekte, die bei der Prävention und Therapie von Atherosklerose und im Zusammenhang stehenden Erkrankungen von ­Vorteil sind. So sollen knoblauchhaltige Zubereitungen u. a. das Lipidprofil verbessern, die Cholesterinbiosynthese inhibieren sowie die Oxidation von LDL-C ­hemmen können. Zudem blockiert Knoblauch die HMG-CoA-Reduktase. Die lipidsenkende Wirkung kommt beim Verzehr frischer Knoblauchzehen bzw. schonend getrocknetem Knoblauchpulver mit aktivem Alliin-Alliinase-System (mind. 900–1 200 mg/Tag) zum Tragen. Laut einer Metaanalyse zu 39 Studien mit Knoblauchzubereitungen können die ­Gesamt- und LDL-C-Spiegel bei Patienten mit erhöhten Blutfettwerten effektiv gesenkt werden, wenn Knoblauch mindestens zwei Monate supplementiert wurde. Der Gesamtcholesterinspiegel konnte so durch Knoblauch um etwa 8 % gesenkt werden. Da die Knoblauchzubereitungen gut vertragen wurden, könnte Knoblauch eine ­Alternative für Patienten mit leicht erhöhten Cholesterinspiegeln darstellen. Artischocken sind ein wesentlicher Bestandteil der mediterranen Ernährung und ebenfalls HMG-CoA-­Reduk­tase-Hemmer. Eine systematische Übersichts­arbeit und Metaanalyse zu neun Studien mit ­ins­­­gesamt 702 Studienteilnehmern zu Arti­schocken­extrakten zeigt eine signifikante ­Reduktion der ­Spiegel von ­Gesamt-, LDL-C sowie der ­Tri­glyceride. Zur lipidsenkenden Therapie werden Artischocken­extrakte in einer Tagesdosierung von 1 000–1 500 mg angewendet. Auch zum in der Gelbwurzel enthaltenen Curcumin berichten Studien von lipidsenkenden Effekten. So zeigt eine RCT mit 65 Patienten mit metabolischem Syndrom, die täglich 1 890 mg Curcuminextrakt oder Placebo einnahmen, nach zwölf Wochen einen signifikanten Anstieg des HDL-C-Spiegels. Der LDL-C-Spiegel sank ebenfalls signifikant. Auch eine Reduktion der Triglyceridspiegel konnte beobachtet werden. Curcumin könnte demzufolge vorteilhafte Effekte auf erhöhte Lipidwerte haben, insbesondere bei ­Patienten mit metabolischem Syndrom.

Weitere Hinweise auf positive Effekte

Berberin ist ein Alkaloid, das vor allem in der Berberitze vorkommt. Es hemmt das Enzym PCSK9 und reduziert die intestinale Cholesterinabsorption. Einer Metaanalyse zufolge kann Berberin die Gesamt- und LDL-C-Spiegel senken. Jedoch fehlt es an qualitativ hochwertigen RCT. Darüber hinaus ist die Bioverfügbarkeit der verschiedenen Berberinpräparate Gegenstand von Diskussionen. Eine Metaanalyse zu 17 RCT mit Schwarzkümmel zeigt eine signifikante Senkung der Spiegel an Gesamt- und LDL-C sowie an Triglyceriden. Der Effekt war mit Schwarzkümmelöl stärker als mit Puder­zubereitungen. Auch Bockshornklee bewirkt einer Metaanalyse zufolge eine signifikante Verbesserung des Lipidprofils, besonders bei Patienten mit Diabetes mellitus. Bei der Behandlung von Dyslipidämien rückt auch das Lipoprotein (a) (LP[a]) in den Fokus. Naturstoffe wie L-Carnitin, Coenzym Q10 und Xuezhikang (Extrakt aus Rotem Reis) zeigen eine signifikante Senkung des Lp(a)-Spiegels bei Patienten mit erhöhten Lp(a)-Werten. Andere Naturstoffe wie der Faserstoff Pektin, Ginkgo biloba, Leinsamen, Resveratrol und Curcumin können erhöhte Lp(a)-Spiegel ebenfalls senken, ­allerdings in geringerem Ausmaß.

Das Expertenstatement

Dr. med. Rainer Matejka
Facharzt für Allgemeinmedizin, Naturheilverfahren
Experte biologische Medizin, Akupunktur und u. a. internistische Weiterbildungen
Chefarzt Malteser Klinik von Weckbecker, Bad Brückenau

weckbecker@malteser.org

Was in welchen Fällen hilft

„Bei moderat erhöhten LDL-C-Werten oder wenn außer der LDL-C-Erhöhung kein besonderer Risikofaktor besteht, behandle ich zunächst mit Ballaststoffen, insbesondere mit Haferkleie (2 EL/Tag, z. B. in einen Joghurt oder Brei gerührt). Nach meiner Erfahrung führt dies nach einigen Wochen zu einer LDL-C-Absenkung von ca. 10 %. Des Weiteren empfehle ich einfach ungesättigte Fettsäuren vom Typ „Ölsäure“, die sich vor allem im Olivenöl befinden. Auch diese zeigen einen leicht LDL-C-senkenden Effekt. Da auch für die Artischocke cholesterinsenkende Effekte beschrieben sind, setze ich Artischockenpräparate ein, vor allem wenn eine Neigung zu festem Stuhl oder Probleme mit der Fettverdauung im Darm bestehen.

Besteht die Notwendigkeit einer stärkerer LDL-C-Senkung, z. B. bei kardiologischen Patienten oder Patienten, die Statine nicht vertragen bzw. ablehnen, empfehle ich Produkte mit rotem Reismehl. Deren LDL-C-senkende Wirkung ist schon nach einigen Wochen signifikant. Obwohl sie einen vergleichbaren Wirkmechanismus haben sollen wie Statine, werden sie gut vertragen.

Bei Triglyceriderhöhungen stehen vor allem diä­t­e­tische Regime im Mittelpunkt, wobei ich zusätzlich oft den Einsatz von Omega-3-Supplementen empfehle. Dabei kommt es vor allem auf einen hohen Anteil an EPA und DHA an. Alpha-Linolensäure, z. B. aus Leinöl, ist nicht besonders effektiv, da nur etwa 15 % im Körper in Fischöle umgewandelt werden können.“

FAZIT:

Bei leicht erhöhten Blutfettwerten kann eine ­Therapie mit lipidsenkenden Phytopharmaka in Ergänzung zu einer Ernährungsumstellung ausreichend sein. Aufgrund der guten Verträglichkeit eignen sich pflanzliche Lipidsenker aber auch als adjuvante Maßnahme, wenn eine ­medikamentöse Therapie nicht zwingend erforderlich ist oder nicht zu den angestrebten Zielwerten führt. Auch bei Patienten mit Statinintoleranz können Phytopharmaka mit lipidsenkenden Effekten angewendet werden. Vorteilhaft ist, dass pflanzliche Produkte über multiple Mechanismen zur Lipidsenkung beitragen und darüber hinaus oft weitere positive Effekte aufweisen und so etwa den Blutdruck, Blutzuckerspiegel, entzündliche Prozesse und ­oxidativen Stress positiv beeinflussen können. ­Darüber hinaus sind zahlreiche Kombinationsprodukte verfügbar. So kann etwa mit einer ­Kombination aus Berberin, Rotem Hefereis, ­Policosanol, Folsäure, Coenzym Q10 und Astaxanthin eine LDL-C-Senkung von 15–30 % ­erreicht ­werden.

Die Autorin

Dr. phil. nat. Miriam Neuenfeldt
Wissenschaftliche
Autorin & Referentin
18439 Stralsund

info@phar-med.de
www.phar-med.de

Literatur bei der Autorin

Bildnachweis: privat

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