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Allgemeinmedizin

Epilepsie

Fettsäuren add-on?

Dr. Christine Reinecke

Da in den krampfauslösenden Gehirnarealen der Glucosestoffwechsel vermindert ist, könnten Triglyceride als alternative Energiequelle dienen. Ob diese die epileptischen Anfälle reduzieren, wurde aktuell untersucht.

Die Epilepsie ist eine paroxysmale zerebrale Funktionsstörung, die durch eine exzessive Entladung von Neuronen verursacht wird. Etwa 2 bis 4 % der Menschen erleiden in ihrem Leben einen einzelnen, isoliert auftretenden epileptischen Anfall. Rund 0,5 bis 1 % entwickeln eine manifeste Epilepsie. Ein Drittel der Epilepsien ist arzneimittelresistent. Hier ist die Anfallskontrolle trotz medikamentöser Therapie, oft mit zwei oder mehr Antiepileptika bzw. Antikonvulsiva, völlig inadäquat.
Um die normale Gehirnfunktion aufrechtzuerhalten, ist Energie nötig, ebenso für die Balance von Ionen und Neurotransmittern. Energiedefizite zerstören dagegen den Ionengradienten und triggern die Depolarisation an der Nervenzelle und damit auch das Anfallsgeschehen. Wie der Energiemetabolismus in epileptogenen, d. h. krampfauslösenden Gehirnregionen verbessert werden kann, wurde in einem aktuellen Review zusammengefasst. Gerade hier, in den krampfauslösenden Arealen, entwickelt sich bei Epilepsie ein Glucose-Hypometabolismus. Andere Quellen, die unabhängig von der mitochondrialen Pyruvatdehydrogenase Energie liefern, sind Ketone oder mittelkettige Triglyceride. Diese stellen mittelkettige Fettsäuren als unterstützende Energie für das Gehirn bereit. Damit konnte im Nagermodell sowie bei Hunden und Menschen mit Epilepsie das Auftreten von Krampfanfällen reduziert werden. Klinische Studien zur Verträglichkeit der mittelkettigen Triglyceride sind jedoch rar und die Wirksamkeit wurde nicht getestet.

Verringerte Anfallshäufigkeit

In einer aktuellen kontrollierten, randomisierten, doppelblinden Studie erhielten 34 Erwachsene mit behandlungsresistenter Epilepsie zusätzlich mittelkettige Triglyceride. Diese bestanden zu 55 % aus Octansäure und zu 45 % aus Decansäure, dosiert wurde langfristig mit 40 bis 70 ml pro Tag. In dem Studienarm, der Add-on-Triglyceride erhielt, beendeten 11 Teilnehmer (45 %) mit fokalen Anfällen ohne Bewusstseinsstörung die Studie. Bei ihnen zeigte sich eine über 50%ige Reduktion der Anfallshäufigkeit. Nach dem Ende der Triglyceridaufnahme traten die Anfälle bei allen Teilnehmern bis auf einen erneut auf. Da die Patienten trotz der Fettsäurezulage ihre Essensportionen nicht verringerten, nahmen sie im Laufe der Studie etwa 2 kg zu. Das ist bei Menschen mit Epilepsie nicht ungewöhnlich, sodass man hier eine niedrigglykämische Diät empfehlen könnte, die auch die Blutglucosewerte stabilisieren würde. Ein Drittel der Teilnehmer vertrug die Triglyceride nicht, meist aufgrund von gastrointestinalen Problemen. Werden diese jedoch gut vertragen, könnten sie ein potentes Zusatzmittel im Management der Epilepsie sein. Da keine toxischen und neurokognitiven Nebenwirkungen bekannt sind, würde sich die weitere Forschung lohnen. Aufgrund der Studienlage ist es jedoch unklar, welche Formulierung geeignet wäre, Krampfanfälle zu verhindern. Im Nagermodell schienen mittelkettige Triglyceride mit Decansäure wirksamer zu sein. Schließlich müsste die wirksamste Dosis und das ideale Verhältnis zwischen Octansäure und Decansäure ermittelt werden, ebenso die Form der Epilepsie, die darauf am besten anspricht. Verträglicher als Öle und Emulsionen könnten eine Formulierung als Puder sein oder eben Fettsäuren, die mit Nahrungsmatrices wie Riegeln oder Shakes aufgenommen werden.

Han FY et al., Epilepsia 2021 June 25; https://doi.org/10.1111/epi.16972

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