- Anzeige -
Allgemeinmediin

Muskelstoffwechsel bei Frauen und Männern

Spezifische BelastungsAdaption

Prof. Dr. rer. nat. Cora Weigert

15.10.2025

Die Skelettmuskulatur bei Männern und Frauen zeigt klare Unterschiede in Energiestoffwechsel und Aufbau. Molekularbiologische Daten geben nun eine Erklärung dafür und zeigen wie Frauen und Männer mit erhöhtem Risiko für Typ-2-Diabetes (T2D) unterschiedlich auf Bewegung ansprechen.

In der Skelettmuskulatur finden 85 % der insulinabhängigen Glucoseaufnahme statt. Unter starker Belastung kann diese bis auf das 50-Fache gesteigert werden. Damit spielt die Muskulatur eine zentrale Rolle im Glucosestoffwechsel, zugleich aber auch bei der Entstehung des T2D, der durch zunehmende Insulinresistenz der peripheren Gewebe gekennzeichnet ist. Bewegung verbessert den Glucoseeinstrom in die Muskelzelle und wirkt damit der Ent­stehung von T2D entgegen. Neue Erkenntnisse zeigen jetzt, dass die intrazelluläre Glucoseverwertung allerdings stark vom Geschlecht abhängt.

„Slow twitch“- und „fast twitch“-Muskelfasern

Geschlechterspezifische Differenzen in Stoffwechsel und Aufbau von Muskelzellen wurden lange unterschätzt. Diese Unterschiede und wie sich der Muskel unter Belastung bei Frauen und Männern verändert, untersuchten wir in einer aktuellen Studie mittels neuester molekularbiologischer und bioinformatischer Techniken [1].

Eingeschlossen wurden 16 übergewichtige Frauen und 9 Männer (BMI > 27 kg/m²), um die 30 Jahre alt, die zuvor nicht regelmäßig Sport getrieben hatten. Über 8 Wochen hinweg absolvierten die Teilnehmenden jetzt 3-mal wöchentlich ein einstündiges Ausdauertraining (30 Min. Radfahren und 30 Min. Gehen). Vor (Baseline) und nach der ersten Trainingseinheit sowie nach Beendigung der 8-wöchigen Testphase wurde Gewebe durch Muskelbiopsien entnommen und sowohl auf DNA-, RNA- als auch Proteinebene (Epigenom-, Transkriptom- bzw. Proteomanalyse) analysiert [1,2].

Bereits vor Beginn des Ausdauertrainings fanden sich signifikante Unterschiede zwischen Frauen und Männern. Während Frauen einen höheren Anteil an Enzymen des Fettsäurestoffwechsels aufwiesen, was auf eine effizientere Fettverwertung und Fettspeicherung schließen lässt, bestimmen bei Männern die Enzyme der Glykolyse und des Glykogenabbaus den Energiestoffwechsel und weisen auf eine dominantere Rolle der Glucose bei Männern hin [1].

Dies korreliert auch mit dem vorherrschenden Fasertyp. Frauen zeigen einen höheren Anteil an sog. „slow-twitch“-Typ-1-Fasern, die besonders geeignet sind für Ausdauerbelastung und Resistenz vor Erschöpfung, während Männer mehr „fast-twitch“-Typ-2-Fasern aufweisen, welche kurzfristig eine stärkere und schnelle Kontraktion ermöglichen.

Stoffwechselanpassung unter Belastung

Bereits nach der ersten Trainingseinheit zeigten sich zusätzlich auch Unterschiede in der Muskeladaption. Körperliche Belastung führte bei den Frauen direkt zur vermehrten Bildung von Enzymen der aeroben Glykolyse, des Pyruvatmetabolismus und des Zitratzyklus, also zu einer verbesserten aeroben Verwertung von Glucose in den Mitochondrien der Muskelzellen. Männer hingegen reagieren initial mit einer Stress­reaktion, die sich durch eine vermehrte Bildung von Stressenzymen sowie erhöhten Werten des Muskelproteins Myoglobin im Blut, als Zeichen einer beanspruchungsbedingten Muskelschädigung, nachweisen ließ. Von Bedeutung könnte hier ein protektiver Effekt der Estrogene zu sein, der Skelettmuskelzellen vor mitochondrialem oxidativem Schaden und dem Übertreten von Myoglobin in die Blutbahn schützt.

Bei fortgesetztem Training werden diese Unterschiede allerdings immer geringer und beide Geschlechter entwickeln eine zunehmend an Ausdauerleistung angepasste Skelettmuskulatur mit „slow-twitch“-Muskelfasern und erhöhter Bildung von Enzymen für einen aeroben Stoffwechsel. Die verbesserte Glucoseverwertung senkt letztlich das Risiko für die Entwicklung eines T2D [1].

Nicht alle reagieren gleich: Bewegung und ­Aktivität sind wichtige Faktoren zur Prävention und Kontrolle eines Typ-2-Diabetes. Allerdings beeinflussen geschlechterspezifische Unterschiede im Metabolismus der Muskelzellen zumindest den kurzfristigen Erfolg, wobei langfristig sowohl Frauen als auch Männer von ­körperlicher Aktivität profitieren.

Diese neuen Erkenntnisse können dabei helfen, Bewegungstherapien individueller und geschlechtsspezifisch abzustimmen. Viele Fragen sind allerdings noch offen – so wird als nächstes speziell der Einfluss von Sexualhormonen auf Stoffwechselerkrankungen untersucht werden, des Weiteren hormonelle Veränderungen während des Alterungsprozesses.

Die Autorin

Prof. Dr. rer. nat. Cora Weigert
Institut für Klinische Chemie und Pathobiochemie, Universitätsklinikum Tübingen
Institut für Diabetesforschung und metabolische Erkrankungen
Abteilungsleiterin „Molecular Diabetology“
Helmholtz Zentrum München

cora.weigert@med.uni-tuebingen.de

  1. Dreher SI et al., Mol Metabol 2025; 98: 102185
  2. Hoffmann C et al., Clin Endocrinol Metab 2020; 105: dgaa571

Bildnachweis: privat

Lesen Sie mehr und loggen Sie sich jetzt mit Ihrem DocCheck-Daten ein.
Der weitere Inhalt ist Fachkreisen vorbehalten. Bitte authentifizieren Sie sich mittels DocCheck.
- Anzeige -

Das könnte Sie auch interessieren

123-nicht-eingeloggt