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Allgemeinmedizin

Insulin

Einblicke in die Wirkweise des pleiotropen Hormons

Prof. Dr. rer. nat. Hadi Al-Hasani

11.6.2025

Das essenzielle Hormon Insulin steuert zahlreiche Prozesse im Körper, deren genaue Abfolgen bisher aber nur unzureichend verstanden sind. Untersuchungen zum zeitlichen Verlauf der Insulinwirkung auf Proteinkinasen in humanen Muskelzellen sollten zu detaillierteren Einsichten führen.

Die Wirkung von Insulin beruht auf der Aktivierung seines Rezeptors, was eine komplexe Signalkaskade inklusive der schnellen und reversiblen Phosphorylierung zahlreicher Proteine auslöst. Insulin weist zahlreiche pleiotrope Effekte auf, wie die Steuerung des Energiehaushalts sowie der Differenzierung, des Wachtums und des Überlebens von Zellen, die sich nach der Stimulierung des Hormons in komplexen gewebespezifischen Reaktionen äußern. Eine Störung dieser Prozesse in der Skelettmuskulatur kann zur Entstehung und Manifestation von Typ-2-Diabetes (T2D) führen. Die komplexen zellulären, durch Insulin regulierten Signalwege und ihre Relevanz für die Ätiologie von T2D sind bisher aber nur unzureichend verstanden. Vor diesem Hintergrund zielte unsere Studie darauf, den zeitlichen Verlauf der Insulinwirkung anhand verschiedener, aus Satellitenzellen stammender humaner Myotuben von 5 gesunden Spendern zu untersuchen [1].

Komplexe, zeitlich abgestimmte Signal-Netzwerk-Aktivität

Die isolierten Myotuben wurden mit 100 nmol/l Insulin in verschiedenen Zeitintervallen stimuliert (1, 2,5, 5, 15, 30 und 60 Minuten). Insgesamt, über alle Zeitpukte, konnten per Phosphoproteomik 13 196 Insulin-regulierte Phosphopeptide korrespondierend zu 11 572 Ser-/Thr-Phosphorylierungsstellen identifiziert werden. Die ermittelten Daten zeigten eine starke zeitliche Dynamik der Insulin-regulierten Phosphorylierung. Während einige Stellen vorübergehend zu sehr frühen Zeitpunkten phosphoryliert wurden, zeigten sich bei anderen multimodale Phophorylierungsmuster oder dass das Phosphory­lierungslevel ein Plateau erreichte. Tatsächlich waren etwa 30 % der Phosphopeptide nur bei spe­zifi­schen Intervallen der Insulinstimulation unterschiedlich reguliert und ca. 1 400 regulierte ­Phos­phory­lierungsstellen hätten nicht identifiziert werden können, wenn lediglich die Phosphopeptide nach 15-minütiger Insulinstimulation untersucht worden wären.

Eine Anreicherungsanalyse offenbarte ein bestimmtes zeitliches Muster bei der Kinase-Aktivierung mit Phasenlängen im Bereich von Minuten, die zu kleinen bis moderaten Überlappungen der verschiedenen Zeitpunkte nach der Insulinstimulation führten. Dieses transiente Kinase-Aktivierungsmuster im Beisein von Insulin impliziert eine persistente Aktivität der Protein-Phosphatasen – mit kontinuierlich wiederkehrender Phosphorylierung durch die Kinasen, ebenso wie Kinase-getriebene Feedback-Loops.

Die Verwendung humaner Primärzellen erlaubte uns auch, die Variabilität individueller Insulinwirkungen zu untersuchen. Die Analyse der Spendervariabilität bezüglich der Protein-Protein-Interaktion (PPI) in Korrelation zur Phosphorylierungskinetik offenbarte ein Subnetzwerk von Proteinen mit ähnlichen Phosphorylierungsmustern, wie sie häufig in RNA-Prozesse involvierte Proteine zeigen. Das legt einen regulatorischen Einfluss von Insulin auf die Transkription auf multiplen Wegen nahe.

Ein Vergleich der Kinetik bestimmter Phosphorylierungsstellen belegte eine Variabilität zwischen den Myotuben der verschiedenen Spender. Diese war aber relativ gering bei den Phosphorylierungsstellen, die zu den kanonischen Signalwegen des Insulins gehören. Positiver Aspekt: Zeigen sich die Kinetiken von Phosphorylierungsstellen stabil bei verschiedenen gesunden Spendern, können sie wichtige ­Umschaltpunkte in biologischen Signalnetzwerken darstellen. Somit können die Abweichungen in den Kinetiken solcher Phosphorylierungsstellen zur Identifizierung neuer, biologisch relevanter Insulin-­Targets sowie der Entwicklung künftiger Ansätze der Präzisionsmedizin beitragen.

Unsere Beobachtungen verdeutlichen, dass ­Insulin nicht nur den Blutzuckerspiegel reguliert, sondern auch ein dynamisches Netzwerk aus Proteinmodifikationen steuert, das präzise und zeitlich abgestimmt die Reaktion der Zellen auf Insulin koordiniert. Die Ergebnisse ermöglichen die Identifizierung neuer Zielmoleküle für die Entwicklung gezielterer Therapeutika für Menschen mit T2D.

Der Autor

Prof. Dr. rer. nat. Hadi Al-Hasan
Direktor Institut für Klinische Biochemie und Pathobiochemie
Deutsches Diabetes Zentrum Düsseldorf

hadi.al-hasani@ddz.de

  1. Turewicz M et al., Nat Commun 2025; DOI 10.1038/s41467-025-56335-6
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Bildnachweis: privat

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