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GYNÄKOLOGIE

Die gynäkologische Sicht

Chronisch-entzündliche Darmerkrankungen und Kontrazeption

Prof. Dr. med. Thomas Römer

15.6.2021

Warum sind chronisch-entzündliche Darmerkrankungen für den Gynäkologen relevant? Weil diese bei jungen Frauen häufigen Erkrankungen massiven Einfluss auf die Möglichkeiten der Kontrazeption haben. Dieser Beitrag beleuchtet ein internistisches Problem aus gynäkologischer Sicht.

Chronisch-entzündliche Darmerkrankungen (CED) wie Morbus Crohn und Colitis ulcerosa sind bei Frauen zwischen dem 20. und 40. Lebensjahr weitverbreitet (> Gastroenterologie). Bei Patientinnen mit einer chronisch-entzündlichen Darmerkrankung sind Besonderheiten bei der Wahl der Kontrazeptionsmethode zu beachten, und auch bei der Therapie der CED ist an Interaktionen mit oralen Kontrazeptiva zu denken. In den S3-Leitlinien „Hormonelle Empfängnisverhütung“ [1] werden CED nicht erwähnt. Das Gleiche gilt für die WHO-Empfehlung zur Kontrazeption von 2015. Lediglich im Rote Hand-Brief von 2014 werden der Morbus Crohn und die Colitis ulcerosa als relativer Risikofaktor für eine venöse Thromboembolie (VTE) aufgeführt.

CED und Thromboserisiko

In der Literatur konnte gezeigt werden, dass die ­Anwendung von oralen Kontrazeptiva zu keinem ­erhöhten Risiko für eine Colitis ulcerosa führt. Allerdings gibt es immer wieder Fallberichte, dass durch die Menstruation Schübe der Erkrankung ausge­löst werden können. Auch nach Darmresektionen bei Colitis ulcerosa ist die Anwendung von kombinierten oralen Kontrazeptiva wieder möglich, da das Rezidivrisiko nicht beeinflusst wird. Das Hauptaugenmerk ist daher auf das potenziell erhöhte Thrombose­risiko bei der Patientin mit Colitis ulcerosa zu richten.

In der Checkliste der Risikofaktoren des Rote-Hand-Briefes 2014 zur Anwendung von kombinierten ­oralen Kontrazeptiva und Thromboserisiko werden Morbus Crohn und Colitis ulcerosa in der Rubrik Begleiterkrankungen mit Risikoerhöhung für eine VTE gelistet. Dort wird vermerkt: Bei Vorliegen von mindestens zwei Risikofaktoren (also CED und ein zusätzlicher Faktor) sollten keine kombinierten ­oralen Kontrazeptiva verordnet werden. Das Vorhandensein sollte regelmäßig überprüft werden.

Auch in der Leitlinie [1] wird empfohlen, vor der Verordnung von kombinierten Kontrazeptiva eine individuelle Erhebung des VTE-Risikos durchzuführen. Bei erhöhtem VTE-Risiko sollten kombinierte Kontrazeptiva nicht angewendet werden. Für systemische Gestagenmonopräparate (Ausnahme: Depot-MPA) und das LNG-IUS überwiegen die Vorteile einer effekti­ven Kontrazeption gegenüber dem potenziellen VTE-Risiko. Wesentlich ist vor allem die Erfassung weiterer ­Risikofaktoren, da sich daraus weitere Einschränkungen ergeben können (Tab. 1). Die einzelnen ­Kontrazeptionsmethoden haben Vor- und Nachteile bei CED. Neben dem VTE-Risiko sind auch potenzielle Resorptionsprobleme, negative Effekte auf die Knochendichte und ein mögliches Interaktionspotenzial mit Medikamenten, die zur Therapie der chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen eingesetzt werden, zu beachten (Tab. 2).

Schwangerschaft und CED

Des Weiteren stellt sich bei Patientinnen mit CED oft die Frage, wann ist der optimale Zeitpunkt für eine Schwangerschaft? Prinzipiell führt die chronisch-entzündliche Darmerkrankung nicht zu einer Fertilitätsminderung, außer wenn akute Schübe auftreten. Eine Schwangerschaft sollte deshalb in Phasen geplant werden, wenn keine Schübe bestehen. Für den Entbindungsmodus hat eine CED keine Relevanz. Allerdings ist sowohl in der Schwangerschaft als auch im Wochenbett das generell erhöhte Thrombose­risiko zu beachten, das insbesondere im Wochenbett bei Patientinnen mit einer CED noch einmal deutlich höher ist als in Kontrollgruppen.

FAZIT:

Bei Patientinnen mit einer chronisch-entzünd­lichen Darmerkrankung ist in der Kontrazeptionsberatung vor allem das erhöhte Risiko für venöse Thromboembolien zu beachten. Eine sorgfältige Erfassung weiterer Risikofaktoren ist unabdingbar, um die geeignete Methode auszuwählen. Die Kontrazeption ist bei diesen Patientinnen besonders wichtig, da eine Schwangerschaft möglichst in Zeiten, die frei von akuten Schüben ist, geplant werden sollte. Patientinnen mit chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen sollte man in der Frauenarztpraxis deshalb besondere Beachtung schenken.

Der Autor

Prof. Dr. med. Thomas Römer
Chefarzt der Frauenklinik in Köln-Weyertal

Herausgeber des Journals DER PRIVATARZT GYNÄKOLOGIE

thomas.roemer@evk-koeln.de

1 AWMF, Leitlinie der Qualität S3 Hormonelle Empfängnis­verhütung, Registernummer 015–015, 2020

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