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Allgemeinmedizin

Hypothyreose und cmA vergesellschaftet

Beides mit Bicarbonat behandeln?

Dr. med. Dr. PH Herbert Stradtmann

11.8.2025

Die Schilddrüse hat lebenswichtige Funktionen im Stoffwechsel – bei Wachstum und Reifung des Körpers. Mit zunehmendem Alter tritt häufig eine Unterfunktion auf. Kommt eine chronisch-metabolische Azidose hinzu, steigert dies die Funktionsstörung der Schilddrüse. Was kann Bicarbonat hier bewirken?

Die Hypothyreose ist eine mit steigendem Lebensalter zunehmende Erkrankung. Auch das Antiarrhythmikum Amiodaron (jodiertes Benzofuranderivat) kann Hypo- oder Hyperthyreosen induzieren. Die Prävalenz subklinischer Hypothyreosen schätzt man auf 1–3, die manifester auf 6–10 %.

Die Nierenfunktion nimmt ebenso mit dem Älterwerden allmählich ab – auch bei Gesunden. Hinzu kommen bei vielen Senioren Krankheiten, die auch die Nieren attackieren. Dazu gehören der Typ-2-­Diabetes (T2D) und der Hypertonus. Folge der chronischen Nierenschädigung ist u. a. eine chronisch-metabolische Azidose (cmA), insbesondere, wenn die glomeruläre Filtrationsrate (GFR) < 30 ml/min/

1,73m2 Körperoberfläche (KOF) liegt. Saure Stoffwechselprodukte häufen sich an, die dann wiederum die geschädigten Nieren in ihrer Funktion belasten. Das reduziert deren Säureausscheidungskapazität weiter und wegen der Funktionsstörungen der Nierentubuli sinkt zudem die Bicarbonat-Produktion. Das ergibt dann einen die chronische Nierenschädigung forcierenden Circulus vitiosus.

Dies ist gerade für Ältere problematisch, da viele häufig wegen eines demineralisierten Skelettsystems auch nicht mehr über entsprechende anderweitige Pufferreserven verfügen. Kommt noch eine „Altershypothyreose“ hinzu, dann erleidet die Schilddrüsenfunktion durch die cmA eine zusätzliche Funktionsstörung. Auch die mit fortschreitender Niereninsuffizienz ansteigenden harnpflichtigen Sub­stanzen beeinträchtigen nämlich endokrine ­Organe wie die Schilddrüse. So wurde bei urämischer Stoffwechsellage eine reduzierte Schilddrüsenfunktion mit niedrigen Trijodthyronin(T3)- und Thyroxin(T4)-Werten nachgewiesen.

Diagnosefindung oft schwierig

Sowohl die Altershypothyreose als auch die cmA werden im klinischen Alltag wegen ihrer unspezifischen Symptomatik oft nicht rechtzeitig erkannt. Die Symptome einer Schilddrüsenunterfunktion entwickeln sich wegen der langen Halbwertszeit von L-Thyroxin nicht rasch, sondern kaum merklich im Laufe von Monaten oder sogar Jahren und verschleiern so das klinische Bild.

Müdigkeit, Verlangsamung, abnehmende intellektuelle Leistungsfähigkeit, nachlassendes Gedächtnis, Kälteintoleranz und Obstipation gelten schnell als altersbedingt. Im Gegensatz zur charakteristischen Hypothyreose mit ihrem klaren klinischen und labortechnischen Bild ist die milde Hypothyreose bei Älteren oft ein Zufallsbefund, bei dem nur ein mäßig erhöhter Wert des Thyreoidea-stimulierenden Hormons (TSH) gefunden wird. So ist die latente Hypothyreose durch ein isoliert erhöhtes basales Serum-TSH gekennzeichnet (TSH > 4,0 μU/ml bzw. > 4,0 mU/l), die peripheren Schilddrüsen-Funktionswerte liegen häufig noch im Referenzbereich.

Hypothyreose therapieren

Die Auswirkungen der Hypothyreose sind sehr unterschiedlich. Daten zeigen ein deutlich höheres Risiko für den Übergang einer subklinischen in eine manifeste Hypothyreose, wenn eine Therapie unterbleibt. Deshalb sollte auch die latente Hypothyreose medikamentös behandelt werden.

Bicarbonat wirkt doppelt

Bei cmA plus reduzierter Schilddrüsenfunktion lässt sich auch Letztere durch die Behandlung mit Bicarbonat (NaHCO3) offenbar verbessern. Die Verumgruppe einer Studie aus 2010 erhielt täglich 1 800 bis 3 600 mg Bicarbonat bis zu einem Zielwert des Gesamt-CO2 (tCO2) ≥ 24 mmol/l im Serum. Nach 8 bis 12 Wochen hatten die Teilnehmenden in der Verumgruppe eine weiterhin unveränderte GFR (vorher 18,9 ± 7,8; nachher 18,9 ± 9,2 ml/min/1,73m2 KOF), während die GFR bei der Kontrollgruppe weiter abgesunken war (vorher 18,7 ± 7,8, nachher 17,4 ± 7,5 ml/min/1,73m2 KOF). Das Gesamt-Trijodthyronin (TT3) sowie freies T3 (fT3) stiegen in der Verumgruppe deutlich an (p = 0,02; Abb.), während sie in der Kontrollgruppe ohne Bicarbonat weiter abfielen. Auch die TSH-, TT4- (Gesamt-Thyroxin) und die fT4-Werte (freies Thyroxin) verbesserten sich unter Bicarbonat (geringes Signifikanzniveau).

Hypothyreose und cmA treten auch in Kombination auf und erfordern Langzeittherapien. Zum Ausgleich der cmA eignet sich insbesondere magensaftresistentes Bicarbonat, das NaHCO3 erst im oberen Dünndarm freigibt. Das sichert eine gute Bioverfügbarkeit und den Therapieerfolg. Gleichzeitig ist ein positiver Effekt auf die Schilddrüsenfunktion zu erwarten.

Der Autor

Dr. med. Dr. PH Herbert Stradtmann
Arzt für Innere Medizin/Nephrologie,
Hypertensiologe-DHL® und ­Rehabilitationswesen
Im Wölftegrund 27
34537 Bad Wildungen

Literatur beim Autor

Bildnachweis: privat

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