Eine retrospektive Beobachtungsstudie aus Südkorea auf Basis nationaler Versicherungsdaten offenbart eine deutliche Assoziation zwischen gastroösophagealer Refluxkrankheit und Tinnitus. Gleichwohl scheint der Gebrauch von Protonenpumpenhemmern das Auftreten von Tinnitus nicht bedeutend zu verringern.
Angesichts von Hinweisen aus experimentellen Studien, dass saurer Reflux über die Eustachische Röhre als Verbindung zwischen Rachen und Mittelohr die Mittelohr-Innenohr-Homöostase beeinträchtigen könnte, haben Forscherinnen und Forscher aus Südkorea nationale Versicherungsdaten von 669 159 Personen über 17 Jahre aus dem Zeitraum 2012 bis 2019 dahingehend ausgewertet, ob es womöglich einen Zusammenhang zwischen der gastroösophagealen Refluxkrankheit (GERD) bzw. Protonenpumpenhemmer(PPI)-Gebrauch und dem Vorkommen von Tinnitus gibt.
Nach Berücksichtigung möglicher anderer Einflussfaktoren beobachteten sie, dass Patientinnen und Patienten mit GERD gegenüber Personen ohne GERD ein 6,65-fach erhöhtes Risiko hatten, einen Tinnitus zu entwickeln. Außerdem fiel eine Assoziation zwischen Hörverlust und Tinnitus auf. Weil beides bekanntlich häufig gemeinsam vorkommt, gehen die Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen davon aus, dass die gastroösophageale Refluxkrankheit und Hörverlust womöglich auch miteinander assoziiert sein könnten.
Verschiedene HNO-Probeme bei GERD
Nach Aussage der Autoren und Autorinnen handelt es sich um die erste und größte nationale bevölkerungsbasierte Studie zum Zusammenhang zwischen GERD und Tinnitus. Verschiedene Studien deuten auf Zusammenhänge zwischen GERD und otologischen Erkrankungen hin, wie Hörverlust, chronische Mittelohrentzündung oder peripherer Schwindel.
Auch wenn mögliche Tinnitus-Ursachen vielfältig und die Details unklar sind, geht man davon aus, dass Veränderungen am Innenohr oder Hörnerven den Tinnitus in Gang setzen und ihn neuromodulatorische Prozesse unterhalten. Letzteres könnte sich bei fortbestehenden Risikofaktoren auch ohne Störung des Hörnervs fortsetzen, was eine frühzeitige Intervention umso wichtiger machen würde.
PPI offenbar nutzlos
Die Verwendung von Protonenpumpenhemmern scheint hierfür jedoch ungeeignet, erhöhten sie doch in der Studie eher das Tinnitus-Risiko, als dass sie es reduzierten. Die Forscher und Forscherinnen vermuten, dass PPI womöglich die Physiologie und Durchblutung des Innenohrs beeinträchtigen oder über einen Magnesiummangel bei Langzeitgebrauch einen Tinnitus begünstigen könnten.
Auch könnte es daran liegen, dass Protonenpumpenhemmer nur einen sauren Reflux unterbinden. Ein etwaiger nicht saurer Reflux könnte demnach ungehindert weiter negativ auf Mittel- und Innenohr wirken.
Darüber hinaus lassen sich bereits eingetretene Schäden den Schlussfolgerungen des Forscherteams zufolge nicht unbedingt wieder rückgängig machen, sodass auch dann ein Tinnitus trotz PPI-Einnahme persistieren könnte.
Kang SW et al., Sci Rep 2024; 14: 30106