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Dermatologie

Therapie & Management der Psoriasis

Update Psoriasis: Aus der Forschung für die Praxis

Prof. Dr. med. Ulrich Mrowietz

Jahr für Jahr wird eine fast unüberschaubare Fülle an Studiendaten zum Thema Psoriasis publiziert. Doch was ist für den Dermatologen wirklich von Relevanz? Highlights aus der Forschung sind aktuelle Erkenntnisse zur Rolle des Übergewichts und wissenschaftliche Daten zur Komorbidität bei Schuppenflechte, neu zugelassenen Biologika und Ergebnisse aus Befragungen zur Adhärenz.

Die Psoriasis ist eine komplexe Erkrankung, bei der chronisch-entzündliche Prozesse nicht nur die Haut, sondern den gesamten Organismus betreffen. Das Management der Psoriasis hat daher sowohl die Haut im Blick als auch eine mögliche Gelenkbeteiligung und Begleiterkrankungen wie Adipositas, metabolisches Syndrom oder Hypertonie.

Übergewicht: ein pathogenetischer Risikofaktor der Psoriasis

Eine zentrale Rolle im Management der Psoriasis spielt Übergewicht. Die Adipositas ist mehr als eine mit Psoriasis assoziierte Erkrankung: Übergewicht ab einem Body-Mass-Index (BMI) von 30 stellt einen unabhängigen Risikofaktor für die Manifestation einer Schuppenflechte dar und ist ein ungünstiger prognostischer Faktor für den klinischen Verlauf. Darüber hinaus verringert Übergewicht die Effektivität fast aller Systemtherapeutika, auch wenn diese an das Körpergewicht angepasst dosiert werden.

In einer aktuellen Übersichtsarbeit werden die metabolischen Veränderungen dargelegt, die durch Übergewicht verursacht werden und die einen Einfluss auf die Psoriasis und die Psoriasis-Arthritis haben (Abb. 1).1 Adipozyten und auch infiltrierende Makrophagen setzen Zytokine wie Tumornekrosefaktor (TNF)-alpha und Interleukin (IL)-6 frei, die sowohl für Entzündungen in der Haut als auch in den Gelenken von Bedeutung sind, aber auch zu entzündlichen Prozessen in den Gefäßen führen und damit eine Atherosklerose fördern. Bei Übergewicht werden auch vermehrt proinflammatorische Adipokine wie Leptin, Resistin und Chemerin freigesetzt, ihre antiinflammatorischen Gegenspieler werden dagegen reduziert. Dadurch kommt es zu einer Dysbalance, die verschiedene metabolische Prozesse wie den Glucose- und Lipidstoffwechsel beeinträchtigt. Damit steigt das Risiko für Diabetes und kardiovaskuläre Erkrankungen signifikant. Kardiovaskuläre Ereignisse wie Schlaganfall und Herzinfarkt sind auch wesentliche Gründe, warum die Lebenserwartung von Psoriasis-Patienten um fünf bis sechs Jahre verkürzt ist.

Durch die Reduktion von Übergewicht sinkt die Krankheitsschwere der Psoriasis. Die Versorgung adipöser Patienten mit Programmen zur Gewichtsreduktion, die Ernährungs-, Bewegungs- und Psychotherapie beinhalten, ist jedoch unzureichend. Auch bariatrische Eingriffe werden in Deutschland wesentlich seltener durchgeführt als in anderen europäischen Ländern.

Bariatrische Chirurgie reduziert das Risiko für Psoriasis

Studiendaten zeigen, dass die bariatrische Chirurgie bei Patienten mit ausgeprägter Adipositas (BMI über 40) nicht nur zur Gewichtsabnahme führt.2 Auch die Komorbidität, beispielsweise Diabetes Typ 2, wird reduziert.Die Frage, ob eine bariatrische Operation bei bislang Hautgesunden das Risiko senkt, an Psoriasis zu erkranken, wurde in einer großen Kohortenstudie in Schweden untersucht.3 In die Auswertung eingeschlossen wurden 1.991 Teilnehmer, die bariatrisch operiert wurden, sowie 2.018 Kontrollpersonen. Der Body-Mass-Index lag zu Beginn in der Gruppe, die operiert wurde, bei 42 und in der Kontrollgruppe bei 40. Zehn Jahre nach Adipositas-Chirurgie war ein Gewichtsverlust von 17 % zu verzeichnen, in der Kontrollgruppe dagegen kam es in diesem Zeitraum sogar zu einer Gewichtszunahme von 1,7 %. Im Verlauf des Beobachtungszeitraums von bis zu 26 Jahren war die bariatrische Chirurgie mit einer signifikant niedrigeren Psoriasis-Inzidenz assoziiert (HR: 0,65; 95%-KI: 0,47–0,89; p = 0,008). Bei Patienten, die einen Magen-Bypass erhalten hatten, wurde das Psoriasis-Risiko fast halbiert, nach Magenband-Implantation und Gastroplastie war der Effekt geringer.

Ernährungsempfehlungen: Welche sind evidenzbasiert?

Zu speziellen Diäten bei Psoriasis, die fast jeder Patient schon einmal ausprobiert hat, gab es bislang wenig Evidenz. Das US-amerikanische Medical Board of the National Psoriasis Foundation (NPF) hat jetzt auf der Basis einer systematischen Literaturrecherche Ernährungsempfehlungen für Menschen mit Psoriasis oder Psoriasis-Arthritis erarbeitet.4 Ausgewertet wurden 55 Studien mit insgesamt 77.757 Teilnehmern, von denen 4.534 Psoriasis hatten. Daraus wurden folgende Empfehlungen für Erwachsene abgeleitet:

• starke Empfehlung für eine Gewichtsreduktion durch hypokalorische Ernährung bei übergewichtigen und fettleibigen Patienten mit Psoriasis

• schwache Empfehlung für Gluten-freie Diät bei Patienten mit positiver Serologie für etablierte Marker der Gluten-sensitiven Enteropathie

• schwache Empfehlung für eine Vitamin-D-Substitution bei Patienten mit Psoriasis-Arthritis (in Ergänzung zu einer Gewichtsreduktion durch hypokalorische Ernährung)

Diätetische Maßnahmen stellen allerdings stets nur eine Ergänzung zur medizinischen Therapie dar.

Antioxidativ und immunmodulierend: Curcumin als Nahrungsergänzung?

Unter den Nahrungsergänzungsmitteln gilt Curcumin als ein besonders effektives Antioxidans. Curcumin stammt aus dem Rhizom der Pflanze Curcuma longa (Gelbwurz). Aktuelle wissenschaftliche Daten weisen darauf hin, dass Curcumin mehr ist als ein Antioxidans und immunmodulierende Effekte entfalten kann. In vitro konnten ausgeprägte antientzündliche Effekte aufgezeigt werden5: Curcumin hemmte die Reifung von dendritischen Zellen und die Freisetzung proinflammatorischer Zytokine wie IL-23 und TNF-alpha, die bei der Psoriasis von besonderer Relevanz sind. Nachteil von Curcumin in Lebensmitteln und Nahrungsergänzungsmitteln ist allerdings die schlechte Bioverfügbarkeit. Hier darf man auf Darreichungsformen gespannt sein, welche die Aufnahme verbessern.

Komorbidität bei Psoriasis: Risiko für Lebererkrankungen erhöht

Unter den Begleiterkrankungen der Psoriasis finden Lebererkrankungen bislang noch wenig Beachtung. In einer großen Kohortenstudie in Großbritannien wurde jetzt das Risiko für Lebererkrankungen über einen Zeitraum von 20 Jahren untersucht.6 Eingeschlossen waren 197.130 Patienten mit Psoriasis, 12.308 mit Psoriasis-Arthritis, 54.251 mit rheumatoider Arthritis sowie fast 1,3 Millionen Kontrollpersonen. In allen drei Patientengruppen waren bei Patienten ohne systemische Therapie ­Lebererkrankungen häufiger als in der Kontrollgruppe: Der Risikoquotient (adjusted hazard ratio) lag bei Patienten mit Psoriasis bei 1,37, bei Patienten mit Psoriasis-Arthritis bei 1,38 und bei Patienten mit rheumatoider Arthritis bei 1,49. Unter systemischer Therapie war bei Patienten mit Psoriasis das Risiko für Leber­erkran­kungen noch etwas erhöht (1,97), ebenso bei Patienten mit Psoriasis-Arthritis (1,67), bei Patienten mit rheumatoider Arthritis da­gegen leicht erniedrigt (0,96). Der Einfluss verschiedener Therapeu­tika ist hier noch weiter zu unter­suchen. Häufigste Form der Lebererkrankung war mit 37,8 % die nicht-alkoholische Fettleber. Die alkoholische Hepatopathie machte 18,5 % aus.

Migräne häufiger bei Psoriatikern als bei Hautgesunden

Bisher noch wenig berücksichtigt wird auch die Migräne als Begleiterkrankung bei Psoriasis. In einer Kohortenstudie aus Dänemark konnte gezeigt werden, dass Psoriasis mit einem erhöhten Risiko für Migräne assoziiert ist.7 Das Risiko (fully adjusted incidence rate ratios) stieg mit der Schwere der Hauterkrankung und war bei Psoriasis-Arthritis am höchsten (1,37 bei milder und 1,55 bei schwerer Psoriasis sowie 1,92 bei Psoriasis-Arthritis). In einer Untersuchung aus Italien konnte unter 68 Psoriasis-Patienten bei 32 eine Migräne diagnostiziert werden.8 Ein großer Teil von ihnen (78 %) litt auch unter Psoriasis-Arthritis und überwiegend waren Frauen betroffen (87,5 %). Im Vergleich zu einer Gruppe mit 235 hautgesunden Migräne-Patienten trat bei den Psoriasis-Patienten die Migräne signifikant häufiger mit Aura auf (17 vs. 62,5 %) und die Zahl solcher Migräneanfälle war signifikant höher.

Certolizumab-Pegol: ein besonderer TNF-alpha-Antagonist

Das Spektrum der zugelassenen Medikamente für die Therapie der mittelschweren bis schweren Psoriasis und der Psoriasis-Arthritis erweitert sich stetig.

Für das Biologikum Certolizumab-Pegol, das zuvor nur für die Psoriasis-Arthritis zugelassen war, hat die Europäische Arzneimittel-Agentur (EMA) eine Zulassungserweiterung für die Behandlung Erwachsener mit mittelschwerer bis schwerer Plaque-Psoriasis genehmigt. Das Besondere an Certolizumab-Pegol ist, dass das Molekül zwar über eine Bindungsstelle für TNF-alpha verfügt (Fab-Anteil), im Gegensatz zu anderen TNF-alpha-Antagonisten statt des Fc-Teils jedoch einen Pegol-Rest enthält. Dies ist für eine Behandlung in der Schwangerschaft besonders relevant: Durch das Fehlen des Fc-Teils findet keine Bindung an den neonatalen Fc-Rezeptor statt und es kommt zu keiner aktiven Übertragung über die Plazenta auf das ungeborene Kind.9

Die Zulassung von Certolizumab-Pegol bei Erwachsenen mit mittelschwerer bis schwerer Plaque-Psoriasis basiert auf den drei Phase-III-Studien CIMPACT sowie CIMPASI 1 und 2:

In der CIMPACT-Studie erreichten nach zwölf Wochen Therapie 66,7 % der Patienten, die alle zwei Wochen 400 mg Certulizumab erhielten, und 61,3 % der Patienten, die vierzehntägig 200 mg erhielten, ein PASI-75-Ansprechen.10 Die PASI-75-Ansprechrate für Etanercept lag bei 53,3 % und für Placebo bei 5 %. Nach 16 Wochen lag die PASI-75-Ansprechrate unter 400 mg Certulizumab bei 74,7 %, unter 200 mg bei 68,2 % und unter Placebo bei 3,8 %. Bei 98 % der Patienten, die weiterhin alle zwei Wochen mit 400 mg Certulizumab behandelt wurden, blieb das PASI-75-Ansprechen bis zu Woche 48 erhalten, bei einer Behandlung mit weiterhin 200 mg alle zwei Wochen waren es 79,5 %.

Die gepoolten Daten der Studien CIMPASI 1 und 2 zeigten für Patienten, die alle zwei Wochen 400 mg Certulizumab erhielten, nach 16 Wochen eine PASI-75-Ansprechrate von 82 % und für Patienten, die 200 mg erhielten, von 76,7 % gegenüber 9,9 % unter Placebo.11 Der Therapieeffekt blieb über die Zeit stabil: Nach 48 Wochen lag der Anteil der Patienten mit PASI 75 unter der Dosierung von 400 mg bei 83,6 %, unter 200 mg bei 70,7 %. Die PASI-90-Ansprechrate betrug bei Patienten in der 400-mg-­Gruppe nach 48 Wochen 61,6 %, in der 200-mg-Gruppe 50 %.

Es wurden keine besonderen Sicherheitssignale identifiziert, und das Nebenwirkungsprofil entsprach im Wesentlichen dem anderer TNF-alpha-Antagonisten.

Zur Therapie der mittelschweren bis schweren Psoriasis wird eine Anfangsdosis von 400 mg empfohlen, die in zwei Teildosen subkutan in Woche 0, 2 und 4 verabreicht wird. Die Erhaltungsdosis liegt bei 200 mg alle zwei Wochen, eine Steigerung auf 400 mg alle zwei Wochen kann erwogen werden.

Guselkumab und Tildrakizumab: die ersten selektiven IL-23-Antagonisten

Während Ustekinumab neben IL-23 auch IL-12 hemmt, wurde mit Guselkumab der erste selektive IL-23p19-Antagonist zur Behandlung der mittelschweren bis schweren Psoriasis zugelassen. In der Phase-III-Studie VOYAGE 1 wurde die Gabe von Guselkumab in einer Dosierung von 100 mg in Woche 0 und 4 und dann alle 8 Wochen mit einer Therapie mit Adalimumab sowie Placebo verglichen.12 Nach 16 Wochen erreichten unter Guselkumab 73,3 % der Patienten ein PASI-90-Ansprechen, 49,7 % unter Adalimumab und 2,9 % unter Placebo. Die PASI-75-Ansprechrate lag unter Guselkumab bei 91,2 %, unter Adalimumab bei 73,1 %. Nach 16 Wochen erhielten die zuvor mit Placebo behandelten Patienten ebenfalls Guselkumab. Nach 48 Wochen zeigten 76,3 % der Patienten, die Guselkumab erhielten, ein PASI-90-Ansprechen, in der Adalimumab-Gruppe waren es 47,9 %. In der Studie VOYAGE 2, in der Guselkumab in einem aufwendigen Studiendesign ebenfalls gegen Adalimumab und Placebo geprüft wurde, konnte eine ähnlich hohe Effektivität bestätigt werden.13 Zudem konnte gezeigt werden, dass bei den PASI-90-Respondern fünf Monate nach Absetzen von Guselkumab der Effekt bei 36,8 % immer noch anhielt. Eine Subanalyse der Daten von VOYAGE 1 und 2 ergab, dass Guselkumab an für Patienten besonders wichtigen Regionen am Kopf und an den Händen und/oder Füßen dem Adalimumab signifikant überlegen ist.14 An der Kopfhaut waren 69,9 % der Patienten nach 24 Wochen unter der Therapie mit Guselkumab erscheinungsfrei (vs. 56,3 % unter Adalimumab). An den Handflächen und/oder Fußsohlen konnte mit Guselkumab bei 75 % Erscheinungsfreiheit erzielt werden (vs. 50,3 %). An den Nägeln waren die Resultate vergleichbar (Erscheinungsfreiheit bei 27,4 % vs. 27,9 %). Guselkumab ist damit auch das erste Medikament, demgegenüber Adalimumab an den Nägeln nicht besser wirkt, das bislang als Goldstandard bei der Nagel­psoriasis gilt. Mit Tildrakizumab wurde kürzlich ein zweiter IL-23p19-Antagonist zugelassen. Die Effektivität konnte in den beiden Phase-III-Studien reSURFACE 1 und 2 aufgezeigt werden.15 Die Sicherheit und Verträglichkeit der beiden selektiven IL-23-Antagonisten ist sehr gut, neue Sicherheitssignale gegenüber Ustekinumab wurden nicht beobachtet.

IL-17-Antagonist Ixekizumab: jetzt auch für Psoriasis-Arthritis zugelassen

Ixekizumab war zunächst nur für die mittelschwere bis schwere Plaque-Psoriasis zugelassen. Nun wurde auch die Zulassung für die Behandlung der Psoriasis-Arthritis erteilt. Damit ist neben Secukinumab ein zweiter IL-17A-Antagonist für beide Indikationen einsetzbar. Die Effektivität von Ixekizumab bei Psoriasis-Arthritis wurde in den Phase-III-Studien SPIRIT P1 und P2 aufgezeigt. Nach 52 Wochen erreichten 54,6 % der Patienten unter Ixekizumab in einer Dosierung von 80 mg alle zwei Wochen ein ACR50-Ansprechen, in der Dosierung von 80 mg alle vier Wochen waren es 53,1 %.16 Bei Patienten mit Psoriasis-Arthritis, die zuvor auf einen TNF-alpha-Antagonisten unzureichend angesprochen hatten, konnte unter der Therapie mit Ixekizumab in einem Intervall von vier Wochen nach 24 Wochen bei 53 % ein ACR20-Ansprechen erzielt werden, unter einer Therapie alle zwei Wochen lag die ACR20-Ansprechrate mit 48 % etwas niedriger. In beiden Gruppen zeigten knapp 40 % ein ACR50-Ansprechen.17

Barrieren für Biologika

Biologika gehören heute zur Standardtherapie der mittelschweren bis schweren Psoriasis. Fast alle zeichnen sich durch eine hohe bis sehr hohe Effektivität sowie eine gute bis sehr gute Verträglichkeit und Sicherheit aus. Allerdings verschreiben nur 40 % der in Deutschland praktizierenden Dermatologen systemische Psoriasistherapien einschließlich Biologika. Welche Gründe Ärzte daran hindern, Biologika leitliniengerecht zu verordnen, wurde anhand einer Umfrage bei allen kassenärztlich tätigen Dermatologen in Bayern untersucht.18 137 von 499 Dermatologen mit einer Niederlassungszeit von durchschnittlich

„Biologika gehören heute zur Standardtherapie der mittelschweren bis schweren Psoriasis.“

rund 18 Jahren nahmen daran teil. Nur 14 % von ihnen gaben an, Biologika zu verordnen. In Schwerpunktpraxen mit mehr als mit betreuten Psoriasis-Patienten werden signifikant mehr Biologika verordnet. Die wichtigsten Barrieren für die Verordnung waren hohe Therapiekosten (65 %), eine geringe Leistungsvergütung (62 %) sowie die Angst vor möglichen Regressen (53,3 %). Aber auch die Kollegenmeinung (11 %), fehlende Evidenz (11,7 %) und fehlende Wirksamkeit (15,3 %) wurden als Gründe genannt.

Nicht-Adhärenz häufiger als vermutet

Ein Faktor, der jede Therapie und insbesondere die mit hochpreisigen Biologika sehr teuer macht, ist mangelnde Adhärenz, das heißt, dass der Patient die Empfehlungen des Arztes nicht wie abgesprochen umsetzt. Eine aktuelle Studie aus Großbritannien zeigt, dass die Nicht-Adhärenz im Management der Psoriasis größer ist als Ärzte häufig annehmen.19 Nicht-Adhärenz kann beabsichtigt sein (intentional non-adherence), beispielsweise wenn der Patient sich entscheidet, die Dosierung zu ändern oder ein Medikament überhaupt nicht zu nehmen, weil er es für unnötig hält oder weil er Nebenwirkungen fürchtet. Wird die Verabreichung eines Medikaments vergessen, liegt eine unbeabsichtigte Nicht-Adhärenz vor. In der Untersuchung wurden mittels standardisierter Fragebögen Patienten befragt, die sich systemische Medikamente zur Behandlung einer Psoriasis selbst verabreichten. Ausgewertet wurden die Angaben von 617 Patienten. Nicht-Adhärenz war bei fast einem Viertel (22,4 %) der Patienten zu verzeichnen. Bei 12 % war die Nicht-Adhärenz beabsichtigt und bei 10,9 % unbeabsichtigt. Bei der Behandlung mit konventionellen Systemtherapeutika lag die Nicht-Adhärenz insgesamt bei 29,2 %, am höchsten war diese bei Ciclosporin mit 45,8 %. Unter einer Therapie mit Biologika zeigten 16,4 % eine Nicht-Adhärenz, und zwar 25,7 % unter Therapie mit Etanercept und 13,7 % unter Adalimumab (Abb. 2). Über 20 % der Patienten sahen bei sich einen hohen Behandlungsbedarf, hatten aber zugleich starke Vorbehalte gegenüber Psoriasis-Medikamenten sowie gegenüber Arzneimitteln allgemein. Bedenken bezüglich der Therapie waren mit beabsichtigter Nicht-Adhärenz assoziiert. Wenige feste Gewohnheiten bei der Anwendung der Medikamente begünstigten eine unbeabsichtigte Nicht-Adhärenz. Auch die Therapiedauer oder Resignation aufgrund der chronischen Erkrankung beeinträchtigten die Adhärenz.

Der Autor

Prof. Dr. med. Ulrich Mrowietz
Klinik für Dermatologie, Allergologie und Venerologie, Psoriasis-Zentrum,
Universitätszentrum Schleswig-Holstein, Campus Kiel

Ulrich.Mrowietz@uksh.de

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Bildnachweis: laski (iStockphoto); privat
Bildnachweis: jpkirakun, tomozina, Alex_Doubovitsky (iStockphoto)

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