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Dermatologie

Hautbeteiligung bei BPDCN

Blastische plasmazytoide dendritische Zellneoplasie

Prof. Dr. med. Edgar Dippel

16.8.2024

Die blastische plasmazytoide dendritische Zellneoplasie stellt eine aggressive hämatologische Neoplasie dar, deren Erstmanifestation häufig in kutanen Läsionen besteht. Je schneller die Diagnose gestellt wird, desto besser für die Prognose. Denn auch bei dieser Erkrankung führt der Weg hin zur zielgerichteten Therapie.

Die blastische plasmazytoide dendritische Zellneoplasie (BPDCN) ist mit einer Inzidenz von 0,4–0,45 pro 1 Million eine seltene und zudem aggressive Form von Blutkrebs, die sich aus unreifen Vorläufern plasmazytoider dendritischer Zellen entwickelt. Im Jahr 2016 wurde sie von der WHO als eigenständige Entität in die Gruppe der myeloischen Neoplasien und akuten Leukämien aufgenommen. In der Gruppe der primären kutanen Lymphome zeigen BPDCN eine Inzidenz von etwa 1,0–1,4 % [1].

Die Erkrankung tritt hauptsächlich bei älteren Erwachsenen auf – etwa 75 % sind männlich – und zeichnet sich durch kutane Läsionen sowie eine rasche Ausbreitung in Knochenmark, Blut und Lymphknoten aus.

Die BPDCN weist eine gewisse molekulare Heterogenität auf und teilt einige genetische Merkmale mit anderen myeloischen Neoplasien, was auf eine gemeinsame pathogenetische Grundlage hinweist. Die Koexistenz von BPDCN mit anderen myeloischen Erkrankungen ist nicht ungewöhnlich und die Therapie muss oft individuell angepasst werden, insbesondere bei Personen, die für eine intensive Behandlung weniger geeignet sind.

Diagnostik

Die Diagnosestellung der BPDCN stützt sich auf den charakteristischen Immunphänotyp der Tumorzellen.Zu den Schlüsselmarkern zählen CD123, CD4 und CD56 (TCL1, CD303, TCF-4) – bei Abwesenheit von pan-T-, pan-B- und myeloischen Markern (CD3, CD34, CD14, CD19, Lysozyme, Myeloperoxidase) [2-4]. Die Diagnosestellung erfordert eine enge Zusammenarbeit zwischen den Fachdisziplinen Hämatologie, Dermatologie und Pathologie. Histologische Untersuchungen von Hautbiopsien sowie Knochenmarkaspirationen und -biopsien sind zentral für die Bestätigung der Diagnose. Zusätzlich kann die Immunphänotypisierung von Blut- oder Knochenmarkproben zur Identifizierung der BPDCN-Zellen beitragen.

Genetische Untersuchungen zeigen keine spezifischen Läsionen für BPDCN, aber häufig komplexe chromosomale Aberrationen und Mutationen in Genen, die sowohl mit myeloischen als auch mit lymphatischen Neoplasien assoziiert sind.

Klinik

Die klinische Präsentation der BPDCN umfasst in den meisten Fällen kutane Manifestationen, die von asymptomatischen Läsionen unterschiedlicher Größe und Morphologie bis hin zu tumorösen-nodulären Manifestationen reichen können. Sie entstehen dadurch, dass plasmazytoide dendritische Zellen (pDC) in die Dermis eindringen, wo sie proliferieren und unterschiedlichste Läsionen ausbilden. Häufig sind tumorös-noduläre Manifestationen, Plaques, Papeln, kontusiforme Läsionen – als einzelne Läsion oder als Infiltrat – bis hin zu einer Purpura. Farblich imponieren diese Läsio­nen wegen der überdurchschnittlich häufigen Hämorrhagien als rötlich-violette Hämatom-artige Befunde.

Fast die Hälfte der Betroffenen zeigt zunächst einen isolierten Hautbefall. Mit fortschreitendem Krankheitsverlauf treten jedoch rasch extrakutane Manifestationen auf, insbesondere in Knochenmark, ­peripherem Blut und lymphatischen Organen. Dies führt zu Symptomen wie Zytopenien aufgrund der Knochenmarkinsuffizienz und erhöht das Risiko für Infektionen und Blutungskomplikationen. Die Art der (Erst-)Manifestation scheint keinen prognostischen Wert zu haben [5].

Therapie

Die Behandlung der BPDCN stellt aufgrund des aggressiven Verlaufs, der hohen Rezidivneigung und der insgesamt schlechten Prognose eine Herausforderung dar. Unbehandelt ist die Prognose sehr schlecht, mit medianen Überlebenszeiten von unter 2 Jahren. In einer retrospektiven Analyse von 2013 mit 43 chemotherapeutisch behandelten BPDCN-Patientinnen und -Patienten betrug das mediane Gesamtüberleben nach Diagnosestellung nur etwa 8–14 Monate [6].

Die Therapieoptionen hängen vom Allgemeinzustand der Betroffenen und von eventuellen Komorbiditäten ab. Die Behandlung beinhaltet in der Regel eine intensive Chemotherapie. Für die Primärtherapie kommen Polychemotherapien zum Einsatz, die auf Protokollen für die Behandlung akuter Leukämien oder aggressiver Lymphome basieren. Sie zielen darauf ab, eine Remission zu erreichen, die durch eine allogene Stammzelltransplantation konsolidiert werden kann.

Tagraxofusp, ein gegen CD123 gerichtetes Fusionsprotein, hat sich als vielversprechende zielgerichtete Option für die Erstlinientherapie erwiesen, insbesondere bei Personen, die für eine intensive Chemotherapie nicht geeignet sind [4,5,7].

Das mediane Überleben kann durch eine konsolidierende allogene Stammzelltransplantation signifikant verlängert werden, was bei einem Teil der Erkrankten zu längerfristigen Krankheitskontrollen führt.

Insgesamt bleibt die BPDCN eine herausfordernde Diagnose mit einem dringenden Bedarf an weiterer Forschung und klinischen Studien, um die Wirksamkeit neuer Therapieansätze zu evaluieren und die Behandlungsergebnisse für BPDCN-Patientinnen und -Patienten zu verbessern.

Je schneller die Diagnose feststeht, desto besser die Prognose

Bei einem klinischen Verdacht auf blastische plasmazytoide dendritische Zellneoplasie (BPDCN) aufgrund der Hauterscheinungen ist eine schnelle histologische Sicherung der Diagnose entscheidend. Die Dauer zwischen den ersten Symptomen und der endgültigen Diagnosestellung spielt eine signifikante Rolle als prognostischer Faktor für den Verlauf und das Outcome der Erkrankung. Eine verzögerte Diagnosestellung kann zu einer Ver­schlech­terung des Allgemeinzustands der Betroffenen führen und das therapeutische Fenster für eine effektive Behandlung, einschließlich einer möglichen kurativen allogenen Stammzelltransplantation, erheblich verkleinern.

Zukünftige Therapieansätze

Der Ausblick für die Therapie der BPDCN ist von einer zunehmend gezielten und personalisierten Behandlungsstrategie geprägt. Die Entwicklung und Zulassung von Tagraxofusp hat bereits einen wichtigen Fortschritt in der Behandlung dieser seltenen Erkrankung markiert. Denn das gegen CD123 gerichtete Fusionsprotein bietet eine zielgerichtete Therapieoption, die insbesondere in der Erstlinienbehandlung von Vorteil ist. Dennoch ist die Pro­gnose für von BPDCN Betroffene weiterhin herausfordernd, und es besteht ein dringender Bedarf an weiteren innovativen Therapieansätzen, die auf unterschiedlichen Strategien basieren.

Neue zielgerichtete Therapien

Aktuelle Forschungsprojekte konzentrieren sich auf die Identifizierung und Validierung neuer molekularer Ziele auf BPDCN-Zellen. Kandidaten wie der E-Box-Transkriptionsfaktor TCF4, der eine Schlüsselrolle in der Pathogenese der BPDCN spielt, bieten potenzielle Angriffspunkte für zukünftige Therapeutika [8].

Immuntherapien

Die Entwicklung von CAR-T-Zell-Therapien, die gegen CD123 oder andere Oberflächenantigene auf BPDCN-Zellen gerichtet sind, ist ein vielversprechender Ansatz. Diese personalisierten Immuntherapien könnten eine effektive Behandlungsoption für Betroffene darstellen, die auf herkömmliche Therapien nicht ansprechen oder einen Rückfall erleiden [9].

Kombinationstherapien

Die Kombination von zielgerichteten Therapien mit herkömmlichen Chemotherapien oder anderen ­innovativen Behandlungsansätzen könnte die­ ­Wirksamkeit erhöhen und die Überlebensraten ­verbessern. Die Kombination von Tagraxofusp mit einer Chemotherapie oder anderen zielgerichteten Agenzien wird aktuell erforscht [10].

Antikörper-Wirkstoff-Konjugate

Antikörper-Wirkstoff-Konjugate (ADC), die gezielt an BPDCN-Zellen binden und hochwirksame Zyto­statika direkt in die Tumorzellen einschleusen, sind ein weiteres vielversprechendes Forschungsgebiet. IMGN632, ein gegen CD123 gerichtetes ADC, befindet sich derzeit in klinischen Studien [11].

Klinische Studien und Forschung

Aktive klinische Studien spielen eine entscheidende Rolle bei der Weiterentwicklung der BPDCN-Therapie. Sie ermöglichen nicht nur die Bewertung neuer Behandlungsansätze, sondern tragen auch zum besseren Verständnis der Krankheitsbiologie bei. Die Teilnahme an klinischen Studien und die Registrierung in spezialisierten Registern sind entscheidend, um das Wissen über BPDCN zu er­weitern und die Entwicklung neuer Therapien voranzutreiben.

Zusammenfassend bleibt die BPDCN eine herausfordernde Erkrankung, aber die Landschaft der Behandlungsoptionen entwickelt sich stetig weiter. Die Fortschritte in der molekularen Biologie und Immuntherapie geben neue Hoffnung für die Entwicklung effektiverer und zielgerichteter Therapien, die das Potenzial haben, die Prognose für BPDCN-Patientinnen und -Patienten signifikant zu verbessern.

Der Autor

Prof. Dr. med. Edgar Dippel
Hautklinik
Klinikum der Stadt Ludwigshafen
67063 Ludwigshafen

dippele@klilu.de

  1. Herling M et al., Am J Clin Pathol 2007; 127: 687–700
  2. Reichard KK, Surg Pathol Clin 2013; 6: 743–65
  3. Riaz W et al., Cancer Control 2014; 21: 279–89
  4. Herling M et al., Onkopedia-Leitlinie „Blastische plasmazytoide dendritische Zellneoplasie”; 2022. https://www.onkopedia.com/de/onkopedia/guidelines/blastische-plasmazytoide-dendritische-zellneoplasie-bpdcn/@@guideline/html/index.html
  5. Sullivan JM et al., Hematology Am Soc Hematol Educ Program 2016; 2016: 16–23
  6. Ceribelli M et al., Cancer Cell 2016; 30: 764–78
  7. Budde LE et al., Blood 2017; 130: 811
  8. Pemmaraju N et al., N Engl J Med 2019; 380: 1628–37
  9. Pemmaraju N et al., Blood 2020; 136: 11–3
  10. Dobos G et al., Br J Dermatol 2021; 184: 1059–67
  11. Pagano L et al., Haematologica 2013; 98: 239–46

Bildnachweis: privat

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