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Zöliakie

Durchbruch in der Behandlung mit einem Small Molecule

Dr. rer. nat. Christine Reinecke

Bei der Zöliakie ist bisher einzig eine glutenfreie Diät wirksam. Nun zeigte eine aktuelle Studie, dass der Transglutaminase-2-Inhibitor ZED1227 die Dünndarmschleimhaut schützt und Entzündung, Symptomatik und Lebensqualität bei den Betroffenen verbessert.

Die Zöliakie ist die häufigste entzündliche Erkrankung des Dünndarms. Bevölkerungsbasierte Studien gehen von einer Prävalenz von 1.000 pro 100.000 Erwachsenen aus, wobei Frauen häufiger betroffen sind als Männer. Von der Pathogenese her liegt eine Autoimmunerkrankung, induziert durch das Klebereiweiß Gluten, vor. Das ist in Weizen, Dinkel, Emmer, Einkorn, Roggen und Gerste enthalten. Schon geringste Mengen führen zu einer Immunreaktion mit chronischer Entzündung und Rückbildung der Dünndarmzotten, was die resorbierende Oberfläche stark verkleinert. Das Vollbild der Zöliakie äußert sich in Durchfällen, Bauchschmerzen, Gewichtsverlust und Malabsorption. Die oligosymptomatischen Formen sind gekennzeichnet durch Eisenmangelanämie, Knochenschmerzen und Osteomalazie. Neben einer Vielzahl von Autoimmunerkrankungen können auch Unfruchtbarkeit oder Dünndarmtumoren auftreten. Eine wichtige Rolle in der Pathogenese spielt das körpereigene Enzym Transglutaminase 2. Dieses wandelt in der Dünndarmschleimhaut Glutaminreste in Gluten in negativ geladene Glutamatreste um. Dadurch werden die allergenspezifischen T-Zellen vermehrt stimuliert und die Mucosa geschädigt. Inwieweit sich eine Hemmung der Transglutaminase 2 auf die Erkrankung auswirkt, wurde in einer internationalen Studie untersucht. Beteiligt waren 20 Zentren in sieben europäischen Ländern, die meisten der 160 Patienten mit kontrollierter Zöliakie wurden in Mainz, Tampere und Oslo behandelt. Die Teilnehmer nahmen sechs Wochen lang eine tägliche Glutenbelastung und zwei Endoskopien auf sich. Der Wirkstoff ZED1227 wurde placebokontrolliert als Tablette in drei unterschiedlichen Dosierungen eingenommen. Untersucht wurde die Abschwächung der glutenbedingten Mucosaschädigung, gemessen durch das Verhältnis von Zottenhöhe und Kryptatiefe sowie die Dichte der Lymphozyten im Darmepithel. Symptomatik und Lebensqualität wurden mit dem Zöliakie Symptom-Index und dem Zöliakie Fragebogen bestimmt.  

Hoch dosiert am wirksamsten

Die geschätzte Differenz zu Placebo in der Veränderung des durchschnittlichen Verhältnisses von Zottenhöhe zu Kryptentiefe betrug von der Basislinie zu Woche 6 für 10mg Wirkstoff 0,44 (95%-KI 0,15‒0,73; p=0,001). Mit 50mg betrug die Differenz 0,49 (95%-KI 0,20‒0,77; p˂0,001), und mit 100mg Wirkstoff 0,48 (95%-KI 0,20‒0,77; p<0,001). Die geschätzte Differenz zu Placebo in der Veränderung der intraepithelialen Lymphozytendichte war -2,7 Zellen pro 100 Epithelzellen für 10mg Wirkstoff (95%-KI -7,6 bis 2,2), -4,2 Zellen pro 100 Epithelzellen bei 50mg (95%-KI -8,9 bis 0,6) und -9,6 Zellen pro 100 Epithelzellen bei 100mg (95%-KI -14,4 bis -4,8). Die Nebenwirkungen waren in allen Gruppen ähnlich: Kopfschmerzen, Übelkeit, Erbrechen und Unterleibsschmerzen. ZED1227 verhinderte in jeder Dosierung die glutenbedingte Entzündung und den Zottenschwund, am wirksamsten mit 100mg. Mit jeder Dosierung verbesserten sich auch die Zöliakie-Symptome und die Lebensqualität. Das Fazit von Univ.-Prof. Dr. Dr. Detlef Schuppan (Mainz), dem Entdecker der Transaminase 2, Mitentdecker, Studienleiter und Erstautor der Veröffentlichung im New England Journal of Medicine: „Mit ZED1227 liegt das erste erwiesen wirksame Medikament für die Behandlung der Zöliakie vor. Durch den spezifischen Wirkmechanismus im Dünndarm ist es klinisch effektiv bei geringen Nebenwirkungen.“ Eine größere Folgestudie der Phase IIb an Patienten, die auf eine glutenfreie Diät nicht ausreichend ansprechen, immerhin ca. 30% der Zöliakie-Patienten, ist ab Herbst 2021 geplant.

Orginalpublikation Schuppan D et al.; N Engl J Med 2021; 385: 35‒45

Pressemitteilung Universitätsmedizin der Johannes Gutenberg-Universität Mainz, Juli 2021

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