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Allgemeinmedizin

Wenn das „Glückshormon“ fehlt

Ursachen, Symptome und Wege aus dem Serotonin-Defizit

11.12.2025

Serotonin spielt nicht nur im Gehirn eine zentrale Rolle für Stimmung und Wohlbefinden. Auch im Darm und im Immunsystem wirkt es als vielseitiger Botenstoff. Was es bedeutet, wenn sowohl im Nervensystem als auch in den peripheren Organen ein Serotonin-Defizit vorliegt, erläutert uns Dr. med. (I) Jan-Dirk Fauteck im Interview.

Dr. med. (I) Jan-Dirk Fauteck
Wissenschaftlicher Leiter ea3m – European Academy of Preventive and Anti-Aging Medicine
32689 Kalletal

fauteck@ea3m.org

Viele denken bei Serotonin in erster Linie an Depression. Ist das zu kurz gegriffen?

Absolut. Etwa 90 % des körpereigenen Serotonins werden im Darm produziert – dort reguliert es die Motilität und beeinflusst sogar das Immunsystem. Im Gehirn hingegen wird Serotonin in deutlich geringeren Mengen synthetisiert, wirkt dort aber stark auf Stimmung, Antrieb, Schlaf und Schmerzempfinden. Ein Serotonin-Defizit ist also ein ganzheitliches Problem, nicht nur ein psychisches.

Welche konkreten Folgen hat ein Serotonin-Defizit?

Die Palette ist breit: Depressionen, Schlafstörungen oder Antriebslosigkeit gehören dazu. Auch viele Darmprobleme stehen im Zusammenhang mit einem Mangel. Erschwerend kommt es zudem meist zu einem Dominoeffekt: Fehlt Serotonin, fehlen oft auch andere Botenstoffe. Denken Sie an Melatonin: Es wird abends aus Serotonin gebildet. Wenig Serotonin bedeutet also häufig schlechten Schlaf.

Wie unterscheidet sich ein Serotonin-Mangel im zentralen Nervensystem von jenem in der Peripherie?

Im zentralen Nervensystem äußert er sich typischerweise durch depressive Verstimmungen, Angststörungen und Panikattacken, Fibromyalgie, Schlafstörungen sowie eine reduzierte Esskontrolle. Peripher hingegen kann es unten anderem zu einem Reizdarmsyndrom, chronischen Entzündungen und Fehlfunktionen der Bauchspeicheldrüse kommen. Besonders spannend: Die Blut-Hirn-Schranke verhindert, dass Serotonin selbst vom Körper in das Gehirn übertritt. Das heißt, beide Systeme sind funktionell getrennt – ein Mangel muss daher an beiden Orten separat betrachtet werden.

Wie entsteht ein Serotonin-Defizit?

Es gibt zwei Hauptursachen. Entweder der Körper produziert zu wenig Serotonin – zum Beispiel weil Nährstoffe wie B-Vitamine oder Tryptophan und 5-Hydroxytryptophan (5-HTP) fehlen. Auch das Alter spielt hier eine Rolle. Denn im Laufe des Älterwerdens verändern sich die Serotonin-Spiegel. Es kann auch passieren, dass der Körper zwar genug Serotonin herstellt, es aber nicht richtig einsetzt, zum Beispiel weil Rezeptoren nicht mehr funktionieren wie sie sollten.

Gibt es typische Auslöser für ein solches doppeltes Defizit?

Ja. Chronischer Stress ist beispielsweise unter vielen anderen ein wesentlicher Faktor. Er verschiebt Stoffwechselprozesse, sodass der Serotonin-Vorläuferstoff Tryptophan verstärkt in entzündungsfördernde Nebenwege abgeleitet wird. Auch Störungen der Mikrobiota spielen eine Rolle. Eine unausgewogene Darmflora reduziert die lokale Serotonin-Produktion und beeinflusst über die Gehirn-Darm-Achse wiederum das Gehirn.

Kann man Serotonin beispielsweise über die Ernährung ergänzen?

Serotonin selbst nicht, denn es wird im Darm abgebaut und gelangt nicht ins Gehirn. Sinnvoller ist die Zufuhr von Tryptophan oder 5-HTP, etwa über Nüsse, Bananen oder Hülsenfrüchte. Aber: Ohne ausreichend Vitamin B6, Magnesium und einem gesunden Darm nützt der beste Rohstoff nichts.

Welche therapeutischen Möglichkeiten gibt es, um die Serotonin-Produktion zu unterstützen?

Im zentralen Nervensystem kommen häufig selektive Serotonin-Wiederaufnahmehemmer (SSRIs) oder Serotonin-Noradrenalin-Wiederaufnahmehemmer (SNRIs) zum Einsatz, die allerdings teils mit gravierenden Nebenwirkungen verbunden sind. Vor einiger Zeit ist es aber gelungen, ein chronobiologisch optimiertes Kombinationsschema aus 5-HTP und L-Tryptophan zu entwickeln.

Dabei wird 5-HTP aus Griffonia-Samen in niedriger, schnell freisetzender Dosis gegeben – etwa 50 mg – und zeitversetzt ein langsam freisetzendes L-Tryptophan von rund 250 mg. So gelangt das 5-HTP direkt ins zentrale Nervensystem, während das Tryptophan später ebenfalls die Blut-Hirn-Schranke passiert. Durch diese spezielle Freisetzung wird der Abbau verhindert und das Gehirn kann Serotonin nahezu unter natürlichen Bedingungen herstellen.

Was ist das Besondere an Griffonia?

Die Samen der Griffonia simplicifolia sind wahre Serotonin-Booster, denn sie enthalten bis zu 30 % natürliches 5-HTP – das ist außergewöhnlich hoch. In der Pflanzenheilkunde wird Griffonia seit Langem bei Depressionen, Angst, Migräne und Schlafstörungen eingesetzt. Der große Vorteil des darin enthaltenen 5-HTP ist, dass es die Blut-Hirn-Schranke ohne Umwege passiert und direkt ins Gehirn gelangt. Trotzdem sollte man es nicht ohne ärztliche Rücksprache einnehmen, vor allem nicht in Kombination mit Antidepressiva.

Ihr Fazit beziehungsweise Ihre persönliche Empfehlung?

Wer Serotonin im Gehirn stärken will, sollte neben einer gezielten nebenwirkungsarmen Substitution auch auf Darmgesundheit, Bewegung und ausgewogene Ernährung achten. Serotonin ist ein genialer Netzwerkspieler im menschlichen Körper – und ein Defizit ist nur dann zu lösen, wenn man das gesamte Netzwerk im Blick behält.

Herr Dr. Fauteck, vielen Dank für dieses Gespräch.

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