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Allgemeinmedizin

Übergewicht

Bei Adipositas nimmt auch die Psyche eine wichtige Rolle ein

Elke Klug

23.9.2022

Adipositas hat immer auch eine psychische Komponente. Je nach Schweregrad und Begleiterkrankungen suchen viele betroffene Patienten diesbezüglich ärztliche Hilfe. Wie mit diesem Anliegen umgegangen werden sollte und welche Rolle Medikamente dabei spielen können, wurde in einem Experten-Seminar diskutiert.

Mangelnder Selbstwert, Stigmatisierung, depressive Episoden infolge eines Übergewichts lassen viele Menschen extrem leiden. In der Folge suchen sie medizinische Unterstützung. „Aber ganz so einfach ist es nicht mit der Reduktion des Körpergewichts“, betonte Univ.-Prof. Dr. med. Stephan Herpertz, Klinik für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie in Bochum. Es sei ein Eingriff in ein komplexes ­Geschehen. Besonders in Hausarztpraxen sei es deshalb wichtig, bei Patienten, die „einfach nur abnehmen wollen“, den Ursachen auf den Grund zu gehen, ohne zu „psychiatrisieren“.

Vielfältige Anamnese

Zur Anamnese gehören unbedingt die genetische Disposition, psychische komorbide Störungen wie Depressionen, Angst-, Ess- und/oder Traumafolgestörungen wie eine posttraumatische Belastungsstörung sowie die Frage nach sozialem Umfeld und Ausbildung. All das sind Faktoren, die sich z. T. gegenseitig bedingen und Einfluss haben können auf die Lebensführung, insbesondere die Ernährung, Bewegung und Stressverarbeitung. Oft kommen bei adipösen Menschen viele Risiken zusammen, die zum Übergewicht geführt haben, und in vielen Fällen psychische Folgen haben. Was dann wiederum zu Essstörungen wie die Binge-Eating-Disorder (unkontrollierte Essanfälle ohne gegenregulatorische Maßnahmen wie bei Bulimie) führen kann, was dann wiederum zu einem Risiko für Adipositas wird.

Realistisches Therapieziel anvisieren

Um diese Patienten ganzheitlich zu betreuen, rät Herpertz, sich nicht davor zu scheuen, alle relevanten Umstände mit den Hilfesuchenden zu besprechen. Vor allem sollten sie über die limitierten Möglichkeiten aufgeklärt werden, ausschließlich über Verhaltensänderung oder Diäten dauerhaft an Gewicht zu verlieren. Erfolg versprechend sei vielmehr, gemeinsam mit den Betroffenen ein realistisches Therapieziel anzuvisieren, Patienten mit komorbiden somatischen und psychischen Krankheiten ggf. zum Facharzt zu überweisen sowie Therapieoptionen der Adipositas abzuwägen und einzuleiten, um das Gewicht im Bereich des Möglichen zu reduzieren und zu halten. So kann die Strategie innerhalb eines multimodalen Therapieansatzes neben Maßnahmen zur Änderung von Lebensstil und Essverhalten eine Psychotherapie bei psychischen Störungen wie Ess­störungen, eine bariatrische Operation oder auch eine ­medikamen­­töse Therapie umfassen.

Seit GLP-1-Rezeptoragonisten wie Liraglutid und Semaglutid wegen ihres gewichtsreduzierenden ­Effekts auch zur Adipositastherapie zugelassen sind, könne deren Gabe bei Adipositaspatienten eine sinnvolle ergänzende Option sein. Bei komorbiden psychischen Störungen wäre laut Herpertz auch eine Psychopharmakotherapie oder Psychotherapie indiziert.

Seminar „Adipositas aus psychischer Sicht“ (Veranstalter: Novo Nordisk Pharma GmbH), Juni 2022

Bildnachweis: privat

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