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Dermatologie

Systemische Sklerodermie

Gegen die Erstarrung

Angelika Ramm-Fischer

28.2.2022

Die systemische Sklerodermie ist zwar selten, kann aber lebensbedrohlich werden, wenn sich durch die vermehrte Fibroblasten-Aktivität beispielsweise eine Lungenfibrose oder eine Niereninsuffizienz einstellt. Mit modernen Biologika können diese Prozesse gebremst werden.

Die meisten Dermatologen kennen die eindrucksvollen Bilder von Sklerodermie-Patienten, die quasi von der eigenen Haut eingemauert sind. Denn ­pathophysiologisch liegt der systemischen Sklerodermie (SSc) eine erhöhte Kollagensynthese zugrunde – vermutlich durch eine zelluläre Dysfunktion der Fibroblasten oder der T-Lymphozyten mit der Folge einer steigenden Fibroblastenaktivität. Doch ist es nicht die Hautverhärtung, aufgrund der die SSc unter den rheumatologischen Erkrankungen die höchste Mortalität aufweist, sondern vielmehr die Beteiligung der kleinen Gefäße, die alle Organsysteme schädigen und so die Lebenserwartung einschränken kann.


Die SSc ist insgesamt selten. In Deutschland wird die Inzidenz auf etwa 19 pro eine Million und die Prävalenz auf 300 pro eine Million Einwohner geschätzt. Danach gäbe es in Deutschland ca. 1 500 neue SSc-Patienten pro Jahr und insgesamt etwa 25 000 Erkrankte mit einem Erkrankungsgipfel zwischen 50 und 60 Jahren, wobei Frauen etwa viermal häufiger betroffen sind als Männer.

(Früh-)Symptom: Raynaud plus ANA

Wie Prof. Dr. med. Thomas Krieg von der Universität Köln auf dem diesjährigen Kongress der Europäischen Gesellschaft für Dermatologie und Venerologie (EADV) betonte, ist das ­Raynaud-Phänomen Leitsymptom. Vasospasmen und Minderdurchblutung an den Fingern (seltener an den Zehen) sind kennzeichnend für den Krankheitsbeginn und treten nahezu bei allen SSc-Patienten auf. Aber es gibt noch weitere Frühsymptome, die den Verdacht auf eine SSc lenken können:

  • Schwellungen und Rötungen an den Fingern, „Puffy Fingers“ genannt,
  • verkürztes Zungenbändchen und
  • Teleangiektasien.

Leider werden diese Veränderungen oft nicht wahrgenommen, zumal sich zu Krankheitsbeginn Fingerschwellungen und Raynaud-Symptomatik wieder bessern. Meist werden die Frühsymptome erst ­Jahre, nachdem die Diagnose gestellt wurde, der ­Erkrankung zugeordnet.


Finden sich Zeichen einer SSc, sollten die Patienten zeitnah an einen Rheumatologen überwiesen werden. Hier kann eine umfangreiche Labordiagnostik erfolgen, die nicht nur die Suche nach antinukleären Antikörpern (ANA) umfasst, sondern auch nach weiteren SSc-spezifischen Autoantikörpern (Anti-­Centromer- und Anti-Topoisomerase-I-Antikörper) fahndet. Auch mittels Kapillarmikroskopie des ­Nagelfalzes können Veränderungen an den kleinsten Gefäßen (Mikroangiopathien) früh nachgewiesen werden.

Diffus oder limitiert?

Eingeteilt wird die SSc in drei Kategorien, wie Krieg ­erläuterte:

Limitierte systemische Sklerose (lSSc)

Bei dieser Form (früher CREST-Syndrom mit Kalzinose, Raynaud-Syndrom, gestörter Peristaltik des Ösophagus, Sklerodaktylie und Teleangiektasien) ­beschränkt sich die Hautmanifestation auf ­Gesicht, Hände und Füße und geht nicht über die Ellenbogen oder die Knie hinaus. Auf die lSSc entfallen etwa 45,5 % der Erkrankungen. Bei lSSc tritt das Raynaud-Syndrom über Jahre immer wieder auf, die Organbeteiligung folgt erst später, jedoch mit dem Risiko für einen Lungenhochdruck. Diagnostisch lassen sich häufig Anti-Centromer-Antikörper nachweisen.

Diffus systemische Sklerose (dSSc)

Die dSSc findet sich bei etwa 32,7 % der Betroffenen, bei denen das Raynaud-Phänomen nur für wenige Monate auftritt. Die Hautmanifestation geht über Ellenbogen und Knie hinaus und befällt neben dem Gesicht auch den Körperstamm. Es kommt schon früh zu Manifestationen an den inneren Organen, ein hoher Entzündungsgrad und Scl-Antikörper sind nachweisbar.

Systemische Sklerose sine Scleroderma

Bei dieser Variante (etwa 1,5 % der SSc-Patienten) zeigen die Betroffenen typische serologische Parameter und Manifestationen an den Organen, jedoch nicht an der Haut. Besonders Patienten mit Anti-Ro-Antikörpern zeigen wenig oder keine Hautbeteiligung.

Overlap-Syndrom

Beim Overlap-Syndrom, das etwa 11 % der Patienten betrifft, finden sich Zeichen einer SSc in Kombination mit anderen rheumatischen Erkrankungen wie dem systemischen Lupus erythematodes, der Dermatomyositis oder der rheumatoiden Arthritis.

Vaskulopathie in allen Organsystemen

Da es sich bei der SSc vor allem um eine entzündliche Fibrose und eine Vaskulopathie der kleinen Gefäße handelt, können auch alle Organsysteme von Veränderungen betroffen sein. So kann beispielsweise die Fibrose die Darmperistaltik beeinträchtigen, es kommt zu Arthralgien, Herzrhythmusstörungen oder renalem Bluthochdruck.

Auf Lunge und Nieren prüfen

Entsprechend sollte ein Screening auf SSc-typische Manifestationen an inneren Organen erfolgen. Beson­deres Augenmerk ist hier auf die Lungenfunktion zu richten, denn die pulmonal arterielle Hypertonie (PAH) und die interstitielle Lungenerkrankung (interstitial Lung Disease, ILD) im Sinne einer Lungen­­fibrose sind die häufigsten Todesursachen bei SSc-Patienten. So haben Betroffene mit PAH eine 3-Jahres-Überlebensrate von etwa 56 %.

Immunologische Therapie

Die Therapie beschränkt sich derzeit auf symptomatische Maßnahmen. Doch der Fortschritt bei den Biologika sollte auch SSc-Patienten zugutekommen – schließlich handelt es sich um eine Autoimmun­erkrankung.


Hier stehen vor allem die Lungenfunktionsstörungen im Fokus der Forschung. Bei einigen Substanzen sind erste Erfolge bezüglich der Progressionsverzögerung zu verzeichnen. Prof. Dr. med. Oliver Distler von der Universität Zürich berichtete auf dem EADV-Kongress über aktuelle Studien. So können offenbar der IL-6-Hemmer Tocilizumab und der Tyrosinkinase-Hemmer Nintedanib die progrediente Lungenfunktionsstörung aufhalten. Die fortschreitende Hautsklerose wird möglicherweise durch Rituximab gebremst.


Wie Distler beklagte, fehlen allerdings nach wie vor genügend kontrollierte Studien, um weitreichende Therapieempfehlungen auszusprechen. Die derzeitigen europäischen Guidelines stammen aus dem Jahr 2017, die deutsche Leitlinie von 2014 wird derzeit überarbeitet.

Virtueller Kongress der Europäischen Gesellschaft für Dermatologie und Venerologie (EADV)

Vortrag Prof. Dr. med. Thomas Krieg (Köln), „Managing vasculopathy and sclerosis in scleroderma“, Oktober 2021
Vortrag Prof. Dr. med. Oliver Distler (Zürich), „Antifibrotic Therapy for Systemic Sclerosis“, September 2021

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