Die Phenylketonurie (PKU) gehört zu den häufigsten angeborenen Stoffwechselerkrankungen. Die bisherige Therapie bestand aus einer strengen eiweißreduzierten Diät, die zu vielen Einschränkungen im Leben geführt hat. Mittlerweile stehen aber verschiedene, weniger einschränkende medikamentöse Therapieoptionen zur Verfügung.
Bei der autosomal-rezessiv vererbten PKU ist die Funktion der Phenylalaninhydroxylase (PAH) durch eine Mutation im PAH-Gen vermindert. Dadurch kann die Aminosäure Phenylalanin (Phe) nicht zu Tyrosin (Tyr) umgewandelt werden. Folge ist einerseits ein Mangel an Tyr sowie andererseits die Anhäufung toxischer Metabolite wie Phenylpyruvat oder Phenylacetat. Physiologische Phe-Werte liegen bei 60–120 µmol/l, Zielwerte der Therapie betragen nach der europäischen Leitlinie < 600 µmol/l. Tetrahydrobiopterin (BH4) ist ein essenzieller Kofaktor der PAH. Mutationen im BH4-Bindungsbereich der PAH führen oft zu milderen Verläufen der PKU. BH4-Synthesestörungen können zusätzlich zu einem Dopaminmangel mit Bewegungsstörungen führen [1].
Mit einer Inzidenz in Deutschland von ca. 1 : 8 000 bis 1 : 10 000 Neugeborenen pro Jahr stellt die PKU eine der häufigsten angeborenen Stoffwechselerkrankungen dar. Die Heterozygotenfrequenz beträgt 1 : 50. Unbehandelt führt die PKU im frühen Kindesalter zu schwerer psychomotorischer Retardierung, Epilepsien und IQ-Minderung bis < 35. Betroffene weisen oft einen hellhäutig, blond und blauäugigen Phänotyp auf. Daher wurde 1968 in Deutschland ein flächendeckendes Neugeborenenscreening eingeführt, wodurch fast alle Fälle bei Neugeborenen kurz nach der Geburt erkannt werden. Spätdiagnosen treten meist bei Zugewanderten auf.
Bei Erwachsenen führen erhöhte Phenylalaninwerte u. a. zu Konzentrationsstörungen („Brain Fog“), Vergesslichkeit, Tagesmüdigkeit, Reizbarkeit, Stimmungsschwankungen, Kopfschmerzen, depressive Verstimmungen, seltener treten Tremor oder neurologische Ausfälle auf. Im cMRT können reversible periventrikuläre Leukenzephalopathien als Zeichen der Schädigung dargestellt werden. Die Symptome entwickeln sich für die Erkrankten meist unbemerkt bzw. schleichend und werden oft erst nach Senkung der Phe-Werte deutlich verbessert wahrgenommen. Daher wird u. a. in der europäischen Leitlinie auch eine lebenslange Therapie empfohlen [2].
Etablierte Therapieoptionen
Seit den 1960er-Jahren bestand die einzige Therapieoption aus einer strengen eiweißreduzierten Diät unter gleichzeitiger Substitution von synthetischen phenylalaninfreien Aminosäuremischungen. Die mögliche tägliche Proteinzufuhr ist abhängig von der Enzymrestaktivität, beträgt aber für Betroffene mit einer klassischen PKU meist nur 10–20 g pro Tag. Die Einhaltung der diätetischen Therapie gestaltet sich daher vor allem im Erwachsenenalter – mit größerer Ernährungsfreiheit und ohne elterliche Kontrolle – häufig schwierig. Grund dafür sind soziale Einschränkungen und starke negative Implikationen auf den Alltag. Hinzu kommt, dass Eiweißersatzprodukte geschmacklich meist wenig attraktiv sind und trotz zugesetzter Süßstoffe und Aromen von den meisten Patienten und Patientinnen nur eingeschränkt akzeptiert werden [3].
Mit Sapropterin wurde 2008 die erste medikamentöse Therapie entwickelt. Als synthetisch hergestellte Version von BH4 kann es im Falle einer nachgewiesenen Responsibilität gegenüber BH4 den Erkrankten in einer täglichen Dosierung von 10 bis 20 mg/kg KG verordnet werden und führt zu einer gesteigerten Eiweißtoleranz. Da aber nur ein geringer Anteil der Erkrankten BH4 responsibel sind, steht diese Option nur einem geringen Teil zur Verfügung [4].
Pegvaliase als Enzymersatztherapie
Die erste Enzymersatztherapie wurde 2019 mit Pegvaliase etabliert. Die Applikation erfolgt per subkutaner Injektion und wirkt durch Spaltung von Phenylalanin in Ammoniak und Zimtsäure, welche dann über den Urin ausgeschieden werden. Hierdurch können im Idealfall die Phenylalaninwerte bei einer vollen eiweißreichen Diät suffizient bis auf die Normwerte gesenkt werden. Aufgrund des hohen allergenen Potenzials und der damit einhergehenden Nebenwirkungen wie Hautausschlag, Juckreiz, Gelenkbeschwerden bis hin zum anaphylaktischen Schock stellt dies aber nicht immer eine valide Therapieoption dar [5]. Umso erfreulicher, dass mit der Zulassung von Sepiapterin im Juni 2025 eine weitere Pharmakotherapie für die Breite der PKU-Erkrankten verfügbar wurde. Sepiapterin ist der natürliche Vorläufer von BH4 und wird zellulär über den Salvage-Pathway zu BH4 umgewandelt. Hierdurch können deutlich höhere Konzentrationen von BH4 als durch die Einnahme von Sapropterin erreicht werden und auch eine Wirkung bei BH4 nicht responsiblen Personen erreicht werden. Durch einen Chaperon-Effekt auf das mutierte PAH wird deren Restfunktion zusätzlich verbessert. Die Einnahme erfolgt täglich oral und das Präparat weist im Vergleich zu Pegvaliase ein deutlich verträglicheres Nebenwirkungsprofil auf. Ob der Effekt auf die tägliche Proteinzufuhr in der echten klinischen Anwendung Pegvaliase entspricht, bleibt abzuwarten [6]. Ferner ist kritisch der angestrebte hohe sechsstellige Preis für das Präparat zu erwähnen, wobei die finale G-BA-Bewertung zum aktuellen Zeitpunkt noch aussteht.
Mit Pegvaliase und Sepiapterin stehen nun erstmalig in der Behandlung der PKU 2 verschiedene medikamentöse Therapieoptionen für den Großteil der PKU-Patienten zur Verfügung, die beide suffizient Phenylalaninwerte senken können. Hierdurch wird eine von den Patientinnen und Patienten wahrgenommene Abkehr der strengen und häufig als einschränkend eiweißreduzierten Diät möglich.
Der Autor
Prof. Dr. med. Stephan vom Dahl
Klinik für Gastroenterologie, Hepatologie und Infektiologie
Universitätsklinikum Düsseldorf
Der Autor
Dr. med. Jan Köhler
Klinik für Gastroenterologie, Hepatologie und Infektiologie
Universitätsklinikum Düsseldorf
Bildnachweis: privat