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Allgemeinmedizin

Sensomotorische diabetische Polyneuropathie

Optimales Therapiemanagement des Diabetes mellitus essenziell

PD Dr. med. Ovidiu Alin Stirban

31.5.2022

Betroffene einer sensomotorischen diabetischen Neuropathie klagen über Schlafstörungen, die sich negativ auf die Leistungsfähigkeit auswirken, oder starke, chronische Schmerzen, die zu Depressionen führen können. Zudem besteht das Risiko eines diabetischen Fußsyndroms. Wie sieht ein gutes Therapiemanagement aus?

„Die diabetische Neuropathie ist eine klinisch manifeste oder subklinische Erkrankung der peripheren Nerven, die infolge eines Diabetes mellitus ohne andere Ursachen auftritt. Sie kann das somatische und/oder das autonome Nervensystem betreffen“, so die Definition der Deutschen Diabetes Gesellschaft (DDG). Von den Patienten mit Diabetes mellitus leidet etwa jeder dritte daran.

Die distal-symmetrische sensomotorische Polyneuropathie (DSPN) macht etwa drei Viertel aller diabetischen Neuropathien aus und kennzeichnet sich durch Symptome und/oder Defizite: Quälende Schmerzen und Missempfindungen meistens in den unteren Extremitäten, die insbesondere in Ruhe vorkommen, können die Lebensqualität der Betroffenen erheblich beeinträchtigen. Von einer schmerzhaften Form der Erkrankung sind 13–26 % der Diabetiker betroffen. In bis zu 50 % der Fälle kann die DSPN aber auch asymptomatisch verlaufen. In diesem Fall kommt es zur Abnahme der Empfindung etwa für Schmerz-, Temperatur-, Vibration oder Berührungsreize. Da diese Veränderungen von den Patienten nicht aktiv wahrgenommen werden, wird die Diagnose häufig erst verzögert gestellt, wenn man nicht genau untersucht. Gleichwohl ist die DSPN ein bedeutender Risikofaktor für die Entstehung eines diabetischen Fußsyndroms (DFS). So ist in 85–90 % der Fälle die Nervenschädigung an der Ätiologie des DFS beteiligt und hat damit einen erstrangigen Stellenwert in der Risikokonstellation für DFS und Amputationen, zusammen mit der peripheren arteriellen Verschlusskrankheit (pAVK). Da Patienten mit neurologischen Defiziten ein erhöhtes Risiko aufweisen, ein diabetisches Fußsyndrom zu entwickeln, werden folgende Maßnahmen zur Prävention empfohlen:

  1. Tägliche Inspektion der Füße
  2. Tragen von komfortablen, nicht zu engen Schuhen. Bei Bedarf sind die Patienten mit Diabetesschutzschuhen mit Weichpolstersohle, ggf. mit orthopädischen Schuhen zu versorgen.
  3. Regelmäßige podologische Komplexbehandlung
  4. Zeitnahe Vorstellung beim Arzt, sobald Wunden entstehen.

Pathogenetisch spielt bei der Entstehung der DSPN die Hyperglykämie eine bedeutende Rolle, die wiederum erhöhten oxidativen Stress oder die Bildung toxischer Produkte, z. B. Advanced Glycation Endproducts (AGE), fördert.

Die Diagnose DSPN ist eine Ausschlussdiagnose. Häufige Ursachen oder Mitursachen, die es auszuschließen gilt, sind: Alkoholabusus, Vitamin-B12-Mangel (insbesondere unter Metformintherapie), Vitamin-B1-Mangel, Urämie, Hypothyreose, Paraproteinämie, monoklonale Gammopathie, neurotoxische Medikation, pAVK, maligne sowie entzündliche und infektiöse Erkrankungen.

Holistischer Therapieansatz

Im Konsensus zum Management der DSPN [1] verweisen wir auf einen holistischen Ansatz, basierend auf drei Grundsteinen:

  1. Optimierung der Blutzuckerkontrolle, Lebensstilmodifikationen und Kontrolle von kardiovaskulären und anderen Risikofaktoren,
  2. pathogenetisch orientierte Pharmakotherapie und
  3. symptomatische Pharmakotherapie im Falle einer schmerzhaften DSPN (Abb.).

Für die pathogenetisch orientierte medikamentöse Therapie stehen das Antioxidans Alpha-Liponsäure und das fettlösliche Benfotiamin zur Verfügung. Für die symptomatische Schmerzbehandlung werden nach Expertenkonsens als Analgetika der ersten Wahl die Antikonvulsiva Gabapentin sowie Pregabalin und die Antidepressiva Duloxetin sowie Amitriptylin empfohlen. Zweite Wahl ist Tramadol und dritte Wahl sind stärkere Opioide und ggf. zusätzlich Capsaicin-Salbe oder -Pflaster.

Der Autor

PD Dr. med. Ovidiu Alin Stirban
Chefarzt
Diabetologie und Endokrinologie
Asklepios Klinik Birkenwerder

a.stirban@asklepios.com

Ziegler D et al., Curr Diab Res 2021; https://doi.org/10.1016/j.diabetes.2021.109063

Bildnachweis: privat

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