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Allgemeinmedizin

Schmerzmedizin

Leitliniengerechte Tumorschmerztherapie

5.10.2023

In der revidierten Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Schmerzmedizin zum Tumorschmerz stehen laut Dr. med. Johannes Horlemann (Kevelaer) 3 Punkte im Mittelpunkt: neue Therapiestandards, die 24-Stunden-Retardformulierung sowie die Patientenautonomie.

Generell leiden 60 % der Patienten im Endstadium einer onkologischen Erkrankung unter schwersten Schmerzen. Die Diagnostik erfolgt nach den Mindeststandards des „Brief Pain Inventory“ der WHO, ­welcher auch die Kriterien Schlaf, Aktivität, Psyche und Soziales erfasst.

Tumorpatienten bevorzugen eine orale Pharmakotherapie, wobei nicht zwingend alle 3 Stufen des WHO-Schmerzschemas durchlaufen werden müssen. Leitliniengerecht erfolgt die medikamentöse Tumorschmerztherapie als Dauerbehandlung mit festen Einnahmezeiten, sodass eine 24-stündige Abdeckung durch Retardfreisetzung sichergestellt ist.

Am Beispiel einer Patientin mit metastasiertem Mammakarzinom und exazerbiertem Schmerz erläuterte Dr. med. Norbert Schürmann (Moers) die Basismedikation (retardiert). Bisherige Therapie: u. a. Hydromorphon 4 mg retard 1-0-0 und Hydromorphon 1,3 mg bis zu 6 x täglich. Oxycodon/Naloxon wurde abgesetzt und vorsichtig mit 1 Ampulle (2 mg) Hydromorphon (auf 10 ml NaCl 0,9 %) mit 1 ml i. v. pro Minute titriert, bis die Patientin einen VAS von 3–5 angab. Dann Umstellung auf ein dosisäquivalentes Retardopioid (18 mg) plus Bedarfsmedikation von etwa 3 mg (unretardiert). Auf der Palliativstation blieb der VAS bei 2–3 unter der Gabe von 24-Stunden-Hydromorphon oral 48 mg 0-0-1, keine Bedarfsmedikation nötig, kein „End-of-Dose“-Phänomen.

24-Stunden-Abdeckung mit Hydromorphon

Über einen Patienten mit metastasiertem Prostatakarzinom in der Palliativsituation berichtete Dr. med. Silvia Maurer (Bad Bergzabern). Er litt unter stärksten Dauerschmerzen (NRS 7–8/10), Anämie, Schlafstörungen, Übelkeit und Kachexie. Bisherige Therapie u. a. mit Fentanyl TTS 12,5 μg/Std. und Fentanyl Buccal 400 μg bei Bedarf. Das Transdermalpflaster wurde abgesetzt und eine Opioidrotation mit Hydromorphon akut durchgeführt (2,6 mg alle 6 Stunden), dann Hydromorphon 48 mg alle 24 Stunden.

Vorzugssubstanz in der Tumorschmerztherapie ist gemäß Leitlinien das verträgliche und bei neuropa­thischen, nozizeptiven und viszeralen Schmerzen wirkende Hydromorphon. Es hat die geringste Eiweißbindung unter den gängigen Opioiden und kann als Einmalgabe in 24-Stunden-Galenik abends zur besseren Nachtruhe verabreicht werden.

Bei älteren Patienten wichtig: Hydromorphon wird nicht über das P450-System verstoffwechselt, interveniert also nicht bei einer Multimedikation. Generell empfiehlt sich, bei einer Wirkstoffgruppe zu bleiben, da die gleiche Affinität zum μ-Rezeptor besteht, beispielsweise Hydromorphon retardiert plus Bedarfs­medikation unretardiert.

In jedem Alter zu beachten: Zuerst die 24-Stunden-Abdeckung sichern, dann eventuell zusätzlich Morphin geben. Gute Erfahrungen wurden mit Cannabinoiden (THC, CBD) als Co-Analgetika gemacht. Sie wirken synergistisch und verbessern das Outcome in Bezug auf Kachexie, Appetitlosigkeit, Übelkeit und Angst.

Webinar „Tumorschmerz-Leitlinie: was ist neu?” (Veranstalter: Aristo Pharma GmbH), Juli 2023

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