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Allgemeinmedizin

Renale Azidose

Bicarbonat-Substitution - Antihypertensiva-Bedarf lässt sich senken

Dr. med. Peter Stiefelhagen

10.10.2023

Ein umfassendes Review konnte jetzt zeigen, dass eine Natriumbicarbonat-Substitution bei Patienten mit einer metabolischen Azidose nicht zu einer systolischen Blutdruckerhöhung führt. Vielmehr kann der Bedarf an Antihypertensiva sogar sinken.

Die arterielle Hypertonie ist ein entscheidender Risikofaktor für die Manifestation und Progression einer chronischen Niereninsuffizienz (CKD). Darüber hinaus ist der Bluthochdruck ein wichtiger Risikofaktor für kardiovaskuläre Ereignisse. Doch bei der arteriellen Hypertonie ist die Niere Täter und Opfer zugleich. Mit anderen Worten, eine CKD geht mit einem Blutdruckanstieg einher. So haben Patienten mit einer CKD Stadium 3–5 ein dreifach erhöhtes Risiko für die Entwicklung einer Hypertonie.

Nach den offiziellen Empfehlungen der nationalen und internationalen Fachgesellschaften sollte deshalb bei Patienten mit einer CKD ein systolischer Blutdruck von < 120 mmHg angestrebt werden, wobei auch eine Kochsalzrestriktion empfohlen wird.

Metabolische Azidose verschlechtert Outcome

Die metabolische Azidose mit einem Bicarbonat-Spiegel < 22 mmol/l ist ebenfalls mit schlechteren gesundheitlichen Outcomes assoziiert, wobei die Inzidenz mit dem Schweregrad der CKD korreliert. So findet sich die metabolische Azidose bei 7 % der CKD-Patienten im Stadium 2 und bei 37 % im Stadium 4.

Bei der Pathogenese der metabolischen Azidose spielt die Unfähigkeit der Niere, Säuren auszuscheiden, ebenso eine Rolle wie eine verminderte Freisetzung von Bicarbonat-Ionen. Die Leitlinien empfehlen deshalb eine Natriumbicarbonat-Substitution. Dabei stellt sich aber die Frage, ob durch die Gabe eines Natrium-Präparats ein Blutdruckanstieg oder eine Überwässerung induziert werden können.

Dieser Frage ist man im Zuge zahlreicher Studien nachgegangen. Während ein Blutdruckanstieg bei Gabe von Natriumchlorid durchaus der Fall sein kann, konnte dies für das Natriumbicarbonat nicht gezeigt werden, im Gegenteil, der Blutdruck wurde in einigen Metaanalysen sogar günstig beeinflusst. Bisher gab es aber keine randomisierten Studien, die den Einfluss einer Natriumbicarbonat-Substitution auf die antihypertensive Medikation inklusive Diuretika untersucht haben.

Effekte von Natriumbicarbonat auf den systolischen Blutdruck

Weniger Antihypertensiva

Im Zuge eines systemischen Reviews und einer Metaanalyse randomisiert kontrollierter Studien wurde jetzt dem Aspekt nachgegangen, welchen Effekt Natriumbicarbonat bei Patienten der CKD-Stadien 1–5, die noch nicht dialysiert werden müssen, auf den systolischen Blutdruck hat.

Zugleich wurde analysiert, ob und wie oft durch die Natriumbicarbonat-Substitution eine Änderung der antihypertensiven und insbesondere der diuretischen Therapie erforderlich wurde.

Analysiert wurden Daten aus 14 randomisierten Studien mit insgesamt 2 110 Patienten bei einem medianen Follow up von 27 Wochen. Das mittlere Alter betrug 60 Jahre, der mediane systolische Blutdruck 136 mmHg, die mediane geschätzte glomeruläre Filtrationsrate (eGFR) 38 ml/min und der mittlere Wert für das Serum-Bicarbonat lag bei 22 mmol/l.

Insgesamt ergab sich kein signifikanter Unterschied zur Kontroll-Gruppe. Es fand sich kein erhöhter ­Bedarf an Antihypertensiva bzw. Diuretika in der Bicarbonat-Gruppe. Im Gegenteil, bei 575 Patienten aus der ­Bicarbonat-Gruppe konnte die Dosis der Antihypertensiva häufiger reduziert werden als in der Kontroll-Gruppe. Mit Blick auf Diuretika fand sich ebenfalls kein Unterschied zwischen den beiden Gruppen. Auch in der Natriumbicarbonat-Gruppe war keine Dosissteigerung bei den Diuretika erforderlich. Was die einzelnen antihypertensiven Substanzen betrifft, so stieg in der Kontroll-Gruppe der Bedarf an Beta-Blockern und Vasodilatatoren, bei den RAAS-Inhibitoren fand sich kein Unterschied [1].

Die Studienautoren erklären, dass es keinerlei gesicherte Hinweise dafür gibt, dass die Bicarbonat-Substitution hinsichtlich des systolischen Blutdrucks ungünstige Wirkungen zeigt und eine solche auch keine Steigerung der antihypertensiven Medikation erforderlich macht, sondern vielmehr eine Chance bietet, die Dosierung der Antihypertensiva reduzieren zu können. Diese Ergebnisse sind konsistent mit denen aus früheren Metaanalysen.

Fazit

Hypertonie ist ein wichtiger Risikofaktor für die CKD und kardiovaskuläre Ereignisse. Bei Hypertonie ist die Niere Opfer und Täter zugleich. Die metabolische Azidose bei CKD erfordert eine Natriumbicarbonat-Substitution. Diese erhöht weder den systolischen Blutdruck noch führt sie zu einer Überwässerung. Der Bedarf an Antihypertensiva und Diuretika wird durch die Bicarbonat-Substitution nicht gesteigert. Vielmehr besteht dadurch die Chance, die Dosierung der Antihypertensiva reduzieren zu können.

1 Beynon-Cobb B et al., CJASN 2023; 18: 435–45

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