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Abrechnung

Kardiovaskuläre Erkrankung

Abrechnungsoptionen bei Autoimmunmyokarditis

Dr. med. Dr. rer. nat. Peter Schlüter

7.10.2022

Inflammatorische Kardiomyopathien lassen sich unterteilen in chronische (Virus-)Myokarditiden und die Autoimmunmyokarditis. Bei beiden Varianten lassen sich histologisch/immunhistochemisch eine intramyokardiale Inflammation belegen, aber nur bei erster können kardiotrope Erreger nachgewiesen werden.

Eine Autoimmunmyokarditis kann bei entsprechender Veranlagung durch exogene Faktoren wie eine virale oder bakterielle Infektion, Toxine (Alkohol, Chemotherapeutika) oder eine Ischämie infolge eines Myokardinfarkts ausgelöst werden. Darüber hinaus kann sie bedingt sein durch Autoimmun­erkrankungen wie systemischer Lupus erythematodes (SLE), rheumatoide Arthritis (RA), Sarkoidose oder Psoriasis (detaillierte Informationen zur Pathogenese siehe Seiten 8–10). Die Symptomatik ist vielfältig, nicht selten kommt es zu Atemnot, Rhythmusstörungen und Leistungsabnahme.

Gerade bei jungen Menschen, die keine Risikofaktoren für eine koronare Herzkrankheit (KHK) haben, sollte bei einer auffallenden Leistungsabnahme an das Vorliegen einer Myokarditis gedacht werden.

Diagnostisch stehen neben Anamnese und körperlicher Untersuchung das Elektrokardiogramm (EKG), die Bestimmung der kardialen Biomarker sowie die Echokardiografie (UKG) im Vordergrund, gefolgt von u. a. Langzeit-EKG und kardialer Magnetresonanztomografie (Kardio-MRT). Labordiagnostisch sind NT-proBNP (B-natriuretisches Peptid) und das C-reaktive Protein (CRP) zu bestimmen sowie hochsensitive (hs) Troponin-Tests durchzuführen. Bei Verdacht auf Autoimmunmyokarditis sind insbesondere die Autoantikörper (AAK) zu untersuchen und eine Endomyokardbiopsie vorzunehmen. Zur Vervollständigung der Diagnostik können noch Herzkatheter und Koronarangiografie notwendig werden.

Therapeutisch kommen neben der symptomatischen Herzinsuffizienzbehandlung die Gabe hoch dosierter Immunglobuline oder ggf. Immunsuppressiva infrage. Essenziell sind Symptomkontrolle und körperliche Ruhe. Spezifische Therapiemöglich­keiten stehen bei der Autoimmunmyokarditis ­bisher nicht zur Verfügung.

Fallbeispiel
Körperlich nicht leistungsfähig nach Infektion

Ein junger Mann, 32 Jahre alt, ohne Risikofaktoren für eine koronare Herzkrankheit, stellt sich wegen einer auffallenden Leistungsabnahme nach einem banalen Infekt vor. Er habe wohl eine Virusgrippe gehabt. Seither verspüre er leichte Thoraxschmerzen, die für ihn völlig ungewöhnlich seien und vor allem eine auffallende Leistungsschwäche. Schon Getränke aus dem Keller zu holen, sei eine enorme Anstrengung und er müsse sich danach neuerdings hinsetzen und kurz „verschnaufen“. Seine Wortwahl alleine deutet schon auf eine ­„Atemnot“ im Zusammenhang mit einer Herzinsuffizienz hin.

Die körperliche Untersuchung (Ganzkörperstatus) ist unauffällig, das EKG zeigt keine eindeutig pathologischen Veränderungen, jedoch liegt eine Tachykardie mit polytopen Extrasystolen vor. Es ­erfolgt eine Blutentnahme zur Labordiagnostik. ­Wegen des Verdachts auf eine kardiale Ursache der Leistungsabnahme wird für den nächsten Tag eine kardiologische Untersuchung mittels UKG und Kardio-MRT veranlasst. Bei differenzialdiagnostischem Verdacht auf eine Autoimmunmyokarditis wird eine Herzmuskelbiopsie für eine mikroskopische und virologische Untersuchung erwogen – insbesondere zur Bestimmung von Autoantikörpern. Dies wird dem Patienten in einem langen Gespräch ausführlich dargelegt. Sollte sich der Verdacht der Autoimmunmyokarditis bestätigen, handelt es sich um eine nachhaltig lebensverändernde bzw. auch lebensbedrohende Erkrankung – somit ist das eingehende Gespräch (> 20 Minuten) mit der Gebühr nach GO-Nr. 34 zu berechnen. Die Dauer der Erörterung ist entsprechend § 12 GOÄ in der Rechnung anzugeben.

Die beim Kardiologen durchgeführte UKG ergibt eine deutlich reduzierte Ejektionsfraktion, was auf eine auffallende Abnahme der Kontraktionskraft des Herzes hinweist. Zusätzlich zeigt sich eine Perikarditis mit Perikarderguss, die auch im Kardio-MRT bestätigt werden kann. Der Befund ergibt die Indikation zur Endomyokardbiopsie, die für den übernächsten Tag terminiert wird. Die Ergebnisse von UKG und Kardio-MRT sowie die bevorstehende Endomyokardbiopsie werden mit dem Patienten eingehend erörtert. Da diese Erörterung mehr als 20 Minuten in Anspruch nimmt, ist die Gebühr nach GO-Nr. 34 ebenfalls berechnungsfähig. In diesem Zusammenhang sind die Allgemeinen Bestimmungen zur Gebühr nach GO-Nr. 34 zu beachten. Dort heißt es unter anderem: „Die Leistung nach Nummer 34 ist innerhalb von sechs Monaten höchstens zweimal berechnungsfähig.“ Die Begrenzung der Abrechnungshäufigkeit auf zweimal in sechs Monaten ist absolut zu sehen und nicht auf den Behandlungsfall bzw. den Krankheitsfall bezogen. Es zählt als begrenzendes Kriterium ausschließlich der Zeitraum von sechs Monaten. Sind innerhalb dieses Zeitraumes weitere zeitaufwendige Gespräche durchzuführen, wäre hierfür die Gebühr nach GO-Nr. 3 mit entsprechend gesteigertem Faktor zu berechnen. Bei einem solchen Krankheitsbild ist jedoch auch an die Berechnung der Gebühr nach GO-Nr. 15 zu denken.

Der Befund der Endomyokardbiopsie sowie die medikamentöse Therapie werden mit dem Patienten besprochen. Für die spezifische Weiterbehandlung verbleibt der Patient in der klinischen Überwachung durch Kardiologen. Dem Patienten wird eine unterstützende Begleitung angeboten.

Die Abrechnung

Am Tag der dritten Konsultation kann für die Beratung mit dem Patienten die GO-Nr. 1 berechnet werden (Allgemeine Bestimmung B2!). Wegen der Komplexität des Krankheitsbildes wird der Faktor erhöht. Für die Untersuchung des Thorax ist die GO-Nr. 7 zu berechnen. In der nächsten Konsultation werden die Ergebnisse nochmals mit dem Patienten eingehend erörtert, die medikamentöse Therapie sowie die weiteren Maßnahmen besprochen. Beispielsweise wird dargelegt, welche körperlichen Aktivitäten sich der Patient zumuten darf. Als Hilfestellung werden begleitende Gespräche und Beratungen sowie die regelmäßige Über­wachung kardiologischer Funktionen angeboten. Die medikamentöse Therapie orientiert sich an den Symptomen und den Maßnahmen einer Herzinsuffi­zienzbehandlung.

Der Autor

Dr. med. Dr. rer. nat. Peter Schlüter
Arzt für Allgemeinmedizin
Arzt für Naturheilverfahren
76684 Tiefenbach
schlueter@vital-arzt-praxis.de
www.vital-arzt-praxis.de

Dr. Dr. Peter Schlüter ist promo­vierter Naturwissenschaftler und ­Mediziner. Seit 1982 ist er als Arzt für Allgemein­medizin mit betriebs­­wirtschaftlich ­opti­mierter Praxis nieder­gelassen. Als Berater zu allen ­Fragen der Praxisorganisation, Praxis­manage­­ment und ­Abrechnung ist er seit 1987 tätig.

Bildnachweis: privat

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