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Allgemeinmedizin

Nocebo-Effekt

Statine besser als ihr Ruf

Nicole Hein

23.9.2022

Laut einer aktuellen Metaanalyse wird die Statin-Intoleranz in den meisten Fällen überschätzt. Die Studie legt nahe, dass um die 93 % der Patienten effektiv mit Statinen wie dem Wirkstoff Atorvastatin behandelt werden könnten – und zwar bei guter Verträglichkeit und ohne Sicherheitsbedenken.

Statine, insbesondere Atorvastatin, sind nach wie vor die Basis der Cholesterinspiegel-senkenden Therapie. Demgegenüber steht der anhaltende Diskurs zu ihrem dauerhaften Nutzen in der kardiovaskulären Primär- und Sekundärprävention. Obwohl Statine in der Therapie der Lipidstoffwechselstörung wertvolle Medikamente sind, befürchten viele Patienten eine Intoleranz, was einen entsprechend starken Nocebo-Effekt begünstigt. Eine aktuelle Metaanalyse (bislang die größte) kam zu dem Ergebnis, dass eine echte Statin-Unverträglichkeit selten auftritt.

Nebenwirkungen bei Nocebo-Effekt

Für die Metaanalyse wurden 112 randomisierte klinische Studien und 64 Kohortenstudien mit insgesamt mehr als 4,1 Millionen Teilnehmern ausgewertet [1]. Je nachdem, welche Definition der Statin-Intoleranz die Autoren dieser Untersuchung zugrunde legten, ergaben sich für die Prävalenz dieser Intoleranz unterschiedliche Werte: Die Gesamtprävalenz betrug 9,1 %, die Prävalenz gemäß den diagno­s­tischen Kriterien der US-amerikanischen National Lipid Association 7,0 %, nach ILEP (International Lipid Expert Panel) 6,7 % und gemäß European Atherosclerosis Society 5,9 %. Dem polnischen Studienleiter MD Maciej Banach zufolge, waren die Ergebnisse für ihn keine Überraschung, wohl aber für viele andere Experten [2]: „Sie zeigen, dass Statin-Intoleranz in den meisten Fällen überschätzt und überdiagnos­tiziert ist und dass um die 93 % der Patienten effektiv mit Statinen behandelt werden können, und zwar bei guter Verträglichkeit und ohne irgendwelche Sicherheitsbedenken.“ Mehr als die Hälfte der berichteten Nebenwirkungen könnten aus seiner Sicht durch einen Nocebo-Effekt ausgelöst sein. Banach weiter: „Unsere Befunde machen deutlich, dass wir die Beschwerden der Patienten sorgfältig abklären und zuerst schauen sollten, ob die Symptome tatsächlich durch die Statine verursacht werden oder ob womöglich die Wahrnehmung der Patienten, dass Statine schädlich seien, dahintersteckt.“

Alles in allem zeigen die Ergebnisse der Metaanalyse deutlich, so Banach, dass Patienten keine Angst vor einer Statin-Therapie zu haben bräuchten. Somit kann die Studie Argumente liefern, um Patienten von der Wichtigkeit einer guten Adhärenz zur lipidsenkenden Therapie zu überzeugen, deren Ziel eine möglichst große absolute Risikoreduktion kardiovaskulärer Ereignisse ist. Eine solche absolute Risiko­reduktion hängt dabei von dem individuellen Risiko des Patienten, von der Höhe des LDL-Cholesterinspiegels vor Therapie und der erzielten absoluten LDL-Cholesterinsenkung ab. Erreicht wird die Senkung des Cholesterinwerts mittels HMG(β-Hydroxy-β-Methylglutaryl)-CoA-Reduktase-Hemmer wie dem hochwirksamen Atorvastatin. Dieser senkt einen erhöhten Gesamt- und LDL-Cholesterin- sowie ­Apolipoprotein-B- und Triglyceridspiegel und findet u. a. bei Hochrisikopatienten im Zuge einer Primär- und Sekundärprävention kardiovaskulärer Erkrankungen Anwendung.

Bytyçi I et al., Eur Heart J 2022; DOI 10.1093/eurheartj/ehac015
Pressemitteilung „Statin intolerance is over-estimated and over-diagnosed“ (European Society of Cardiology [ESC]), online, Februar 2022

Bildnachweis: privat

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