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Allgemeinmedizin

Chronische Lebererkrankungen

Komplexe Maßnahmen bei nicht alkoholischer Fettleber

Dr. rer. nat. Reinhard Merz

25.7.2023

Die nicht alkoholische Fettlebererkrankung (NAFLD) hat aufgrund ihrer Assoziation zur Adipositas-Epidemie und dem metabolischen Syndrom in den vergangenen Jahren stark an Bedeutung gewonnen. Dieser Beitrag fasst die wichtigsten Aspekte zur Diagnostik und Therapie der NAFLD zusammen.

Die NAFLD umfasst ein breites Spektrum von ­Lebererkrankungen und betraf in Deutschland 2016 rund 22,9 % der Gesamtbevölkerung, für 2030 ist eine Zunahme der Prävalenz auf > 26 % prognostiziert [1]. Mit etwa 70 % ist die Häufigkeit besonders hoch bei Menschen mit Adipositas und/oder Typ-2-­Diabetes (T2D), die NAFLD tritt aber auch bei etwa 7 % der schlanken Menschen auf und ist dann öfter genetisch bedingt [2].

Die Prävalenz von NAFLD nimmt mit dem Alter zu. Eine Metaanalyse ergab, dass die Prävalenz von NAFLD bei Erwachsenen > 60 Jahre bei etwa 33,5 % liegt und bei jüngeren Erwachsenen (18–29 Jahre) etwa bei 17,6 % [3]. Männer haben eine höhere Prävalenz als Frauen, wobei die geschlechtsspezifischen Unterschiede in der Prävalenz in verschiedenen Altersgruppen variieren [4].

Zu den wichtigsten Risikofaktoren für NAFLD gehören Übergewicht, Adipositas, Typ-2-Diabetes und Dyslipidämie [5]. Insulinresistenz spielt eine entscheidende Rolle in der Pathogenese und ist bei etwa 70 % der Patienten mit NAFLD vorhanden. Weitere Risikofaktoren umfassen genetische Prädispositionen, etwa Varianten des Gens PNPLA3.

Lebensstiländerungen können dazu beitragen, das Fortschreiten der NAFLD zu verhindern oder sogar umzukehren.

Nicht alkoholische Steatohepatitis (NASH), Leber­fibrose und -zirrhose stellen fortgeschrittene Stadien der NAFLD dar, wobei NASH bei etwa 30 % der NAFLD-Betroffenen vorliegt. Bei Patienten mit Fettleber und Diabetes liegt die Wahrscheinlichkeit für eine NASH bei > 40 % [6,7].

Diagnostik

Die Diagnostik der NAFLD umfasst eine Kombination aus klinischer Beurteilung, Labortests, Bildgebung und ggf. eine Leberbiopsie. Die Anamnese sollte auch Informationen über Alkoholkonsum und andere mögliche Ursachen von Lebererkrankungen beinhalten, um alternative Diagnosen auszuschließen [8].

Laborparameter wie Alanin-Aminotransferase (ALT), Aspartat-Aminotransferase (AST) und alkalische Phosphatase können bei Patienten mit NAFLD erhöht sein, jedoch sind sie nicht spezifisch für die Diagnose von NAFLD. Testungen auf virale Hepatitis und Autoimmunhepatitis können zur Differenzialdiagnose durchgeführt werden [9].

Als Bildgebung ist die Ultraschalluntersuchung eine nicht invasive und kostengünstige Methode [6]. Protonenmagnetresonanzspektroskopie (MRS) und MR-Bildgebung (MRI) ermöglichen eine präzise Bestimmung des Fettgehalts der Leber.

Zur Diagnose entzündlicher Veränderungen (NASH) und einer Leberfibrose ist die Leberbiopsie am besten geeignet [2]. Aufgrund der potenziellen Komplikationen und der Kosten wird die Leberbiopsie jedoch in der Regel nur bei Patienten mit unklarer Diagnose oder hohem Risiko für fortgeschrittene Lebererkrankungen in ­Betracht gezogen. Zur Beurteilung der Leberfibrose und -steifigkeit kann auch die Elastografie hilfreich sein [10].

Therapie

Die Therapie der NAFLD ist komplex und umfasst eine Vielzahl von Ansätzen. Änderungen des Lebensstils sind die Grundlage der Behandlung von NAFLD und können dazu beitragen, das Fortschreiten der Erkrankung zu verhindern oder sogar umzukehren. Dazu gehören:

a. Gewichtsabnahme: Eine Reduktion von 5–10 % des Körpergewichts kann die Lebersteatose reduzieren und die Leberfunktion verbessern, eine Reduktion > 10 % sogar zu einer Regression der Leberfibrose führen [11].

b. Ernährung: Eine ausgewogene Ernährung kann dazu beitragen, das Fortschreiten der NAFLD zu verhindern. Besonders vorteilhaft kann eine mediterrane Ernährung sein, die reich an ungesättigten Fettsäuren, Ballaststoffen und Antioxidantien ist [12].

c. Körperliche Aktivität: Regelmäßige körperliche Aktivität kann eine Lebersteatose reduzieren und die Insulinsensitivität verbessern [13].

Die Effektivität der Intervention ist letztlich von der erzielten Gewichtsreduktion abhängig. So kann eine 5%ige Gewichtsabnahme bereits eine etwa 30%ige Abnahme des Leberfettgehalts bewirken. Um aber eine hepatische Inflammation und Fibrose positiv zu beeinflussen, ist wahrscheinlich eine Gewichtsabnahme von mehr als 10 % notwendig [7]. Durch bariatrische Chirurgie konnte bei Patienten mit NASH und Adipositas das Risiko für unerwünschte Leberschäden und schwere kardiovaskuläre Ereignisse deutlich reduziert werden [14].

Obwohl es derzeit keine Medikamente speziell für die Behandlung von NAFLD gibt, werden mehrere Medikamente in Studien oder off-label eingesetzt. Dazu gehören Metformin, Glucagon-like-Peptide-1 (GLP-1)-Rezeptoragonisten wie Liraglutid und Peroxisome-Proliferator-activated-Receptor(PPAR)-Agonisten wie Pioglitazon [5,15,16]. Vitamin E hat antioxidative Eigenschaften und zeigte bei NASH-Patienten ohne Diabetes in klinischen Studien eine Verbesserung der Leberhistologie [17].

Fazit

Die zunehmende Prävalenz von NAFLD bei häufigen Stoffwechselkrankheiten wie Adipositas und Typ-2-Diabetes erfordert ein gezieltes Screening und eine sorgfältige Diagnose von Leberkrankheiten bei diesen Patientengruppen [2]. Gegenwärtig fehlen noch immer große Studien, die die Effektivität von Mono- oder Kombinationstherapien vorhandener Pharmaka überzeugend nachgewiesen haben [2].

1 Younossi ZM, J Hepatol 2019; 70: 531–44
2 Stefan N et al., Diabetologie 2023; DOI 10.1007/s11428–023–01038–z. Published online ahead of print
3 Riazi K et al., Lancet Gastroenterol Hepatol 2022; 7: 851–61
4 Lonardo A et al., Dig Liver Dis 2015; 47: 997–1006
5 Musso G et al., Diabetologia 2012; 55: 885–904
6 Younossi ZM et al., Hepatology 2016: 64: 73–84
7 Stefan N et al., Lancet Diab Endocrinol 2019; 7: 313–24
8 European Association for the Study of the Liver (EASL). Diabetologia 2016; 59: 1121–40
9 Chalasani N et al., Gastroenterol 2012; 142: 1592–1609
10 Castera L et al., Gastroenterol 2019; 156: 1264–81.e4
11 Vilar-Gomez E et al., Gastroenterology 2015; 149: 367–78.e5
12 Sofi F et al., World J Gastroenterol 2014; 20: 7339–46
13 Hallsworth K et al., Gut 2011; 60: 1278–83
14 Aminian A et al., JAMA 2021; 326: 2031–42
15 Armstrong MJ et al., Lancet 2016; 387: 679–90
16 Cusi K et al., Ann Intern Med 2016; 165: 305–15
17 Sanyal AJ et al., N Engl J Med 2010; 362: 1675–85

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