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ZNS-Regeneration

Mechanismen aus Zebrafischen mit therapeutischem Potential

28.11.2022

Wie die Regenerationsfähigkeit von Hirngewebe verbessert werden könnte, haben deutsche Forscher herausgefunden. Ihre Daten basieren auf der neuronalen Regenerationsfähigkeit von Zebrafischen.

Während sich Zellen in den meisten körpereigenen Geweben regelmäßig erneuern, bleibt die Zahl an Nervenzellen im menschlichen Gehirn oder Rückenmark konstant. Zwar ist heute ermutigenderweise klar, dass Mechanismen für eine adulte Neurogenese im ZNS existieren, allerdings gelingt es jungen Neuronen z. B. nach Gehirnverletzungen zumeist nicht, sich in bereits bestehende neuronale Netzwerke zu integrieren und zu überleben. Ursache scheinen Gliazellen zu sein, die Entzündungen auslösen, zu Narben führen und so verletzte Areale abschirmen.

Wie dieser Mechanismus reguliert wird, konnte jetzt erstmals ein bundesweites Team um den Zellbiologen Dr. Prof. Jovica Ninkovic der Ludwig-Maximilians-Universität München (LMU) entschlüsseln und dabei auch Hinweise geben, wie die Regenerationsfähigkeit von Hirngewebe verbessert werden könnte: Die jetzt in „Nature Neuroscience“ publizierten Resultate zeigen, dass vor allem die Verringerung der Mikroglia-Reaktivität entscheidend ist, um chronische Entzündungen und Gewebenarben zu verhindern.


Eingriff in Signalwege

Im Gegensatz zu Säugetieren ist das Zentralnervensystem von Zebrafischen außergewöhnlich regenerationsfähig. Bei Verletzungen entstehen unter anderem langlebige Neuronen aus neuronalen Stammzellen. Darüber hinaus führen ZNS-Verletzungen bei Zebrafischen nur zu einer vorübergehenden Reaktivität von Gliazellen, was die Integration von Nervenzellen in verletzten Regionen des Gewebes erleichtert. „Die Idee war, Unterschiede zwischen Zebrafischen und Säugetieren herauszuarbeiten, um zu verstehen, welche Signalwege im menschlichen Gehirn die Regeneration hemmen – und wie wir hier vielleicht eingreifen können“, sagt Ninkovic in einer Pressemitteilung der LMU.

Seine Gruppe erzeugte gezielt ZNS-Läsionen in Zebrafischen, worauf Mikroglia aktiviert wurde. Gleichzeitig fanden die Forscher in den Läsionen eine Ansammlung von Lipidtropfen und von TAR DNA binding Protein(TDP)-43-haltigen Strukturen. Bislang wurde das Protein TDP-43 vor allem mit Amyotropher Lateralsklerose und anderen neurodegenerativen Erkrankungen in Verbindung gebracht. Im Zebrafisch-Modell spielte weiterhin Granulin eine wichtige Rolle. Dieses Protein trägt dazu bei, die Lipidtröpfchen und TDP-43-haltigen Strukturen zu beseitigen, worauf die Mikroglia von der aktivierten Form in die Ruheform übergeht. Dadurch kommt es zu narbenlosen Regeneration von Verletzungen. Zebrafische mit experimentell erzeugtem Granulinmangel hingegen zeigten eine ähnlich schlechte Regeneration der Verletzung wie Säugetiere. „Wir gehen deshalb davon aus, dass Granulin eine wichtige Rolle bei der Regeneration von Nerven im Zebrafisch spielt“, sagt Ninkovic.

Zum Vergleich der Ergebnisse mit Befunden von Menschen, untersuchte Ninkovics Team Material von Patienten, die aufgrund von Gehirnverletzungen verstorben waren. Auch hier korrelierte das Ausmaß der Mikroglia-Aktivierung mit der Ansammlung von Lipidtröpfchen und TDP-43-haltigen Strukturen. Die entsprechenden Signalwege im humanen Gewebe scheinen also mit Zebrafischen vergleichbar zu sein. Darin stecke „Potenzial für neue therapeutische Anwendungen beim Menschen“, erklärt der LMU-Forscher. Jetzt soll untersucht werden, ob sich bekannte niedermolekulare Verbindungen eignen, um Signalwege der Mikroglia-Aktivierung zu hemmen und damit die Heilung neuronaler ZNS-Läsionen zu fördern. Auch in dieser präklinischen Phase sollen zunächst Zebrafisch-Modelle zum Einsatz kommen.

Pressemitteilung Ludwig-Maximilians-Universität München (LMU), November 2022
Zambusi A et al.; Nat Neurosci. 2022 Nov 24 (DOI 10.1038/s41593-022-01199-y).

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