Eine Studie in „Scientific Reports“ hat die epigenetischen Auswirkungen von Kriegstraumata über drei Generationen syrischer Flüchtlinge hinweg untersucht. Mittels epigenomweiter Assoziationsanalysen (EWAS) wurden bei 131 Teilnehmenden aus 48 Familien signifikante Unterschiede in der DNA-Methylierung festgestellt, die mit unterschiedlichen Expositionsformen gegenüber kriegsassoziierter Gewalt korrelierten.
Dabei wurden Familien verglichen, in denen eine schwangere Großmutter mit einer schwangeren Mutter Gewalt ausgesetzt war, zudem wurde eine Kontrollgruppe syrischer Flüchtlinge mit minimaler Gewaltexposition bzw. Personen ohne Kriegserfahrung eingeschlossen. Die Forschungsgruppe aus den USA und Jordanien sammelte Wangenabstrichproben und Umfragedaten von Müttern und 1-2 Kindern in jeder der 48 Familien (n = 131 Teilnehmer). Basierend auf einer epigenomweiten Assoziationsstudie (EWAS) konnten differentiell methylierte Regionen (DMR) identifiziert werden: 14 waren mit der Keimbahn und 21 mit direkter Gewaltexposition assoziiert. Die meisten DMR zeigten die gleiche Richtung der DNAm-Veränderungen über Keimbahn-, pränatale und direkte Exposition hinweg, was auf eine gemeinsame epigenetische Reaktion auf Gewalt hindeutet. Darüber hinaus identifizierten die Forscher und Forscherinnen eine epigenetische Beschleunigung des Alters im Zusammenhang mit pränataler Gewaltexposition bei Kindern, was die besondere Vulnerabilität der intrauterinen Entwicklungsphase hervorhebt. Aus Sicht der Gruppe ist dies erste Bericht über eine generationsübergreifende epigenetische Signatur von Gewalt, die wichtige Auswirkungen auf das Verständnis der epigenetischen Vererbung von Traumata hat.
Diese Ergebnisse könnten erste Hinweise auf die transgenerationale Weitergabe von Traumafolgen durch epigenetische Mechanismen liefern. Sie legen nahe, wie frühkindliche Umweltfaktoren langfristige gesundheitliche Auswirkungen haben können, die über die unmittelbar betroffene Generation hinausreichen, obwohl die konkrete klinische Relevanz der DMR unklar bleibt (nicht zuletzt, da sie überwiegend in nicht-kodierenden Genregionen lagen und keine funktionelle Analysen durchgeführt wurden). Für medizinisches Fachpersonal betonen die Befunde die Notwendigkeit, familiäre und generationenübergreifende Aspekte bei der Betreuung von Patienten und Patientinnen mit traumatischen Erfahrungen zu berücksichtigen. Auch wenn die hier geschilderten Ergebnisse aufgrund der kleinen Stichprobe und ethnischen Homogenität nur vorläufig sind.
Hintergrund: Differentiell methylierte Regionen (DMR) sind genomische Abschnitte, die zwischen verschiedenen biologischen Proben signifikante Unterschiede im DNA-Methylierungsmuster aufweisen. Solche Regionen können zwischen unterschiedlichen Zelltypen, Entwicklungsstadien oder Individuen variieren und spielen eine entscheidende Rolle in der epigenetischen Regulation der Genexpression. Veränderungen in der Methylierung dieser Regionen können mit verschiedenen physiologischen Zuständen oder pathologischen Prozessen, einschließlich der transgenerationalen Vererbung von Krankheitsdispositionen, in Verbindung stehen.
Mulligan CJ et al.: Epigenetic signatures of intergenerational exposure to violence in three generations of Syrian refugees. Sci Rep. 2025 Feb 27;15(1):5945 (DOI 10.1038/s41598-025-89818-z).