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Psychiatrie und Psychotherapie

Fachärzte halten Suizidbeihilfe für legitim – unter bestimmten Voraussetzungen

5.10.2022

Ist Suizidbeihilfe legitim? Diese Frage hat die Deutsche Gesellschaft für Psychiatrie, Psychosomatik und Nervenheilkunde (DGPPN) ihren Mitgliedern gestellt. Der überwiegende Teil der befragten Professionellen hält die Beihilfe unter bestimmten Umständen für legitim.

Dies ist ein Ergebnis einer Online-Befragung der Fachgesellschaft bei ihren >10.000 Mitglieder, an der rund 2.000 Fachärzte, Therapeuten und Wissenschaftlern teilgenommen haben, die in Universitätskliniken, Krankenhäusern und ambulanten Praxen sowie in der Forschung auf dem Gebiet der psychischen Gesundheit tätig sind.

Suizid und Suizidprävention sind zentrale Themen der Psychiatrie und Psychotherapie. Im Jahr 2020 kamen nach Angaben des Statistischen Bundesamtes 9.206 Personen in Deutschland durch Suizid zu Tode (>25 Personen/Tag), die meisten davon im Rahmen einer psychischen Erkrankung. Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom Februar 2020, die das Recht auf selbstbestimmtes Sterben betont, postuliert auch das Recht darauf, Hilfe Dritter bei einem Suizid annehmen zu dürfen. Sie berührt Psychiater ganz besonders. Auch die Beurteilung der Freiverantwortlichkeit der Suizidentscheidung, die vom BVerfG zur Voraussetzung für eine legitime Assistenz gemacht wurde, fällt wesentlich in die fachärztliche Kompetenz von Psychiatern. Ihre Einstellungen und Erfahrungen sollten in die Diskussion um die Neuregelung der Suizidbeihilfe einfließen.

Klare gesetzliche Regelung gewünscht

„Diese Umfrage ist bundesweit die erste Erhebung der Einstellungen von in Deutschland in der Psychiatrie und Psychotherapie tätigen Personen zu diesem Thema“, erläutert der Präsident der DGPPN, Prof. Dr. Thomas Pollmächer (Ingolstadt). „Die Ergebnisse zeigen, dass sich die Befragten eine klare gesetzliche Regelung der Suizidbeihilfe wünschen. Sie sollte unter anderem eine Begutachtung der Freiverantwortlichkeit umfassen, die nicht von derselben Person durchgeführt wird wie die Suizidassistenz“.

Insgesamt liegen Daten von 2.048 Befragten und damit von mehr als einem Fünftel der Mitglieder der DGPPN vor. Der überwiegende Teil hält die Beihilfe bei freiverantwortlichen Suiziden nur unter bestimmten Umständen für legitim, z. B. im Angesicht einer terminalen Erkrankung mit hohem Leidensdruck. Jeder fünfte Befragte findet allerdings, es gebe keinerlei Umstände, die eine Assistenz beim Suizid legitimierten. Das Vorliegen einer psychischen Erkrankung schließt nach Einschätzung von drei Viertel der Befragten eine selbstbestimmte Entscheidung nicht per se aus. Allerdings kann, so die einhellige Meinung, die Freiverantwortlichkeit durch psychotische Symptome, depressive Symptome, kognitive Beeinträchtigungen und Suchterkrankungen deutlich eingeschränkt sein.

„Es ist deshalb unbedingt notwendig, auch die Suizidprävention gesetzlich zu stärken. Und natürlich muss die sorgsame Begutachtung der Freiverantwortlichkeit ein zentraler Aspekt der gesetzlichen Regelung sein“, meint Pollmächer. „Fachärzte für Psychiatrie und Psychotherapie sind aufgrund ihrer Ausbildung und Erfahrung dafür gut qualifiziert.“

Pressemitteilung Deutsche Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie, Psychosomatik und Nervenheilkunde (dgppn). Oktober 2022
Wassiliwizky M et al.; Nervenarzt. 2022 Sep 23 (DOI 10.1007/s00115-022-01391-2).

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