Die Frage nach einem kausalen Zusammenhang zwischen Helicobacter pylori-Infektion, deren Eradikation und dem Auftreten bzw. Wiederauftreten einer Refluxösophagitis ist seit Jahren umstritten. Eine aktuelle systematische Übersichtsarbeit mit Meta-Analyse, die prospektive Kohortenstudien und randomisierte kontrollierte Studien (RCTs) bis Dezember 2024 einschloss (PROSPERO-registriert), liefert hierzu nuancierte Evidenz: Insgesamt ist die H. pylori-Eradikation mit einem erhöhten Risiko für de-novo oder rezidivierende Refluxösophagitis assoziiert, und dieser Effekt nimmt mit längerer Nachbeobachtung zu.
In den RCTs zeigte sich gegenüber Placebo bzw. persistierender Infektion ein signifikant erhöhtes Refluxösophagitis-Risiko nach erfolgreicher Eradikation (relatives Risiko [RR] 1,39; 95 %-Konfidenzintervall [KI] 1,09-1,77). Die Befunde stützen die Hypothese, dass H.p. über chronische Korpusgastritis und daraus resultierende Atrophie die Säuresekretion dämpfen kann. Nach Eradikation entfällt dieser Schutz, die Säureproduktion normalisiert sich oder steigt (Rebound-Effekt), was mukosale Schäden in der Speiseröhre begünstigen kann. Die Meta-Analyse selbst hat diese physiologischen Parameter nicht direkt gemessen; die Plausibilität folgt aus dem bekannten Pathomechanismus.
Prospektive Kohortenstudien zeigten einen ähnlichen Trend, jedoch ohne statistische Signifikanz (RR 1,40; 95 %-KI 0,97-2,02) und mit hoher Heterogenität, was auf Residualkonfounding und methodische Unterschiede hindeutet. In Subgruppenanalysen der RCTs war bei 40- bis 60-Jährigen das Risiko tendenziell erhöht (RR 1,28; 95 %-KI 0,99-1,64), aber nicht signifikant. Nach zugrunde liegender Erkrankung differenziert fand sich ein signifikanter Anstieg nur bei Patientinnen und Patienten mit Ulkuskrankheit oder Gastritis (RR 1,56; 95 %-KI 1,05-2,32); bei vorbestehender GERD bzw. Refluxösophagitis zeigte sich kein gesicherter Zusatz-Effekt. Regional lagen die Trends in asiatischen, nordamerikanischen und europäischen Kollektiven vergleichbar; einzelne Subgruppen - etwa in den USA - erreichten teils lediglich grenzwertige Signifikanz (z. B. 95 %-KI 1,00-2,14).
Zeit ist ein wesentlicher Modulator, denn es zeigte sich vor allem bei Nachbeobachtungszeiten über 12 Monaten ein klarer Risikoanstieg; kurzfristige Effekte waren weniger konsistent. Methodisch relevant ist dabei, dass die RCT-Evidenz überwiegend Langzeit-Follow-ups abbildet, während kurzzeitige Verläufe stärker durch Kohortendaten geprägt sind.
Weitere, standardisierte RCTs mit physiologischen Endpunkten nötig
Für die klinische Praxis bleibt die Eradikationstherapie bei klarer Indikation – etwa bei peptischen Ulzera oder zur Risikoreduktion des Magenkarzinoms – unverzichtbar; der Nutzen überwiegt den potentiellen Nachteil in der Regel deutlich. Gleichwohl sollte das moderate, individuell variable Refluxösophagitis-Risiko nach Eradikation in der Indikationsstellung und Nachsorge nach Eradikationstherapie mitgedacht werden. Bei Personen mit Refluxsymptomatik, Hiatushernie oder weiteren Risikofaktoren bietet sich eine engere klinische Überwachung an; atrophieassoziierte Marker (z. B. Serum-Gastrin, Pepsinogen-I/II-Verhältnis) können helfen, eine ausgeprägte Säureerholung abzuschätzen und die antisekretorische Therapie bedarfsgerecht zu steuern.
Einschränkungen der Publikation sind die ausgeprägte Heterogenität der Kohorten, unterschiedliche Definitionen und Erhebungszeitpunkte von Refluxösophagitis sowie mögliche Publikations- und Sprachbias (überwiegend englische und chinesische Studien). Die methodische Gesamtqualität des Reviews wurde mit AMSTAR-2 als niedrig bewertet; kausale Schlussfolgerungen sollten daher zurückhaltend formuliert und durch weitere, standardisierte RCTs mit physiologischen Endpunkten (pH-Metrie, Säuresekretion) untermauert werden.
Li A et al.: Association between infection of Helicobacter pylori and the risk of reflux oesophagitis occurrence or recurrence: a systematic review and meta-analysis. eGastroenterology. 2025 Jun 26;3(2):e100121 (DOI 10.1136/egastro-2024-100121).