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AOK-Versorgungsforschung: Ambulant erleichterter Psychotherapiezugang

Die Strukturreform der ambulanten Psychotherapie im Jahr 2017 sollte Patienten den Zugang zu einer Richtlinien-Psychotherapie erleichtern und flexibilisieren. Ob diese hehren Ansprüche nach der Reform erreicht wurden, ob mehr Personen Zugang zur ambulanten Psychotherapie finden und welche Behandlungspfade sie dabei in Anspruch nehmen, war Gegenstand einer Studie mit AOK-Versichertendaten.

Die beteiligten Versorgungsforscher beschreiben ihre Resultate ungemein diplomatisch: „Die Ergebnisse weisen darauf hin, dass die Reform das Ziel, den Zugang zur ambulanten Psychotherapie zu erleichtern, zumindest in einigen Bevölkerungsgruppen nähergebracht hat.“

Als Datengrundlage der Studie dienten die bundesweiten Routinedaten der AOK-Versicherten. Aus zwei Kohorten (2016 und 2019) wurden nach Alter und Geschlecht unterteilt Versicherte mit einer neu auftretenden Psychotherapie indizierenden Diagnose identifiziert. Anschließend wurde geprüft, inwieweit diese Versicherten eine Behandlung im Zuge der Richtlinien-Psychotherapie erhielten und welche Behandlungselemente dabei in Anspruch genommen wurden. Es zeigte sich, dass nach der Reform prozentual mehr Versicherte mit einer inzidenten psychischen Störung eine Behandlung nach der Psychotherapie-Richtlinie erhalten. Innerhalb der weiblichen Versichertenpopulation ist die Inanspruchnahme höher. Am stärksten ausgeprägt ist der Anstieg bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen. Die neu eingeführten Leistungen der psychotherapeutischen Sprechstunde und Akutbehandlung werden in großem Umfang angenommen.

Die Autoren ziehen das Fazit, dass nach der Strukturreform der ambulanten Psychotherapie zum einen anteilig mehr Versicherte eine Versorgung im Zuge der Psychotherapie-Richtlinie erhalten und sich zum anderen die Inanspruchnahme und Bedeutung der einzelnen Leistungselemente verschiebt, vor allem der probatorischen

Sitzung. Die neuen Behandlungsformen der psychotherapeutischen Sprechstunde und Akutbehandlung werden sehr gut angenommen und scheinen den Versorgungsbedarf angemessener erfüllen zu können. Inwieweit damit eine effektivere Behandlung einhergeht, muss in weiterführenden Studien gezielt untersucht werden.

Die Wirklichkeit jenseits der AOK-gestützten Versorgungsforschung sieht ‒ wie nahezu alle Überweiser im deutschen Gesundheitswesen wissen ‒ anders aus. Beispielsweise zeigte der Verband Psychologischer Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten (VPP) in seiner jüngsten Mitgliederumfrage, dass Kassenpatienten im Schnitt 24 Wochen, also sechs Monate, auf einen ambulanten Therapieplatz warten müssen. Rechnet man private Angebote dazu, sind es im Schnitt 22 Wochen. Im Jahr 2019 waren es noch durchschnittlich 17 Wochen (VPP aktuell 51, 2021). Ähnliche Ergebnisse zeigte bereits 2018 eine Studie der Bundespsychotherapeutenkammer (BPtK) 2018 oder ein Gutachten des Sachverständigenrates zur Begutachtung der Entwicklung im Gesundheitswesen. Unter Coronabedingungen ist die Wartezeit für Psychotherapieplätze nun noch weiter angestiegen (BPtK-Auswertung 2019).

Müller D et al., Gesundheitswesen 2021 Nov 25; DOI 10.1055/a-1670-7311

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