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Infektiologie

Korrelationen zwischen oraler Mikrobiota und psychischen Symptomen?

24.7.2025

Eine aktuelle Studie hat den Zusammenhang zwischen der Zusammensetzung des oralen Mikrobioms und psychischen Symptomen wie Depression und Angst untersucht – bei frisch verheirateten Paaren. In einer prospektiven Kohortenstudie wurden 268 persische Ehepaare untersucht, bei denen ein Partner einen „DA-Phänotyp“ aufwies (Depression plus Angst plus Insomnie), der andere dagegen als gesund galt.

Innerhalb von 6 Monaten kam es bei den gesunden Partnern zu einer signifikanten Zunahme depressiver Symptome, Schlafstörungen, erhöhter Angstwerte sowie messbar veränderter oraler Mikrobiota – bis hin zur Konvergenz mit der mikrobiellen Signatur des DA-Partners.

Die Methodik umfasste valide psychometrische Instrumente (BDI-II, BAI, PSQI), Speichelcortisolmessungen (LC-MS/MS) und eine 16S-rRNA-Sequenzierung von Abstrichen aus Tonsillen und Rachen. Statistisch zeigten sich klare Korrelationen: Das Mikrobiom der gesunden Partner bzw. Partnerin glich sich nicht nur dem des DA-Partners an, sondern dieser Wandel ging auch mit erhöhten Cortisolspiegeln sowie verschlechterten psychischen Parametern einher. Besonders betroffen waren Frauen.

Ein eigens durchgeführtes Mediationsmodell ließ darauf schließen, dass etwa 35 % der Varianz in den Cortisol- und Psychometriewerten über Veränderungen im oralen Mikrobiom erklärbar waren – was die Autorengruppe als Hinweis auf eine mögliche mikrobielle Vermittlung deuten.

Korrelation vs. Kausalität

Doch genau hier liegt die Krux. So elegant die Daten auf den ersten Blick erscheinen, so vorsichtig sollte man mit der Interpretation sein: Eine Kausalität zwischen bakterieller Transmission und Depression lässt sich aus der Beobachtung eben nicht ableiten. Die Autoren und Autorinnen selbst nennen alternative Erklärungsmodelle – etwa die Synchronisierung von Stressachsen bei Paaren, geteilte Umweltfaktoren wie Ernährung und Hygiene oder auch psychologische Verhaltensansteckung. Auch methodische Einschränkungen wie die fehlende Erhebung von Ernährung, Kommunikation oder exogenem Stress, der Verzicht auf longitudinale Proben außerhalb des Rachenraums oder kulturelle Begrenzungen der Stichprobe mahnen zur Zurückhaltung.

Dennoch: Die Studie liefert relevante Impulse für weitere Forschung zum „Paar-Mikrobiom“. Sollte sich ein kausaler Zusammenhang in Interventionsstudien (z. B. durch Probiotika oder Diätmodifikationen) bestätigen, könnten sich neue Wege in der komplementären Paartherapie eröffnen. Vorerst bleibt aber klar: Depression ist multifaktoriell – das Mikrobiom ist dabei allenfalls ein Teil des Puzzles.

Rastmanesh R et al.: Oral Microbiota Transmission Partially Mediates Depression and Anxiety in Newlywed Couples. Explor Res Hypothesis Med. 2025;10(2):77-86 (DOI 10.14218/ERHM.2025.00013).

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