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Infektiologie

Antibiotikaforschung: Zahnstein als Zeitkapsel

7.7.2025

Suche nach neuen Antibiotika führt Forscher und Forscherinnen zu ungewöhnlichen Quellen: Prof. sc. ETH Zürich Pierre Stallforth vom Leibniz-Institut für Naturstoff-Forschung und Infektionsbiologie (Hans-Knöll-Institut) präsentierte bei dem diesjährigen Symposium „Schatzsuche in der Natur: Neue biogene Wirkstoffe für die antiinfektive und die Anti-Tumor-Therapie“ der Paul-Martini-Stiftung einen innovativen Ansatz: die Analyse mikrobieller DNA aus prähistorischem Zahnstein.

Zahnstein konserviert über Jahrtausende hinweg mikrobielles Erbgut. Durch die Untersuchung dieser DNA können Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen Einblicke in die Mikrobiome der menschlichen Vorfahren gewinnen. Stallforths Team extrahiert und analysiert diese DNA, um biosynthetische Gencluster zu identifizieren, die für die Produktion bioaktiver Naturstoffe verantwortlich sind. Die Herausforderung besteht darin, diese antiken Gencluster in moderne Wirtsorganismen zu übertragen und ihre Funktionalität wiederherzustellen. Durch synthetische Biologie und molekulare Klonierung gelingt es dem Team, die entsprechenden Naturstoffe zu produzieren und ihre bioaktiven Eigenschaften zu testen.

Potential für neue Antibiotika

Die rekonstruierten Naturstoffe zeigen vielversprechende antimikrobielle Aktivitäten, insbesondere gegen multiresistente Bakterien. Dies eröffnet neue Wege in der Antibiotikaforschung, indem längst verlorene Biosynthesewege wiederentdeckt und genutzt werden können. Stallforths Ansatz vereint Archäogenetik, Mikrobiologie und Chemie. Diese interdisziplinäre Methode ermöglicht es, die chemische Vielfalt vergangener Mikrobiome zu erforschen und potenzielle Wirkstoffe für die moderne Medizin zu identifizieren.

Die Analyse prähistorischer mikrobieller DNA bietet somit einen innovativen Ansatz zur Entdeckung neuer Naturstoffe. Durch die Kombination alter DNA mit moderner Biotechnologie könnten neue Antibiotika entwickelt werden, um der wachsenden Bedrohung durch multiresistente Keime zu begegnen.

Hintergrund: Antibiotikaresistenzen (ABR) stellen eine der größten globalen Gesundheitsbedrohungen dar. Laut einer Studie könnten bis 2050 weltweit mehr als 39 Millionen Menschen an Infektionen mit antibiotikaresistenten Keimen sterben. Bereits heute sterben jährlich über eine Million Menschen an den Folgen solcher Infektionen.

In Deutschland sind nach Schätzungen des RKIs jährlich etwa 2.500 Todesfälle auf multiresistente Erreger zurückzuführen. Besonders betroffen sind ältere Menschen, bei denen die Sterberate durch resistente Infektionen in den letzten Jahren um 80 Prozent gestiegen ist.

Workshop „Schatzsuche in der Natur: Neue biogene Wirkstoffe für die antiinfektive und die Anti-Tumor-Therapie“. Veranstalter: Paul-Martini-Stiftung, Berlin, 10. April 2025 in der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften.

* GBD 2021 Antimicrobial Resistance Collaborators: Global burden of bacterial antimicrobial resistance 1990-2021: a systematic analysis with forecasts to 2050. Lancet. 2024 Sep 28;404(10459):1199-1226 (DOI 10.1016/S0140-6736(24)01867-1).

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